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Liebe in groben Zügen

Liebe in groben Zügen

Titel: Liebe in groben Zügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Kirchhoff
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war ich schon einmal hier, mit meinem Mann und unserer Tochter, für eine Nacht, wir waren die einzigen Gäste. Abends gehörte uns der ganze alte Ballsaal mit Fotografien von Errol Flynn und Duke Ellington, die hatten sich dort amüsiert, und Renz sang When my baby smiles at me und tanzte mit mir, während Katrin in einem fort Tagebuch schrieb. Wollen Sie wissen, warum ich mitten in der Nacht bei Ihnen anrufe?
    Ich muss es nicht wissen, sagte Bühl, und Vilas geschulte Stimme drang jetzt durch das Anrollen und Brechen der Wellen. Unsere Tochter ist in Havanna, Katrin und ihr Freund wollen kein Kind, darum rufe ich an. Mit meinem Mann kann ich darüber nicht reden, er ist mit seiner Producerin beschäftigt, oder nicht? Ich rufe auch als beunruhigte Frau an. Und als jemand, der noch nie in Havanna war. Darum bin ich ja hier in Montego, weil man von den USA nicht direkt nach Kuba kommt, aber das wissen Sie bestimmt. Und Katrins Freund ist Kubaner, mit einflussreichem Onkel, wohl der bedeutendste Dichter Kubas, ein alter Genosse von Castro. Ich bin mit unserer Botschaft dort in Kontakt, die können nichts tun, aber haben mir einen Deutschen in Havanna empfohlen. Ich bin auch mit meinem Mann in Kontakt, er würde kommen, wenn ich ihn bitte, nur kann er noch weniger tun. Und wie gesagt: Er ist mit seiner Producerin beschäftigt, auf kleiner Arbeitsreise. Er hat sich vertan, denke ich. Sind Sie noch da?
    Bühl ging mit dem Telefon zum Kühlschrank. Ja, warum fragen Sie? Er nahm sich ein Bier, und in der Pause zwischen zwei Wellen ein Lachen von Vila – wie eine seiner Schülerinnen, Elli Weiler, wenn er sie beim Abschreiben erwischt hatte. Warum? Ich will nicht ins Leere reden. Meine Tochter ist in Havanna, um ihr Kind loszuwerden. Sie hat mir auf die Mailbox gesprochen, wie leid es ihr tue, wie leid, und dass ich mir keine Sorgen machen müsse, nur ist ihr Telefon immer ausgeschaltet, da macht man sich Sorgen. Und ist bei Ihnen alles in Ordnung, haben Sie es warm im Haus?
    Tagsüber oder nachts? Im Hörer jetzt das Zuschnappen einer Tür, und das Anbranden wurde leiser, als sei Vila von einem Balkon in ihr Zimmer gegangen. Das heißt, Sie frieren nachts? Eine Besorgnis aus der Ferne, und er verneinte jedes Frieren und sagte, alles sei bestens. Und warum interviewen Sie nicht diesen berühmten Dichteronkel für Ihre Sendung? Dann könnten Sie die Havannareise sogar steuerlich absetzen! Bühl ging ins Bad und machte die Lampen über dem Spiegel an, das Telefon am Ohr. Seit Tagen hatte er sich nicht mehr richtig gesehen, seinen schmalen Kopf mit leicht hohlen Schläfen, das fast noch dunkle Haar, das vorn zu den Falten über der Nase fiel. Er zog mit einer Hand sein Hemd aus: im Spiegel eine hagere Gestalt, bis auf die Schultern, wie gepolstert vom Schwimmen, schon mit zwölf im Bodensee weite Strecken. Hören Sie, Kristian – ganz überraschend der Name, mit dem er selbst nicht viel anfangen konnte –, Ihre Idee ist gut, ich müsste nur irgendeine Kamera und ein Mikro am Flughafen kaufen. Wo sind Sie jetzt im Haus?
    Wo ich bin? Bühl löschte das Licht im Bad und lief in den Vorratsraum, nach Vilas Liste die Cantina, darin der Brenner für die Heizung und die Waschmaschine. Vor Ihrer Heizung. Sagen Sie mir, wie die angeht? Er klopfte gegen den Kessel, und schon kam eine Erklärung. Unten rechts am Heizofen ist ein roter Knopf, den drücken Sie, dann springt der Brenner an. Aber vorher den Hauptschalter auf Winterbetrieb stellen, der Pfeil muss auf die kleine Schneeflocke zeigen – sehen Sie die Schneeflocke? Sie ließ ihm etwas Zeit, und er stellte den Schalter auf die Schneeflocke und drückte den roten Knopf, hinter einem Bullauge glühte es hellorangen auf. Es funktioniert, rief er, und vom anderen Ende Lob, viele seien schon gescheitert daran. Jetzt nur noch den Wasserdruck regulieren, links neben dem Brenner ist eine Anzeige, der Zeiger muss sich bei eins fünf einpendeln. Unter der Uhr ist ein Flügelschräubchen, das drehen Sie sachte auf, bis sich der Druck erhöht, ja nicht zu weit. Sehen Sie das Schräubchen? Man braucht Gefühl, zwei Finger reichen. Morgen bin ich in Havanna, die Stadt soll chaotisch sein, ich nehme nicht an, dass Sie schon dort waren. Glüht es noch hinter dem Fenster?
    Bühl ging in die Knie. Ja, es glüht.
    Gut. Und es dauert einen Tag, bis es warm wird. Holen Sie sich von meinem Bett noch eine Decke. Können Sie jetzt schlafen? Ich habe Sie geweckt, nicht wahr? Und hier fängt erst der

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