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Liebe Isländer: Roman (German Edition)

Liebe Isländer: Roman (German Edition)

Titel: Liebe Isländer: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Huldar Breiðfjörð
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Türöffnung, geblendet von der Helligkeit, und fragte dann heiser und misstrauisch: »Was führt dich hierher?«
    Ich erzählte ihm, dass ich auf einer Reise durchs Land war, dass Alma auf Héraðsdalur II mir gesagt hätte, er lebe allein, und ich die Idee hatte, ihn zu besuchen. Vielleicht war es diese Aufrichtigkeit, die ihn ansprach, oder vielleicht hatte ihn lange niemand mehr besuchen wollen, denn er strahlte auf und sagte: »Komm rein und trink einen Kaffee«, und verschwand wieder in die Dunkelheit. Ich ging auf nacktem Erdboden durch einen dunklen, engen Gang, der durch jahrzehnteschwere Luft in eine kleine Küche in einer Ecke des Hauses führte. Den Rest des Hauses hatten Allis Schafe in Besitz genommen.
    Auf dem Küchentisch standen drei verbeulte Thermoskannen, und an den Längsseiten standen zwei Bänke. Die eine war offensichtlich Allis Bett, und auf der anderen lagen Stapel vergilbter Tageszeitungen. In der einen Ecke stand ein alter Ölofen, und auf einer Anrichte unter dem trüben Fenster waren ein Radio und ein alter Grill, der wie eine Schublade genutzt wurde. An der Wand hingen ein defektes Barometer und ein altes Landtelefon, wobei ein zweites, neueres schweigend darunterstand. Direkt gegenüber stand ein Fernsehgerät. Das war schon alles, und vielleicht auch genug.
    Alma hatte mir erzählt, dass Alli sein ganzes Leben lang auf Villinganes gelebt hätte. Zuerst mit seinen Eltern und seiner Schwester in einem Grassodenhaus, später wurde dann ein neues Haus an derselben Stelle errichtet, und Alli hatte mit knapp dreißig Jahren den Hof übernommen. Die meiste Zeit wohnten er und seine Schwester hier zusammen, aber in den letzten Jahren hätten ihre Beine immer mehr nachgelassen, so dass Alli sie in den Stall hätte tragen müssen, um sie zum Melken zu bringen. Das durfte niemand tun außer ihr. Die Schwester hatte einen starken Glauben an den Tabak und hielt Rauchen sogar für gesund. Das hatte sie von ihrem Vater. Er begann ihrhier und da eine Kippe zuzustecken, als sie zwölf Jahre war, und sie fand das Rauchen belebend. Seitdem hätte sie ihr ganzes Leben 2 bis 3 Päckchen am Tag geraucht und nie einen Schaden davon genommen. Wenn Gäste kamen, zog sie immer eine besondere Tabakschublade auf, und die Leute konnten unter diversen Sorten auswählen. Vor einem Jahr wurde sie dann ins Krankenhaus in Sauðárkrókur eingeliefert.
    Alli blieb also allein in der Kate zurück. Er schien keinen ganz so starken Glauben an das Rauchen zu haben wie seine Schwester. Als ich zwischen den vergilbten Zeitungen Platz nahm und ihn fragte, ob es ihn stören würde, wenn ich mir eine ansteckte, antwortete er: »Nein, meinetwegen kannst du qualmen wie ein Schlot, aber erst mal sollst du mit mir zusammen eine Prise schnupfen. Das ist auch viel gesünder.« Gleichzeitig stellte er ein zweifelhaftes schwarzes Glasgefäß vor mich hin. Ich war mir nicht sicher, ob es ein Kaffeeglas oder ein Aschenbecher war, goss aber hinein, und als ich den Kaffee lobte, sagte Alli: »Ich versuche immer heißen Kaffee dazuhaben. Die Gäste haben es heutzutage immer so eilig. Können nicht warten, während man Kaffee macht.« Er ließ sich auf der Bank auf der anderen Tischseite nieder, lehnte den Rücken vorsichtig gegen die Wand, sank zusammen, bis die Schultern die Tischkante erreichten, und reichte mir dann eine graue Hornschnupftabakdose. Während ich etwas unsicher auf die Dose klopfte, ging mir auf, dass sie nun da war, jene Szene, die ich mir so oft vorgestellt hatte, bevor ich losfuhr. Nur in viel überspitzterer Ausführung, als ich es mir je zu erträumen gewagt hatte. Alli schwieg und verfolgte gespannt, wie viel von einem Schnupftabaksmann in mir steckte. Und ich, der Isländer, konnte nicht anders, als zwei ordentliche Portionen auf meinem Handrücken aufzuhäufeln. Die Wirkung des grobkörnigen Tabaks war stark, und ich verstand jetzt, warum Alli sich auf die Bank hatte sinken lassen. Schneller, als gedacht, befanden sich die Kaffibar-Ratte und der Einsiedler auf ein und derselben Augenhöhe, beide mit ansehnlichen Tabakstreifen unter der Nase.
    Und schwiegen.
    Ich hatte ein Problem. Ich hatte mir diese Situation immer so ausgemalt,dass ich bei irgendeinem Bauern anklopfte, und ehe ich mich versähe, befänden wir uns in einer regen Diskussion. Nun, wo die Situation da war, wusste ich nicht, worum es in dieser Diskussion gehen sollte. Ich hatte völlig vergessen, dass ich möglicherweise auch etwas dazu beitragen

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