Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe in groben Zügen

Liebe in groben Zügen

Titel: Liebe in groben Zügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Kirchhoff
Vom Netzwerk:
Minuten Autobahn quer durch den flachen Teil der Insel, dann noch ein Stück Landstraße, ein Dösen mit dem Kopf an der Scheibe, bis Renz Wir sind da! rief und sie herausriss aus einem Reigen von ihr und Bühl, auch unterwegs im Auto, in Marokko, in Mexiko, ziellos in der Hitze, und dann sah sie auch schon Heide und Jörg auf der Terrasse ihrer Finca in dem kleinen Tal am Rand von Pollença, er dabei, den Grill anzufachen, und sie, auf einem großen Außentisch ihre Heide-Teelichter zu entzünden.
    Ein Abend mit Freunden in leichten Pullovern, Jörg hatte den Grill an dem Tisch gerückt, es gab Lammkoteletts mit Pellkartoffeln, einer Minzsoße und Wein aus Karaffen. Die Paare saßen sich gegenüber, auch die Männer, die Frauen, Renz und Jörg sprachen über die Chancen eines Angeltrips, Vila und Heide sprachen über Anne und Edgar, ob da etwas im Argen sei. Über alles konnte Vila mit Heide reden, nur nicht über sich und Bühl, also auch über nichts: ihr Empfinden an dem Abend, der kein langer Abend wurde, Heide ging schon um neun ins Bett, der Mallorcaschlaf war ihr heilig. Man blieb noch zu dritt und kam nicht mehr richtig in Fahrt, weder über Renz’ neuestes Projekt, der heilige Franz in zwei Teilen, noch über Jörgs Firma für kleine Sonnenkollektoren an bisher unbeachteten Flächen mit dem Ziel, aus dem Stadtbild ein nützliches Kunstwerk zu machen. Sie sprachen nur über die morgige Fahrt aufs Meer, die Köder für Makrelen und kleine Tunas, dann zog sich auch Jörg zurück, ein Notebook im Arm, um noch etwas zu fummeln, so nannte er seine Abendbeschäftigung, wenn Heide schon schlief, das Bearbeiten von Fotos. Jörg versah ganze Giebel, die noch normale Hausgiebel waren, mit Kollektoren oder entfernte die Telefondrähte auf Bildern seines Grundstücks; er ließ Wolken am Himmel verschwinden und Fältchen auf Wangen und hatte auch schon seinen zwei fast erwachsenen, immer herausgeputzten Söhnen wildere Frisuren verpasst. Schlaf gut, rief Vila ihm noch durch die Wand zu, nur um die Worte auszusprechen, da war sie mit Renz schon im Gästezimmer, ihre erste Nacht in nur einem Bett seit dem letzten Karibikurlaub.
    Eine Nacht mit Grillengezirpe, ein gutes Geräusch, um in den Schlaf zu finden, aber Vila lag wach, wie alarmiert von dem Wissen, dass auch Renz wach lag, nur tat, als würde er schlafen, gleichmäßig zu atmen versuchte, statt sich zu wälzen oder gar zu sagen, er könne nicht schlafen. Und sie selbst, sie war nicht besser mit ihrem lautlosen Wachliegen auf der Seite, eine Hand zwischen den Knien, als wäre es nicht ihre Hand. Am Vormittag, noch in Frankfurt, hatte sie eine Nachricht erhalten, Ich vermisse dich. Nur diese Worte, aber die Worte, auf die sie gewartet hatte, weil es auch die eigenen waren, zu ihr zurückgekehrt, wie manche Worte in den Schleifen eines Traums. Ich vermisse dich: ihr Einschlafbild; Stunden später, als es schon dämmerte, Stoff für ein euphorisches Geträume, beendet vom Pfeifen des Teekessels. Heide war ein Morgenmensch, nach zehn Stunden seliger Abwesenheit beim Frühstück aufgelegt wie andere abends nach ein paar Gläsern. Schon wieder umgeben von Teelichtern, kam sie auf Themen, die eigentlich in die Nacht gehörten, auf die Liebe, die Ehe, den Tod. Ihr Leben spielte sich in einem eigenen Takt ab, Abend und Morgen waren auf den Kopf gestellt, sie redete in einem fort, und Vila nippte nur an ihrem schwarzen Kaffee, während sich Renz und Jörg nach den Rühreiern zurückzogen, um die Köder für das Fischen zu präparieren; der Trip mit Jörg, einer von Renz’ Jahreshöhepunkten, nur getoppt von dem Fischen vor Jamaika zwischen Heiligabend und Silvester. Das Wetter sah gut aus, kaum Wolken, kaum Wind, erst ab Mittag sollte es regnen. Renz brach im Hemd auf, Jörg in einem Shirt mit dem Sonnenlogo seiner Firma Cleanlight, ein Zweimanntrip; Vila wollte nicht beim Fischeherauszerren dabei sein, und Heide sonnte sich lieber. Wir lesen hier den ganzen Tag, sagte sie.
    Lesen, das wollte Vila auch nicht den ganzen Tag, überhaupt fiel ihr Lesen schwer seit Havanna – sie war unkonzentriert oder nur auf Bühl konzentriert, selbst die Aufzeichnung ihrer letzten Anmoderationen war mühsamer als sonst. Und nach zwei Stunden am jörgschen Pool mit solarer Heizung hatte sie genug von dem Erstlingsroman eines früheren Ministers für Arbeit und Soziales, ihr vom Verlag als idealer Mitternachtstipp zugeschickt; und am selben Tag auch noch ein Anruf von Podak, Parteigenosse

Weitere Kostenlose Bücher