Liebe ist jenseits von Gut und Böse (Die Ostküsten-Reihe) (German Edition)
ganzen Familie unterschriebenen Karte. Grandma Charlie hat sehr amüsiert gelächelt, als sie mir die Karte in die Hand drückte und dann meinte, ich solle einfach das Beste daraus machen.
Was immer das auch heißen mag.
Ich weiß noch nicht, ob ich hingehe. Es werden viele Leute aus dem Ort dort sein und ich bezweifle, dass ich das durchhalte. Nein, ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass ich es nicht tue. Soweit bin ich noch nicht. Nur, weil mir ein Gespräch mit einem alten Mann gelingt, heißt das nicht, dass ich die Gesellschaft von einem Dutzend oder mehr Menschen verkrafte.
Aber ich würde gehen, wenn ich es könnte, glaube ich.
Vielleicht reicht es ja, wenn ich nur kurz vorbei schaue, um zu sehen, wie es Connor geht und ob er wirklich noch wütend auf mich ist. Ich meine, seine Familie hätte mich kaum eingeladen, wenn er sauer wäre, oder? Aber wenn ich hingehe, brauche ich ein Geschenk und was schenkt man jemandem, den man zwar irgendwie mag, aber trotzdem kaum kennt?
Ich werde morgen darüber nachdenken. Wenn ich mit Zeke wieder durch den Wald gehe, der mir mit jedem Tag vertrauter erscheint. Vielleicht kommt mir zwischen all den Bäumen eine Eingebung, wie ich mich bei Connor Bennett entschuldigen kann.
Daniel hätte nie gedacht, wie sehr er die Natur lieben würde. Der Wald mit seinen riesigen Bäumen, deren volle und sich vereinzelt bereits ins herbstliche verfärbende Blätter ständig im seichten Wind raschelten und rauschten. Er fand es herrlich.
Diese faszinierende Welt hinter seinem Haus war für seine Seele Erholung pur und seit ein paar Tagen wehte der Wind immer wieder den Geruch von frischem Korn durch die Bäume, denn auf den Feldern hatten die Farmer mit der Ernte begonnen. Daniel verstand nicht das Geringste von den Feinheiten der Landwirtschaft, konnte Weizen nicht von Gerste unterscheiden, aber den Geruch, den der Wind gerade wieder in seine Nase trug, den mochte er.
Obwohl mögen ein schwaches Wort dafür war, wenn er bedachte, wie schnell sein Herz geschlagen hatte, als Shane Harrow, dessen Vater die dem Wald angrenzende Farm gehörte, ihn am Rand des Feldes hatte stehen sehen und herübergekommen war. Ein lässiges Grinsen und ein paar gewechselte Worte später, hatte er sich hinter dem jungen Farmer auf dessen Mähdrescher wiedergefunden und die meiste Zeit damit zu kämpfen gehabt, dass ihm vor Staunen nicht die Augen aus dem Kopf fielen, während Shane Runde um Runde über das Feld fuhr.
Jetzt war Daniel auf dem Rückweg zu seinem Haus, hatte von Shane eine lockere Einladung auf ein Bier erhalten und grinste schon die ganze Zeit wie ein Idiot vor sich hin. Ein sehr glücklicher Idiot.
Zeke bellte und lenkte seine Aufmerksamkeit auf sich. Hier im Wald ließ er den stark in die Höhe geschossenen Welpen ohne Leine laufen und der hatte gerade einen Schmetterling erspäht, dem er nun wild kläffend nachjagte. Mal sehen, wie lange es dauerte, bis er dabei wieder über seine zu großen Pfoten stolperte. In ein paar Wochen würde sich der Körper des Labrador seinen Pfoten von der Größe her angepasst haben, aber momentan sah Zeke aus, als hätte man ihn falsch zusammengesetzt.
Daniel konnte nicht sagen, wie oft er sich bereits über die Tollpatschigkeit des Kleinen amüsiert hatte. Es verging kein Tag, an dem Zeke nicht über irgendetwas stolperte, den Fliesenboden in der Küche entlang schlitterte oder beim Spielen im Garten mit dem dicken Seil, das er von Grandma Charlie bekommen hatte, über die eigenen Pfoten fiel.
Ein Platschen, gefolgt von einem ziemlich erbärmlichen Jaulen, ließ Daniel überrascht aufhorchen. „Zeke?“
Der Kleine jaulte erneut und lauter diesmal. Bei Daniel stellten sich sämtliche Nackenhaare auf, während er die Leine fest in die Hand nahm und losrannte. Aus dem Jaulen wurde ein Bellen, dann ein Gurgeln und wieder platschte es, worauf Stille einkehrte.
Oh Gott.
Daniel kämpfte seine aufsteigende Panik nieder, umrundete eine Gruppe junger Eichen und stoppte abrupt. Eine rosa Zunge hechelte ihm aus einem rundherum mit schwarzen Schlamm bedeckten Gesicht an und obwohl er alles tat, um möglichst streng auszusehen, kam er nicht gegen das Lachen an, das in seiner Kehle aufstieg, bei dem Anblick, den Zeke bot. Über und über mit Schlamm bedeckt, saß der Kleine neben einem Schlammloch und schaute ihn treuherzig an.
„Zeke, du bist so ein dummer Hund.“
Als der daraufhin bellte, so als wäre er einverstanden, begann Daniel schallend zu lachen.
Weitere Kostenlose Bücher