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Liebe in St. Petersburg

Liebe in St. Petersburg

Titel: Liebe in St. Petersburg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sagte eine andere Stimme aus dem Menschenknäuel. »Ein Schluck heißes Wasser wäre uns lieber.«
    »Ihr sollt heißes Wasser bekommen«, rief Gregor. »Sofort! Und Brot und Kohlsuppe! Ich weiß, sie haben im Haus einen ganzen Kessel mit Suppe stehen.«
    »Gott segne dich«, sagte eine dritte zitternde Stimme. »Wenn du das schaffst, bist du ein Heiliger, Söhnchen …«
    »Zurück!« Einer der Kosaken kam näher, die Peitsche drohend in der Hand wiegend. Luschek griff in seinen Hosenbund, wo er immer seine Pistole versteckte, wenn er das Koppel nicht umgeschnallt hatte. »Laß das, Luschek!« befahl Gregor rauh.
    »Ick könnt se in die Eier schießen!« knirschte Luschek. »Eine Wut hab' ick …«
    »Wer ist euer Kommandeur?« schrie Gregor den Kosaken an. Der grinste nur breit und musterte den deutschen Offizier.
    »Geh weiter, Brüderchen Offizier!« antwortete der Kosak. »Wozu willst du Ärger mit dem Kommandeur? Er ist im Haus und schläft. Du kannst in Deutschland kommandieren, aber nicht hier! Hier ist Rußland, Brüderchen Offizier. Geh schlafen …«
    »Die Männer hier kommen sofort in die Scheune!«
    Der Kosak schob die Fellmütze aus der Stirn. Sein Grinsen erstarrte. »Hier ist Rußland!« wiederholte er. »Kein deutscher Offizier schreit einen freien Kosaken an! Was willst du, he? Tun dir die Augen weh bei diesem Anblick, deutsches Seelchen? Das hier sind keine Männer, das ist Dreck!«
    Er drehte sich um, hob die Peitsche und schlug zu. Schlug mitten hinein in das Menschenknäuel, und die Gefangenen rührten sich nicht, ließen sich peitschen und lagen unter ihren Decken im Schnee, betend, daß sie den nächsten Morgen noch erleben möchten.
    »Ick mach ihn fertig!« schrie Luschek. »Du Scheißkerl, du verfluchter!«
    Der Kosak ließ die Peitsche sinken und drehte sich wieder um. »Deutsches Seelchen!« sagte er, triefend vor Hohn. »Jetzt weinst du, was?«
    »Laß es gut sein!« Die Stimme kam von irgendwoher aus der grauen zusammengedrückten Menschenmenge. »Es genügt schon, wenn du in Deutschland erzählst, was du hier gesehen hast.«
    »Es genügt nicht!« rief Gregor mit heiserer Stimme. »Ich habe heißes Wasser und Suppe versprochen, und – verdammt noch mal – ihr werdet beides bekommen!«
    Ein glucksendes, schauerliches Lachen antwortete ihm. Es war das Lachen lebender Leichen, in dem die ganze Trostlosigkeit ihres Schicksals mitklang. Wer über sein Leid so lachen kann, der ist schon gestorben, dachte Gregor.
    Er gab Luschek einen Stoß und rannte zurück zur Postmeisterei. »Weck den Postmeister!« schrie er dabei. »Und sorge dafür, daß er die Suppe heiß macht und heißes Wasser bereithält! Und laß dich auf keine Widerrede ein!«
    »Det wird mir 'n Vajnügen sein, Herr Oberleutnant«, rief Luschek zurück und rannte schon quer über den Platz zum Haupthaus. »Den schleif ick an seinem Schopf zum Suppenkessel!«
    General Michejew schlief allein im besten Zimmer der Posthalterei. Er fuhr erschrocken auf und tastete nach seiner Pistolentasche, als Gregor hereinstürzte und die heruntergebrannte Petroleumlampe voll aufdrehte. Michejew erkannte Gregor trotz dessen Pelzvermummung und legte sich wieder ächzend zurück in sein Federbett.
    »Wenn dich die Wanzen aufregen, mein Sohn«, sagte er gähnend, »nur noch zwei Tage, und du hast wieder ein sauberes Quartier!«
    »Steh auf, Wladimir Alexandrowitsch!« Gregors Stimme bebte vor Erregung. »Nimm deinen Pelz und komm mit! Ich muß dir etwas zeigen! Wenn das das zweite Gesicht Rußlands ist, nehme ich Grazina mit nach Deutschland!«
    »Bist du verrückt, oder träumst du? Was ist los?«
    »Draußen im Schnee, Wladimir Alexandrowitsch … bei den Scheunen!«
    »Ach, das meinst du?« Michejew winkte lässig ab. »Geh ins Bett, Gregorij. Morgen früh sind sie weg.«
    »Du weißt das? Du weißt, daß da draußen Männer in Ketten liegen und liegst selbst im warmen Bett?«
    »Es sind zweihundert nach Sibirien Verbannte. Man kann sie vergessen.«
    »Es sind Menschen!«
    »Man hat sie rechtskräftig verurteilt! Die Bestrafung russischer Verbrecher ist keine deutsche, sondern eine innerrussische Angelegenheit. Geh ins Bett, Gregorij!«
    »Was haben diese Männer begangen? Raub? Raubmord? Schändungen? Brandstiftungen – mit vielen Toten?«
    »Das ist nicht unsere Sache, mein Sohn.« Michejew kniff die Augen zusammen. Im Haus wurde es laut. Man hörte den Postmeister schreien und dazwischen Luscheks Stimme. Türen knallten, und ein paarmal

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