Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe ist stärker als der Tod

Liebe ist stärker als der Tod

Titel: Liebe ist stärker als der Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
Taxifahrern.«
    Es gelang Pierre in verhältnismäßig kurzer Zeit, Callac über Wladimir Andrejewitsch und alle damit verbundenen Vorkommnisse aufzuklären. Callac war danach bester Laune, trank mit Pierre zusammen einen Kognak, ging mit ihm in die Galerie, ließ ihn das Bild auf die Staffelei stellen und verzichtete sogar auf das Ritual der Begutachtung. Es war ein trüber Tag, Nebel hing über Paris, von den Dächern tropfte die Nässe die Hauswände hinunter, auf den Straßen wurde es nicht hell und die Autos fuhren mit Licht … aber hier, in der Galerie Callac, schien plötzlich die Sonne. Eine heiße, alles durchglühende Provence-Sonne, die mit ihrem Licht eine Blüte nicht eine Blüte sein läßt, sondern zu einer Offenbarung machte.
    Callac stand vor dem Bild, starrte es durch die dicken Brillengläser an und schwieg. In Pierre kroch Beschämung hoch.
    »Ich nehme es herunter«, sagte er heiser. »Es ist tatsächlich nicht die Farben wert. Verzeihen Sie, Monsieur.«
    »Waren Sie schon in der Provence, Pierre?« fragte Callac langsam.
    »Ja. Als Kind. Sogar zu Fuß. Ich habe in allen bekannten Orten gebettelt. Mit zehn Jahren spielte ich den Epileptiker. Wir hatten sehr gute Tageskassen.«
    »Und die Camargue?« Callac sagte es, als spreche er etwas sehr Feierliches aus.
    »Das war eine schlimme Zeit, Monsieur. Dort lohnt sich das Betteln nicht. Wer dort Geld haben will, muß dafür arbeiten. Und Arbeit war damals etwas, was der Teufel auf dem Schwanz kleben hatte. In der Camargue haben wir geholfen, Rinder zu brennen.«
    Callac sah Pierres Gemälde noch einmal an. Der graue, nebelige Tag schien nicht bis in seine Galerie zu dringen. Hier war ein Sommertag, wie er ihn einmal – war's vor einem Jahrhundert, Marius? – mit Cosima erlebt hatte.
    »Sie sollten mit Ev einmal in die Provence und die Camargue fahren, Pierre«, sagte Callac langsam. »Man kann so etwas nicht malen in einem schrägen Dachzimmer mit dem Blick auf einen hohen häßlichen Kamin und in das Zimmer einer kleinen Straßenhure. Seien Sie nicht verschämt … Ev hat mir alles erzählt. Sie sollten wirklich hinfahren. Auch van Gogh saß in der prallen Sonne und malte … man wird es ewig merken, bis unter die Haut!«
    »Ich muß Geld verdienen, Monsieur.« Pierre hängte das Tuch wieder über sein Bild. Callac zuckte zusammen, als habe man ihn gekniffen. Plötzlich war der graue Tag im Raum. »Ich habe für Ev zu sorgen und keine überflüssige Zeit, wie van Gogh zu hungern.«
    »Sie wollen Ev heiraten?«
    »Nein.«
    Callac musterte Pierre scharf durch seine dicken Brillengläser. Die klare Antwort verwirrte ihn etwas.
    »Für ein Liebchen ist Ev zu schade, das sage ich Ihnen allen Ernstes, Pierre. Sie waren mir zwei Tage lang sympathisch … das verfliegt jetzt wieder. Wenn Sie Ev nur als Körper lieben, dann –«
    »Ich werde nie mehr eine Frau so lieben wie Ev, Monsieur. Ich habe nie eine so geliebt wie sie. Das ist es, was mich hindert, sie zu heiraten.«
    »Ich habe nie so viel Dämlichkeit auf einmal gehört.« Callac wandte sich ab. »Kommen Sie ins Büro und machen Sie die Post. Wir reden noch darüber.«
    Sie sprachen an diesem Tag nicht mehr über Ev.
    Bei Callac stand die Tür nicht still, und es klingelte in der Kasse. Ein so trüber Tag schuf Zeit genug bei den potentiellen Käufern, sich in der Galerie Callac beim Betrachten der käuflichen Schätze mit dem miesen Wetter zu versöhnen. Ein Mitglied des Hauses Rothschild kreuzte auf, ein Graf de Langlière, eine Baronesse de Guylac, gegen Mittag der Bankier Rochetal, gegen zwölf Uhr glich die Galerie Callac einer Stehparty der großen Gesellschaft, und man einigte sich großzügig, wer nun was kaufen sollte, ohne sich Konkurrenz zu machen.
    Callac entwickelte eine erstaunliche Vitalität. Er redete mit jedem Kunden und zugleich mit allen, lief ab und zu in sein Büro, kippte einen Kognak, sprühte seine Mundhöhle mit Eukalyptusöl aus, hauchte Pierre an, fragte: »Riecht man etwas?« und wenn Pierre antwortete: »Nein, Monsieur!«, lief er wieder hinaus und redete weiter. Callac wurde ein Mensch … und das war ein Erlebnis, das Pierre faszinierte.
    An diesem Vormittag nahm Callac 347.628 Francs ein. Eine Summe, die Pierre schwindelig machte, als er die Schecks zusammenzählte.
    »Der hundertste Teil davon würde mich zu einem König machen«, sagte er später zu Callac. Und Callac antwortete erschöpft:
    »Das ist Ihr Fehler Pierre: Sie rechnen immer mit dem Hundertstel. So

Weitere Kostenlose Bücher