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Liebe in groben Zügen

Liebe in groben Zügen

Titel: Liebe in groben Zügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Kirchhoff
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dabei eine Minestrone zu löffeln. Sie stellte den Herd wieder ab und zog sich ins Bett zurück, ein Rückzug mit dem Telefon unter die Decke, und sie wählte die Italiennummer, auch wenn sie nach Tagen fast ohne Stimme erst heiser flüstern konnte, einer Stimme zum Fürchten.
    Bühl wusste, dass sie krank war, sie hatte ihm eine Mail geschickt, darin das Wichtigste: warum sie ihn nicht anrufe. Es wird von Tag zu Tag besser, erklärte sie, aber nur etwas. Und du? Wie sieht dein Tag aus? Sie lag auf der Seite, mit Blick zum Fenster auf einen der alten Straßenbäume, schon ganz ohne Blätter, die Äste schwarz, und er erzählte von seiner Arbeit, von Versuchen, Franz als jungen Mann in den Krieg zu schicken, ihn mit Rüstung und Pferd auszustatten. Und genug Leichtsinn, um gegen das stärkere Perugia zu ziehen, auch dem nötigen Hass. Wo soll man da anfangen, sagte er, am besten gleich auf dem Schlachtfeld. So wie Liebesszenen gleich im Bett anfangen. Wie siehst du aus? Plötzlich diese Frage, und sie sagte, sie sei kein Anblick, und er: dann würde sie wie der Garten aussehen, trotz seiner Arbeit. Und er beschrieb ihr den Garten und alles, was er unternahm, um ihn in Ordnung zu bringen, die abgefallenen Oliven zusammenrechen, immer wieder, das Laub von der Terrasse fegen, das Laub aus dem Pool fischen, den Schlamm nach tagelangem Regen von der Steintreppe spritzen, die Maulwurfshügel abtragen. Er sprach leise auf sie ein, im Hintergrund jetzt Musik, die Arien-CD von de Beni, also lief er mit dem Telefon durchs Haus, war von oben nach unten gegangen, in den Raum mit der Anlage. Wenn du Renz in München triffst, wirst du auch Marlies Mattrainer treffen, dein Mädchen von damals? Sie unterbrach ihn einfach, und er sagte, vielleicht, und sie bat ihn noch um ein Wort für die Nacht, und er atmete ein und aus wie Kinder vor schweren Entschlüssen, sein Luftholen für ein Ichküssedich. Und von ihr nur ein Ja, sonst nichts, ja statt einem Gute Nacht oder leeren Ciao oder ganz und gar leeren Ciao Ciao, wie von Jens Podak am Schluss jedes Anrufs.
    Ichküssedich – sie träumte sich buchstäblich in dieses Wort aus drei Wörtern, und die Nacht wurde besser als die Nächte zuvor, keine Gliederschmerzen, aber das Fieber unverändert, und es hielt sich auch in den Tagen danach. Sie aß nur Obst und ließ sogar die Lutz-Suppen stehen, und im Bad glaubte sie einmal für einen Moment, ihren künftigen Totenschädel unter der Haut zu erkennen, das war spät in der Nacht zum Montag, nachdem sie mit Renz die Tipps gesehen hatte. Das erste Gemeinsame: er und sie, jeder im Bademantel, vor dem Fernseher in der Küche; sie war nicht schlecht in der Sendung, nur manchmal forciert, beide Daumen unter dem Gürtel, aber mehr lässig als verkrampft. Verkrampft war nur ihre Haltung am Schluss, die Füße gekreuzt, Kopf leicht schräg, als sie ihren Beitrag in der Weihnachtsausgabe von Mitternachtstipps schon vorankündigte, einen Film über Havanna und den berühmtesten Dichter dort, Pablo Armando Fernández, Freund von Castro und García Márquez. Gratuliere, du machst dich, jetzt musst du nur schnell gesund werden: seit langem die tröstlichsten Worte von Renz. Aber sie wurde nicht schnell gesund, auch nicht durch Elfis Maßnahmen. Beide laborierten sie noch, ein Fieberpaar, das seine Wohnung nicht verließ, also fiel das Gansessen flach: Anne und Edgar scheuten die Mühe, weil sie und Renz nicht dabei wären; auch das Freundesystem schwankte in diesen Tagen. Erst Mitte der dritten Woche nach Mallorca war Renz schon morgens auf den Beinen, um nach München zu fahren. Es geht ihr schlecht, sagte er an der Wohnungstür, schlechter als dir und mir. Und unser Mieter hat mir gemailt, er kommt dann auch nach München, mit dem Zug, wir treffen uns am Bahnhof. Versteh doch einfach, dass ich hinfahren muss. Tust du das?
    Und von ihr kein Wort, welches auch, es war nicht zu verstehen, einfach schon gar nicht, aber sie konnte einfach die Tür hinter ihm zumachen, und auf einmal war sie allein mit ihrem Husten: der bis kommenden Dienstag weg sein musste, dann war die Aufzeichnung für die Weihnachtsausgabe mit nur dem einen Beitrag von ihr. Die anderen kamen von der jungen Kollegin, die sie vertreten hatte, von Hayat Yilmaz, auch schon dreißig und recht locker für eine Türkin oder eher türkisch Angehauchte, sie sprach fließendes Deutsch, nur mit einem charmanten, sexy Akzent, wie Podak sagte, und angeblich war sie voll neuer Ideen für die

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