Liebe ist ein Kleid aus Feuer
wie eingesperrt man dort war? Niemals und nirgendwo konnte man richtig für sich sein.«
»Hab ich auch gespürt«, sagte Eila. »Und wie! Aber ich dachte, das geht nur mir so.« Sie warf ihm einen Blick zu. Konnte sie Sigmar vertrauen? Einen Versuch zumindest war es wert. »Hier dagegen ist alles groß und frei«, fuhr sie fort. »Davon hab ich immer geträumt. Seitdem ich denken kann.«
»Und wovon noch?« Seine Stimme hatte sich verändert, klang tiefer und begehrlicher.
Unwillkürlich rückte sie ein Stück von ihm ab.
»Du musst keine Angst haben, Eila«, sagte Sigmar. »Ich werde dich nicht zwingen – zu gar nichts. Lass uns dieses Abenteuer gut hinter uns bringen, dann können die Hochzeitsglocken läuten!«
Sie nickte. Auf einmal schien sogar diese Vorstellung ihre Schrecken zu verlieren, doch dann spürte sie plötzlich die Sehnsucht nach Lando wie einen brennenden Schmerz.
Ob Rose ihre Bitte erfüllen konnte? Und wenn ja, in welchem Zustand sie ihn wohl vorgefunden hatte?
Natürlich hatte sie inständig auf eine Nachricht von ihr gehofft, auf einen Brief, wenigstens irgendein Zeichen. Doch wohin hätte Rose ihre Botschaft auch senden sollen, nachdem Eila doch überhastet und heimlich mit dem Heer der Verschwörer nach Süden aufgebrochen war?
Sie konnte nur im Herzen mit ihr sprechen, und das tat sie morgens, sobald sie erwacht war, abends, kurz vor dem Einschlafen, und viele, viele Male den ganzen Tag über, sooft es ihr in den Sinn kam. Konntest du Lando retten? Lebt er noch? Hat er mich ganz vergessen? Wird er mir jemals vergeben können? Abertausendmal hatte sie Rose diese Fragen schon gestellt, wieder und immer wieder.
Unwillkürlich begann sie an Landos Ring zu drehen. Die vom Reiten schweißnassen Hände hatten die Patina des Eisens verstärkt. Im Sonnenlicht glühte er jetzt manchmal wie Kupfer.
»Keine andere Frau hat je mein Verlangen so erregt wie du«, hörte sie Sigmar sagen. »Bis auf eine, die Kati hieß und auch rotes Haar hatte.«
»Hast du Kati geliebt?« Das erste Mal, dass sie so miteinander sprachen.
»Vielleicht. Ich weiß es nicht genau. Damals war ich noch sehr jung und schüchtern. Sie hat mir zugelächelt. Und bald darauf musste sie auf grausame Weise sterben. Eine Hübschlerin. Eine wie diese jungen Frauen, die sich inzwischen auch unserem Tross angeschlossen haben.«
»Liebe lässt sich nicht erklären«, sagte Eila, »oder gar verstehen. Das habe ich inzwischen gelernt. Sie …«
»… trifft uns wie ein Pfeil, scheinbar aus dem Nichts. Oder lässt uns gänzlich unberührt. Manchmal frage ich mich, was von beidem schlimmer ist.«
Im Aufstehen legte er für einen Moment die Hand auf Eilas Scheitel, und sie genoss die Wärme. Jetzt tat es ihr beinahe Leid, dass er seine nächtliche Wache anzutreten hatte, während auf sie bereits die Herzogin wartete.
Als Eila am nächsten Morgen erwachte, befand sich Ida bereits in heller Aufregung. Ein Bote des Bischofs hatte sich im Lager eingefunden und begehrte, auf der Stelle den Herzog zu sprechen.
»Hilf mir gefälligst beim Anziehen!«, herrschte sie Eila an. »Der Herzog ist nichts ohne seine Herzogin!«
Mit fliegenden Händen versuchte Eila, Ordnung in das zerzauste Haar zu bringen, und bändigte es schließlich in einem perlenverzierten Netz. Sie kramte in den Truhen nach Juwelen und musste sich gefallen lassen, dass Ida ihr auf die Finger schlug, als sie mit der Fibel für das Obergewand nicht gleich zurecht kam. Schließlich rauschte die Herzogin hinaus, gekleidet und geschmückt wie zu einem Fest.
Es dauerte nicht lange, bis sie wieder zurückkehrte, verstimmt und wutentbrannt.
»Er hat tatsächlich gewagt, uns zu drohen.« Sie zog sich die Ringe von den Fingern, was schwierig war, weil die drückende Hitze draußen die Hände hatte anschwellen lassen, und warf sie nachlässig in eine Schale. »Dabei hat er es nicht einmal für nötig befunden, persönlich zu erscheinen – welch ein Affront und welch eine Beleidigung!«
»Wer?«
»Du weißt wohl gar nichts«, sagte Ida missmutig. »Ulrich natürlich. Herr über Augsburg. Er sei der Freund und Verbündete König Ottos, hat er uns ausrichten lassen. Sei es stets gewesen und werde es auch bleiben bis zu seinem letzten Atemzug. Und er werde nicht dulden, dass ein wüster Haufen von Aufrührern und Verbrechern auch nur einen Fuß auf sein Territorium setzt.«
Sie riss die Fibel auf und herrschte Eila an, sie endlich von dem viel zu schweren Wollgewand zu
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