Liebe kommt auf sanften Pfoten
Wasserkessel flöten? Für eine Tasse Tee würde ich sterben!«
»Erstens, ich habe keine Ahnung, und zweitens: nein.« Juliet entdeckte, was Lorcan wahrscheinlich meinte: Ein in Luftpolsterfolie gewickeltes großes Paket lehnte an der gegenüberliegenden Mauer. Eine Sekunde lang flackerte ihre Neugier auf, bevor ihr etwas dämmerte. Jede Wette, dass ich weiß, was sich in dem Paket befindet, dachte sie mit schwerem Herzen und lief in die Küche, um sich eine Schere zu holen.
Dort entschied sie sich, trotzdem auch den Wasserkocher einzuschalten. Sie würden beide eine Tasse starken Tee brauchen, wenn sich in dem Paket das befand, was sie annahm.
»Ein Geschenk?« Lorcan ließ nicht locker. »Von einem heimlichen Verehrer?«
»Du verbringst eindeutig zu viel Zeit mit Emer«, stellte Juliet fest. »Meine Verehrer schicken mir kostenlose Hundekotbeutel.«
Die erste Lage Luftpolsterfolie gab schließlich den Blick auf einen silbernen Rahmen einer großen Fotografie frei. Nach dem zu urteilen, was sie sehen konnte, saßen zwei Menschen auf einer Parkbank.
Juliet biss sich auf die Unterlippe. Michael hatte wirklich keine Zeit verloren. Erst vor eineinhalb Stunden hatte sie mit ihm gesprochen; sie hatte ihn früh angerufen und dabei aufgepasst, außer Hörweite von Louise zu bleiben, die endlich in ihrem Bett eingeschlafen war. Michaels Reaktion ähnelte der Juliets – Panik gemischt mit einem schlechten Gewissen, dass sie es nicht eher entdeckt hatten –, woraufhin er ihr versprochen hatte, »die Sache in die Hand zu nehmen«.
So schnell hatte Juliet nicht mit einem Ergebnis gerechnet – aber andererseits war Michael genau jener Typ Mann, der nur einen Anruf tätigen musste, und schon war alles erledigt. Wäre die Situation nicht so furchtbar gewesen, hätte sie dies tief beeindruckt.
»Was ist das? Und sag bloß nicht, dass das ein Nacktfoto von deinem Hundetypen mit seinem Baby ist!«, beschwerte sich Lorcan fröhlich.
»Vertrau mir doch einfach mal. Jetzt sei ein lieber Handwerker und geh den Tee holen«, erwiderte sie grinsend, doch nachdem Lorcan in sicherer Entfernung in der Küche verschwunden war, war ihr Grinsen mit einem Schlag erloschen. Sie löste den Rest der Verpackung und betrachtete eingehend das romantische Bild vor ihr.
Oh, Louise, dachte sie entsetzt. Es war eine Fotografie, bei der ihr das Herz stehen blieb. Sie fing einen Moment zwischen zwei Menschen ein, die ganz offensichtlich den Rest der Welt um sich herum vergessen hatten. Obwohl die Gesichter der beiden beinahe vollkommen im Schatten lagen, sprengte die Spannung zwischen ihnen beinahe den Rahmen. Dies war ein absolut intimer Moment. Mit einem Mal verstand Juliet Louises seltsame Miene, verängstigt und gleichzeitig auch ekstatisch, am Tag vor Bens Tod, als Louise ihr beinahe die Wahrheit gebeichtet hatte. Zum Teil verstand sie nun auch, warum Louise vor Michaels Haus herumgelungert war.
Durch die Art, wie Michael seinen Kopf neigte und Louise lachte, hatte der Fotograf jene Intimität und unglaubliche Nähe eines Flirts eingefangen, der sich an der Grenze zu etwas Größerem befand. Beim Betrachten des Bildes fühlte sich Juliet wie ein Voyeur. Genau das war es, was Louise ihr zu erklären versucht hatte – die Art, wie er ihr zuhörte. Ihre Freundschaft. Dieses aufregende Gefühl. Das hier war nicht einfach nur eine schnelle Nummer im Wald; es war eine echte Bindung, die zwischen den beiden entstanden war.
Juliet konnte nicht verhindern, dass sie einen Anflug von Neid verspürte, doch sie verdrängte dieses Gefühl sofort. Guter Gott, sie wäre lieber für den Rest ihres Lebens Single, als dass sie diese Situation durchmachen müsste, in der sich Louise gerade befand.
»Was für ein Riesenmist!« Juliet schüttelte den Kopf.
»Du meine Güte!«, entfuhr es Lorcan, der über ihre Schulter lugte. »Ich nehme alles zurück – die Fotografie ist toll. Häng sie ruhig auf, wo du willst.«
»Die werde ich nirgendwo hinhängen«, entgegnete Juliet und zog schnell die Luftpolsterfolie wie einen Schutzschild über den Rahmen. »Ich werde zusehen, dass ich das Bild so schnell wie möglich loswerde.«
»Warum?«
Juliet war längst über den Punkt hinaus, Lorcan nur gefilterte Informationen zu liefern. Vielleicht wählte sie mit Bedacht aus, was sie Emer erzählte, doch Lorcan hatte eine Art an sich, durch die sie sich so wohl fühlte, dass sie ihm alles erzählte. Ganz gleich, ob sie es wollte oder nicht.
»Das ist Louise. Mit dem
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