Liebe Isländer: Roman (German Edition)
benannt. Doch das Städtchen war schön und bemerkenswert grün trotz tiefstem Winter und Schneetreiben. Ich hielt an der Polizeistation, um nach dem Wetter und den Straßenverhältnissen auf dem Weg nach Stykkishólmur zu fragen, aber die Türen waren verschlossen, also fuhr ich weiter.
Obwohl es gerade einmal knapp fünfzig Kilometer von Grundarfjörður nach Stykkishólmur sind, war ich zwei Stunden unterwegs. Es herrschte durchgehende Glätte, dichter Schneefall, und je näher Stykkishólmur kam, desto heftiger gebärdete sich der Wind. Der Polizist in Ólafsvík hatte vollkommen recht mit seiner Feststellung, dass es teuflisch stürmisch in den Fjorden werden konnte. In den stärksten Böen musste ich mich in die Lehne drücken, mit allen Kräften amLenkrad zerren und den ganzen Körper einsetzen, um es festzuhalten. Obwohl ich schnell davon überzeugt war, dass der Wagen nicht umgeblasen werden würde, war ich gestresst, dass er von der Straße rutschen könnte. Während ich mich im Sitz vor- und zurückwarf, abwechselnd am Lenkrad zog und es losließ, dachte ich darüber nach, was ich in der Reifenangelegenheit machen sollte. Spikes nageln lassen oder nicht? Würden die Nägel nicht wie Kufen wirken bei dieser Glätte? Sind Nägel nicht nur bei Schnee hilfreich? Bei hartem Schnee? Ich war ständig auf Glatteis unterwegs, aber nicht auf Schnee. War es vielleicht gerade extrem gefährlich mit Spikes bei Glatteis? Ich hatte keine Ahnung, aber immer das Gefühl, der Wagen würde auf der Straße tanzen, und ich war permanent angespannt hinter dem Steuer.
Ich dachte auch viel darüber nach, wie man bei so starkem Seitenwind fahren sollte. Schnell oder langsam? Konnten die Windstöße das Auto nicht viel weniger angreifen, wenn ich schnell fuhr? Oder lag es schwerer auf der Straße bei geringer Geschwindigkeit? Als ich Stykkishólmur endlich sehen konnte, fing ich an, mich zu verfluchen dafür, dass ich diesen Jeep gekauft hatte. Ich befand mich jedes Mal in einem Todeskampf, wenn ich von einem Ort zum nächsten unterwegs war. Und wenn ich endlich irgendwo ankam, konnte ich es nicht genießen, mich umzusehen, sondern machte mir schon wieder Sorgen über die nächste Etappe.
Ich war bei wahnsinniger Laune, als ich in Stykkishólmur ankam, müde und genervt von Lappi, aber der Ort schaffte es, mich schnell wieder zu beruhigen. Es war bereits dunkel, und das Schneegestöber, das durch die dunklen Straßen wehte, stand ihnen gut. Grundarfjörður war seltsam grün gewesen, doch Stykkishólmur zeigte sich auffallend weiß und rot und seine Erscheinung dänisch, wie die von Hellissandur. Ich parkte am Pub des Ortes, der natürlich Knudsen hieß.
Bei Hamburger, Fritten und Fernsehnachrichten dachte ich darüber nach, welche Vorstellungen das Design der Gaststätten auf dem Lande bestimmten. Sie waren so viel warmherziger als die Lokalitäten in Reykjavík und schienen vor allem funktionieren zu sollen. Ein Stuhlwurde dort platziert, wo ein Stuhl benötigt wurde, und um zu funktionieren genügte es, dass er sauber war. Seine Verbindung mit den Dingen drumherum spielte keine Rolle. Das, was vorhanden war und funktionierte, wurde genutzt. Manchmal erinnerten diese Orte an die Wohnung eines jungen Paares, das gerade in die ersten eigenen vier Wände gezogen ist, und oft war es, als ginge man geradewegs in die Stube des Eigentümers hinein. Dann wagte man kaum, sich zu sehr umzuschauen, fühlte sich, als ob man herumstöberte, beinahe spionierte. Alle Häuser, in die ich hineingekommen war, bargen auf angenehme Weise nie Überraschungen, und sie strahlten Wärme aus. Im Grunde konnten sie alle zur selben Restaurantkette gehören, die wesentliche Erscheinung war stets dieselbe: Pastelltöne und geblümte Gardinen. Die Besonderheiten kamen eher im Mobiliar und an den Wänden zum Vorschein, wo fremdartige Dinge mit persönlicheren zusammengewürfelt waren. Zum Beispiel konnten nebeneinander hängen: ein Barometer, eine Kopie der Mona Lisa und ein Plakat von New York bei Nacht. Dies konnte verwirrend sein, oft aber konnte man sich auch damit beschäftigen, das Gesamtbild zu interpretieren. Kupfer wurde verwendet, um den Räumlichkeiten Klasse zu verleihen. Egal, ob es sich um ein Kupferhorn, einen Kupferschuh, einen Spiegel mit Kupferrahmen oder einen Kupferelefanten handelte. Je mehr Kupfer an der Wand war, desto höher die Klasse.
Der Hamburger war gut, und meine Stimmung hob sich. Draußen vor dem Fenster duckte sich Lappi
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