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Liebe in groben Zügen

Liebe in groben Zügen

Titel: Liebe in groben Zügen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Kirchhoff
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Gewinn. Ja, daran dachte ich, sagte er. Ich werde ihm die Koordinaten der Kapelle mailen, damit er nicht herumirrt.
    Eine gute Idee – Vila ging aus dem Bad, sie strich noch ihr Kleid glatt –, weißt du, was er über die Frau erzählt hat, die du geküsst hast, als sie noch jung und süß war? Die, die sich samt ihrem Krebs an Renz geworfen hat und jetzt unter der Erde liegt? Dein Freund Cornelius hat sie nicht zufällig in einem Münchner Café sitzen sehen, er hat sie in München systematisch gesucht, noch in den Zeiten vor GPS. Möchtest du meine Koordinaten? Ich habe sie vorhin genannt – drei Worte statt lauter Zahlen. Gehst du noch ein Stück mit, nur die erste Treppe hinunter? Sie legte ihm eine Hand auf die Brust, noch ein Risiko, aber jedes Weiterreden wäre ein größeres. Mit Renz hatte sie damals bis in den Neujahrsmorgen geredet, sich hineingeredet in eine Verklammerung, ohne dass sie es merkten, als seien die Sätze, die Geschichten, ja selbst die Pausen dazwischen, schon Zähne eines Reißverschlusses, und am Ende fehlen die Worte, ihn wieder zu öffnen. Bühl legte ihren Kopf an seine Wange, diese auch leicht hohle, schrecklich schöne Wange, ein Sekundenakt, bevor er mit einer Hand ihre beiden Hände in eine Art Fessel nahm, als sei sie das Lamm über dem Bett seiner alten Kinderfrau, agnus Vila, und ihr zwei Finger der anderen Hand gegen die Stirn drückte, kein Schmerz, nur ein sachtes Stempeln. Und beim Loslassen ihrer Hände das Versprechen, immer an sie zu denken, anderenfalls hätte er nie an sie gedacht – das alte Gesetz, sagte er und hielt sich die geäderten Schläfen. Dann ging er mit zur Tür und von dort, wie gewünscht, noch über die Treppe bis zum Flur, einen Arm um ihre Schulter, vielleicht das einzige Stück Weg, das sie gemeinsam zurücklegten.
    DIE Geburtstagsrunde jetzt unter den Hotelarkaden, obwohl erst einzelne Tropfen fielen, aber alles suchte schon Schutz, Gäste, Kellner, die Musik, ein lautes Zusammenrücken; Renz und die Übrigen an drei Tischen anstatt vier, längst bei Espresso und Grappa, nur am einzigen freien Platz noch eine Dessertschüssel, mit Folie bedeckt, für Vila ein Fingerzeig: sieh, was ich getan habe für dich, während du verschwunden warst. Wir wollten schon die Polizei holen, rief Renz ihr entgegen. Er zog die Folie ab, die Zabaione so eingefallen wie erwartet, er probierte sie – Noch warm. Und wo warst du so lang? Eine Frage für die ganze Runde, ratet mal, und von ihr nur ein kurzes Handheben, als wüsste sie es selbst nicht. Wie lang überhaupt? Sie nahm sich einen Grappa und stieß mit Katrin an, Katrin, die kein Kind gewollt hatte, aber von weither gekommen war, vielleicht selbst noch ein Kind unter der Forscherinnenschale. Eine halbe Stunde, sagte Renz, und sie, ihr Glas am Mund: Darf man keine halbe Stunde für sich sein? Sie tauchte einen Finger in die Schüssel und leckte ihn ab, eine süße Suppe, da war ihr der Grappa lieber, flüssige Fäulnis. Sie leerte das Glas und weinte um ein Haar, Katrin strich ihr über die Hand, mehr war in dieser Schlussrunde ihres Geburtstags vom Leben nicht zu verlangen, höchstens noch eine Zigarette, ihre waren im Haus. Wer gibt mir eine Zigarette? Sie hielt zwei Finger in die Luft, und Bühls früherer oder Immer-noch-Freund trat zu ihr. Er rauchte kleine Zigarillos, wie abgezählt in einem Lederetui, sie nahm sich eins, er gab ihr Feuer, sie rauchte, und alle schauten ihr zu, wie einer, die alleine tanzt, und dabei saß sie doch nur für sich da in der Runde.
    Kilian-Siedenburg steckte das Etui wieder ein, er bedankte sich für die Einladung, den Abend, die Gespräche, das Ganze; ein Aufbruch vor Mitternacht, mit Hinweis auf den Barkassenführer, der bedenklich zum See zeigte. Und für Vila dann noch ein Handkuss plus Kompliment, strahlende Frau, für Katrin nur ein Kompliment, rasend gescheit, und für Renz eine Beruhigung: den Kontakt zu halten, in der Missbrauchssache an einem Strang zu ziehen. Alle Übrigen bekamen einen Händedruck mit freundlichem Wort, und kurz darauf sah man ihn davonfahren, wieder als einzigen Passagier, ein letztes Winken zu der Gruppe, als Renz schon diskret den Abend bezahlte. Aber es war noch nicht das Ende; es kamen noch Grappas auf Kosten des Hauses, und auch die Musik hob im Schutz der Arkaden noch einmal an, einige tanzten sogar, die Wilfingers halb entfesselt, Elfi und Lutz eher streng mit gelernten Schritten, Heide und Jörg als Stehbluespaar, sie todmüde, eine

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