Liebe ist staerker als Rache
Langeweile verführt hast, aber deine Reaktion war alles andere als ‚gelangweilt‘. Genau wie jetzt – aber du hast ja immer schon erfolgreich die Realität verleugnet. Ich hätte dich damals nehmen können, und du hättest genau wie ich jede Sekunde genossen.“
Seine Arroganz wirkte wie eine Ohrfeige. Abrupt trat Maddie zurück. „Deine Hypothesen interessieren mich nicht. Auch nicht deine Analyse der Vergangenheit. Sie ist vorbei … und das ist gut so. Die jetzige Situation beweist lediglich, dass die sexuelle Chemie zwischen zwei Menschen erschreckend beliebig ist.“
Ein Lächeln umspielte Nicolás’ Lippen. „Du hättest dich mir eben hingegeben – wenige Meter von den anderen Gästen entfernt … und ich hätte dir den Mund zuhalten müssen, um dein Stöhnen zu dämpfen.“
Reflexartig hob Maddie die Hand zum Schlag. Seine letzte Bemerkung brachte das Fass zum Überlaufen. Blitzschnell fing er ihren Arm ab und hielt ihn mit eisernem Griff gefangen. Schockiert sah Maddie ihn an. Noch nie in ihrem Leben hatte sie die Hand gegen jemanden erhoben.
„Ich wollte dir einfach nur vor Augen führen, dass du deine Triebe heute ebenso wenig im Griff hast wie damals, auch wenn du mir einreden wolltest, lediglich aus Langeweile gehandelt zu haben. Du bist heute meiner Einladung gefolgt, um mich auf die Probe zu stellen – nun, ich habe dich aus demselben Grund eingeladen. Übrigens – mein Bett ist im Moment frei. Wir können uns also gern dorthin zurückziehen und in Ruhe über die ‚erschreckende Beliebigkeit der sexuellen Anziehung‘ diskutieren. Und dann nimmst du hoffentlich Vernunft an und verkaufst.“
Maddie befreite sich aus seinem eisernen Griff. Sie kämpfte gegen den Impuls an, ihn erneut zu schlagen. Nics Version jenes folgenschweren Nachmittags unterschied sich deutlich von ihrer. Zwar hatte sie ihn tatsächlich glauben lassen, das Erlebnis würde sie zutiefst anwidern – aber aus ganz anderen Gründen, als er offensichtlich annahm.
Die Wahrheit konnte sie jedoch auf keinen Fall preisgeben. So sehr sie ihn auch im Moment hasste. Wenn sie ihm jetzt alles gestand, würde sie sich ihm nur noch mehr ausliefern. Dann wüsste er, dass diese eine Woche ihr alles bedeutet hatte. „Ich muss dein Angebot leider ablehnen“, entgegnete sie frostig. Und damit drehte sie sich um und marschierte hinaus.
Zu ihrer grenzenlosen Erleichterung versuchte er diesmal nicht, sie zurückzuhalten. Erst draußen registrierte sie, dass sie barfuß war. Aber auf keinen Fall würde sie zurückgehen und sich der Gefahr aussetzen, Nic noch einmal zu begegnen. Sobald der Jeep von einem Angestellten vorgefahren wurde, stieg sie ein und fuhr los. Erst als die Lichter der Hazienda im Rückspiegel kleiner wurden, erlaubte sie sich, erleichtert durchzuatmen.
Wie konnte ich nur so dumm sein und annehmen, Nic de Rojas würde die Vergangenheit ruhen lassen. Er war ein sehr heißblütiger und stolzer Mann. Sie hatte seine Ehre aufs Tiefste verletzt. Sie dachte an den schmerzlichen Ausdruck auf seinem Gesicht. Nie hätte sie gedacht, dass die alten Verletzungen immer noch so dicht unter der Oberfläche schlummerten.
Obwohl die damaligen Ereignisse hohe Wellen geschlagen hatten, war Maddie davon ausgegangen, dass die Erinnerungen daran längst verblasst waren. Sie hatte angenommen, seine zahllosen Affären hätten das kleine Intermezzo mit ihr aus seinem Gedächtnis vertrieben.
Der Kuss eben hatte sie derart aufgewühlt, dass sie an den Straßenrand fahren musste, wollte sie keinen Unfall riskieren. Sie schlug die Hände vors Gesicht. Als wäre es heute, erinnerte sie sich an ihr Begehren, das sie dazu getrieben hatte, ihn anzuflehen, mit ihr zu schlafen. Sie versuchte, diese Bilder zu vertreiben, aber es wollte ihr nicht gelingen … vor allem nicht nach dem, was gerade geschehen war.
Dieser eine Tag damals war einer der seltenen gewesen, an denen sie ihren Eltern entwischen und allein ausreiten konnte. Unbewusst hatte sie immer gehofft, einen Blick auf Nicolás de Rojas zu erhaschen, aber als sie ihn dann unverhofft tatsächlich erblickte, blieb ihr fast das Herz stehen. Irgendetwas an seinem Gesichtsausdruck – vielleicht die eindringliche Art, mit der er sie musterte – flößte ihr Angst ein. Sie riss das Pferd herum und jagte davon. Wovor sie floh, hätte sie nicht sagen können. Vielleicht vor sich selbst, vor den verbotenen Gefühlen, die er in ihr auslöste.
Als sie über die Schulter blickte, stellte sie
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