Liebe ist staerker als Haß
zunichte gemacht. Nun wird Severn nie die reiche Braut heimführen.«
Er berührte leicht ihr Haar. »Du mußt mir glauben, daß ich nur das Beste für dich und deinen Bruder erreichen wollte. Ich habe nie gewollt, daß ...«
Sie riß sich von ihm los. »Geh! Verlaß mich! Ich will dich nie mehr sehen. Du hast meiner Familie alles verdorben.«
Tearle wandte sich ab. Er verstand sie nicht ganz, doch ihn rührte der tiefe Kummer, der aus ihrer Stimme sprach. Er ging aus dem Zelt, in der Absicht, sich nie mehr in ihr Leben einzumischen. Aber vorher wollte er noch aufklären, was sie mit dem Schlamm im Helm gemeint hatte.
Es dauerte nicht lange, bis Tearle die ganze Geschichte erfuhr, denn sie war das Tagesgespräch auf dem Turnierplatz. Mehrmals ließ er sich die Geschichte von den Bienen, dem Schlamm und den angesägten Lanzen erzählen. Allmählich regte sich ein Verdacht in ihm.
Ein Mann sagte lachend: »Hugh Marshall wird seine Tochter bestimmt keinem Peregrine geben. Er will doch keinen Dummkopf zum Schwiegersohn haben!«
»Als Schwiegersohn wünscht Marshall den schwarzen Ritter. Ich habe gehört, daß er eine Belohnung ausgesetzt hat, die derjenige erhält, der ihm sagt, wer der Mann ist.«
»Die Belohnung ist Lady Anne«, meinte ein anderer lachend.
Tearle hatte genug gehört und ging weiter. Er gab einem Knappen Geld und schickte ihn in die Halle des Schlosses, wo er Anne die Botschaft ausrichten sollte, daß er sich nach dem Einbrechen der Dunkelheit im Garten mit ihr treffen wolle.
Als er einige Stunden später den Garten betrat, wartete Anne schon auf ihn. Ihr schönes Gesicht strahlte im Mondlicht.
»Du warst großartig«, sagte sie, legte die Hände auf seine Schultern und küßte ihn auf beide Wangen. »Wirklich großartig, Tearle. Es hat alles gut geklappt. Mein Vater erwähnt den Peregrine überhaupt nicht mehr. Jetzt spricht er nur noch von dem schwarzen Ritter, der natürlich nie gefunden werden wird.«
»Und es gefällt dir, daß dein Vater in Severn keinen Heiratskandidaten mehr sieht?« fragte er leise.
»Es gefällt mir sehr. Er ist ein schrecklicher Kerl, und ich könnte es keine fünf Minuten bei ihm aushalten.«
»Hast du es denn schon einmal versucht? Hast du schon einmal fünf Minuten mit ihm verbracht?«
Anne lächelt nicht mehr. Sie sah ihn scharf an. »Was geht dir durch den Kopf? Bist du mit deinem Sieg nicht zufrieden?«
Er wandte sich ab. Zufrieden? Er hatte Zared beweisen wollen, daß er kein Schwächling war, wie sie glaubte. Statt dessen hatte er nur erreicht, daß sie ihn jetzt haßte. Und er hatte dafür gesorgt, daß ein guter Mann wie Severn eine tiefe Demütigung erlitten hatte.
Er fragte: »Wer hat Severns Helm mit Schlamm gefüllt?«
Er sah, daß Anne lächelte, obwohl sie rasch woanders hinschaute.
Er packte sie an den Schultern und drehte ihren Kopf so, daß sie ihn ansehen mußte. »Wer war es, Anne? Wer hat dafür gesorgt, daß die Zuschauer ihn auslachten?«
Sie machte sich los. »Ich werde ihn nicht heiraten. Er hat mich öffentlich erniedrigt. Hast du gesehen, was er bei dem Aufzug mit mir gemacht hat? Er hat mich vor aller Augen an sich gerissen. Zweimal hat er versucht, mich zu küssen.«
»Er benahm sich anders als die Kavaliere bei Hof, nicht wahr?« fragte er leise. »Severn hat keine Liebesgedichte geschrieben, in denen er deine Schönheit preist. Er hat dich nicht mit schönen Worten umworben.«
Sie warf ihm einen ungehaltenen Blick zu. »Mir gefällt dein Ton nicht«, sagte sie, raffte die Röcke und wollte gehen.
Tearle hielt sie am Arm fest. »Severn ist ein guter Mann. Seine Manieren könnten etwas besser sein, aber er ist ein guter Mann. Er ist um seine Familie und seine Ehre besorgt. Er hat großen Stolz.«
Diese Worte trafen Anne schwer. Sie barg das Gesicht in den Händen, um ihre Tränen zu verbergen.
»Und ich ... habe ich keinen Stolz?« Sie drängte die Tränen zurück und sah zu ihm hoch. »Ja, ich habe ihn gedemütigt. Ja, ich habe dafür gesorgt, daß die Leute ihn auslachten. Aber sag mir, was sollte ich denn tun? Welch anderer Weg stand mir offen? Ich habe zu meinem Vater gesagt, daß ich den Mann nicht heiraten will. Ich habe zu Peregrine gesagt, daß ich ihn nicht heiraten will. Aber keiner hörte auf mich. Begreifst du denn nicht, daß ich etwas unternehmen mußte?«
Statt einer Antwort seufzte Tearle nur. Dann fragte er leise: »Wer ist denn jetzt der Favorit deines Vaters, nachdem Severn zum Gespött der Leute
Weitere Kostenlose Bücher