Liebe kommt auf sanften Pfoten
überall interessiert herum, während Coco elegant zwischen Diane und Juliet herstolzierte – eher wie eine Dame, weniger wie ein Hund.
»Du lässt doch Lorcan morgen ins Haus, damit er sich alles ansieht, oder?«, hakte Diane nach. »Mir wäre wirklich wohler bei dem Gedanken, dass du vor dem Winter noch eine hübsche, warme Küche hast.«
»Ja, mache ich«, erwiderte Juliet.
»Das sagst du doch jetzt nur, damit ich dich in Ruhe lasse!«
»Da hast du vollkommen recht.« Juliet zog Minton von einer verdächtigen Gestrüppgruppe weg. »Aber ja, er soll sich alles anschauen. Schließlich will ich es mir nicht mit den Nachbarn verscherzen.«
»Gut. Das freut mich.« Diane seufzte. »Vielleicht kannst du danach eine Liste erstellen und entscheiden, was du als Erstes erledigen möchtest. Setze Schwerpunkte, dann hast du mehrere Möglichkeiten zur Auswahl.«
»Welche Möglichkeiten denn?«
»Nun ja …« Diane kramte in ihrer Tasche auf der Suche nach Cocos Tennisball. »Du könntest das Haus verkaufen und dir was Kleineres suchen. Dann könntest du die Differenzsumme investieren. Oder aber bleiben.«
Juliet wusste ganz genau, dass Diane die Möglichkeit des Bleibens nur hinzugefügt hatte, weil sie eine zusätzliche »Wahlmöglichkeit« liefern musste. Ihr Vater hatte schon das ein oder andere Mal gesagt, wie viel Gartenarbeit auf sie allein zukommen würde, was Juliet aber alles stur ignoriert hatte. Diese Bemerkungen waren mehr auf ihr Alleinsein bezogen gewesen als auf den Garten an sich.
»Ich möchte nicht umziehen.« Ich will ja nicht mal, dass sich das Haus in ein Heim verwandelt, das Ben nicht mehr wiedererkennen würde, fügte sie insgeheim hinzu.
»Aber du kannst doch nicht in einem Haus bleiben, in dem es nicht einmal eine anständige Dusche gibt!«
Bevor Juliet antworten konnte, warf Diane den Ball und feuerte ihren Hund mit »Lauf Coco, lauf!« an. Minton brauchte keine Einladung, um sofort loszustürmen. Coco schlich ihm hinterher und zeigte zumindest ein wenig guten Willen.
»Ich freue mich richtig, dass ich Lorcan heute kennengelernt habe«, fuhr Diane fort. »Ich habe gleich das Gefühl, dass ich mir weniger Sorgen um dich machen muss, wenn nebenan ein anständiger Kerl wohnt, auf den man sich im Notfall verlassen kann. Wie gestern Abend, zum Beispiel. Er scheint wirklich nett zu sein.«
Juliet warf ihrer Mutter einen scharfen Blick zu. Diesen Vorstoß konnte sie gleich im Keim ersticken. »Für solche Fälle gibt es die Gelben Seiten. Außerdem: Woher willst du wissen, ob er ein anständiger Kerl ist? Immerhin hat er mit mir geflirtet – vielleicht hat er die rausgeflogene Sicherung nur als Vorwand benutzt, um mich anzubaggern. Vielleicht stehst du ja auf diesen öligen irischen Charme, ich jedenfalls nicht. Also versuch gar nicht erst, uns zu verkuppeln – nur weil er zufällig Single ist und obendrein auch noch nebenan wohnt.«
»O Juliet! Das würde ich nie tun!«
Juliet presste die Lippen fest aufeinander. In letzter Zeit war ihr bereits mehrmals aufgefallen, dass Diane und Louise – ob bewusst oder unbewusst – einige Freunde und Bekannte hatten vorsprechen lassen für die Rolle des »Mannes, der Juliet wieder in die Welt der Lebenden zurückholen sollte«. Dabei wollte sie wirklich niemanden an ihrer Seite. Juliet konnte es sich überhaupt nicht vorstellen, jemals irgendjemanden lieben zu können, der nicht Ben war. Ihr Herz fühlte sich an, als sei es planiert worden. Da war nichts mehr. Selbst ihre liebevollen Erinnerungen an Ben fühlten sich bisweilen an wie ein bloßes Echo, nicht wie die echte Liebe.
Jedenfalls hatte ihr die Therapeutin – dieselbe, die ihr auch gesagt hatte, dass es ein Jahr dauern würde, bis es ihr besser gehen würde – erklärt, dass sämtliche posttraumatischen Empfindungen nur darauf zurückzuführen seien, dass das Herz einen Neustart versuche und darum auf Katastrophen praktisch vorprogrammiert sei.
»Oh, sieh mal!«, rief Diane plötzlich. »Da ist Hector!«
»Hector?«
Eine Frau mittleren Alters mit einem Baseballcap kam ihnen auf dem Pfad entgegen, doch von einem Mann war weit und breit nichts zu sehen.
»Hallo, Hector!«, brüllte Diane. Sofort kam ein Dackel unter einem Strauch hervorgestürzt und stürmte mit wackelndem Schwanz auf Coco zu.
Coco jaulte überrascht auf und lief zu Diane zurück, wo sie mit eingezogenem Schwanz zwischen Dianes Beinen stehen blieb. Was den Dackel jedoch nicht davon abhielt, sehr interessiert an ihren
Weitere Kostenlose Bücher