Liebe ist jenseits von Gut und Böse (Die Ostküsten-Reihe) (German Edition)
Grandma Charlie war schneller.
„Tief in dir drin, auch wenn du es noch nicht akzeptiert hast, bist du dir darüber im Klaren, dass hier deine neue Heimat liegt. Es wird bestimmt noch eine Weile dauern, bis du aufhörst, alles zu hinterfragen und dein Misstrauen gegenüber Anderen ablegst. Du hast auch jedes Recht, dir dafür die Zeit zu nehmen, die du eben brauchst, aber ich möchte dir dennoch heute schon sagen, dass du, egal was noch kommt, in meiner Familie immer Willkommen bist.“
Daniel starrte Grandma Charlie fassungslos an. „Charlie, ich...“ Er brach ab, weil er nicht wusste, was er darauf sagen sollte oder überhaupt sagen konnte. Meinte sie das wirklich Ernst?
„Ich weiß, dass du vor vielen Dingen Angst hast, sie nicht verstehst, geschweige denn akzeptieren oder gar zulassen kannst. In meinen Augen ist deine Reaktion völlig normal, Daniel. Und, bitte entschuldige, aber ich kam nicht daran vorbei deine letzten Worte zu lesen, die du in den Computer geschrieben hast.“
Daniel wandte umgehend den Blick ab und presste die Lippen fest aufeinander, um nicht zu sagen, was er gerade dachte. Das war sein Tagebuch und was er dort niederschrieb, ging niemanden etwas an, nicht einmal Charlie. Egal, wie gern er mit ihr auf der Veranda saß und Kuchen aß oder sie mit einem so großen Blumenstrauß, dass sie ihn selbst kaum tragen konnte, zum Lachen brachte, seine ganz privaten Gedanken gehörten ihm allein. Es sei denn, er beschloss, sie mit anderen zu teilen.
Charlie schien seine Gedanken zu lesen. „Sag es ruhig, Daniel. Du musst nicht höflich sein, denn du hast Recht. Deine Gedanken gehören nur dir. Sei sauer auf mich, ich verdiene es. Aber lass mich dir trotzdem etwas dazu sagen.“
„Was? Dass es Unsinn ist, was ich denke?“ Grandma Charlies Augen weiteten sich erschrocken und sofort tat ihm sein Ausbruch leid. Daniel ließ den Kopf hängen. „Tut mir leid. Das wollte ich nicht.“
„Weißt du“, begann die alte Dame, nachdem sie ihn eine Weile angeschwiegen hatte. „Als es Connor damals so schlecht ging, hätte ich eine Menge für so einen Ausbruch wie deinen eben getan. Aber er hat lieber alles in sich hinein gefressen. Wäre Tristan nicht gewesen... ich möchte es mir nicht ausmalen.“
Daniel sah auf und wusste absolut nicht, wie er auf das traurige Lächeln reagieren sollte, das Grandma Charlie ihm gerade schenkte.
„In meinen Augen ist es zum Teil Unsinn, was du denkst, das ist wahr. Aber du bist eben, wie du bist. Mit all deinen Gedanken, Fragen und Selbstzweifeln. Die hat jeder Mensch, auch ich. Es ist für dich nur viel schwerer die Waage zu halten, als für mich. Du magst es mir nicht glauben, Daniel, aber mir ist es vollkommen gleichgültig, ob du irgendwelchen Ansprüchen genügst oder zu meiner Familie passt. Und zwar aus dem einfachen Grund, weil ich dich, genau so wie du bist, sehr gern habe. Du musst dich für mich nicht ändern.“
Das war deutlich und vor allem ehrlich. Daniel schwieg bedrückt. Er sah auch nicht auf, als Grandma Charlie aufstand und zur Tür ging, obwohl er es gern getan hatte, um in irgendeiner Weise auf ihre Worte zu reagieren, die ihn einerseits so glücklich machten, dass er kurz vor dem Weinen stand, ihm aber gleichzeitig eine Heidenangst einjagten, denn Charlie hatte ihm eben bestätigt, dass er für die Bennetts tatsächlich schon zur Familie gehörte. Daniel hatte keine Ahnung, wie er damit umgehen sollte.
„Daniel? Das Wort, welches du vorhin in deinem Tagebuch gesucht hast, heißt Geborgenheit.“
Connors Großmutter schloss die Tür im gleichen Augenblick, wie er den Kopf hob und auf seinem Stuhl herum fuhr. So blieb Daniel nur, dass dunkle Holz fassungslos anzustarren, in der irrwitzigen Hoffnung, dass es ihm eine Antwort darauf geben konnte, was er mit seinem Wissen jetzt anfangen sollte.
„Hey, alles klar hier drin?“ Tristan erschien in der Tür, mit einem Lächeln im Gesicht und deutete mit erhobener Hand hinter sich. „Die Ladys sind gerade aufgebrochen. Frauenabend im Pub, was heißt, sie werden hemmungslos über uns Männer tratschen. Kommst du mit runter, Dan? Da stehen noch Unmengen an Essen herum, über das Nick und Dad sich gerade hermachen. Wenn wir etwas ergattern wollen, müssen wir uns beeilen. Wieso sitzt du hier überhaupt im Dunkeln herum?“
Daniel fuhr auf seinem Stuhl zusammen und blinzelte verdattert, als Tristan das Licht anschaltete. „Wo ist Connor?“, überging er Tristans Frage, weil er verhindern
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