Liebe kommt auf sanften Pfoten
diese bei dir in sicheren Händen sind.«
Danach war eine kurze Pause entstanden, und Juliet hatte sich schon gefragt, ob sie jetzt etwas sagen sollte, doch plötzlich hatte Louise hinzugefügt. »Juliet, du tust damit etwas wirklich Sinnvolles und veränderst das Leben anderer Leute. Weiter so!«
Juliet hatte sich nicht zurückhalten können. »Weiter so?« , hatte sie ungläubig wiederholt. »Wie lange gehst du eigentlich schon wieder arbeiten?«
Louise hatte daraufhin das Gesicht verzogen. »Okay, der Spruch funktioniert vielleicht nur bei uns im Büro, aber wir – Mum und ich – sind wirklich stolz auf dich. Du weißt schon, du kommst wieder unter Leute.«
Sie sagte zwar nicht »Du machst Fortschritte«, aber Juliet wusste genau, dass dies nur wieder ein weiterer Auftakt für eine getarnte Predigt darüber war, dass sie den Rest ihres Lebens noch vor sich hatte. Doch nachdem Juliet am Nachmittag eine Begegnung zwischen Hector und einem geschlechtstechnisch recht uneindeutigen Bobtail überstanden hatte, hatte sie dafür einfach keine Kraft mehr.
Hätte sie die Kraft gehabt, dann hätte sie etwas getan, um jene seltsame Spannung zu verändern, die zwischen ihnen herrschte. Doch diese war einfach zu groß, außerdem hatte sie keine Ahnung, wo sie anfangen sollte.
Glücklicherweise war Louise kurz darauf losgeeilt, um Toby aus dem Kinderhort abzuholen, womit die Sache erledigt gewesen war.
Juliet blätterte durch den Hefter mit den »täglichen Aufgaben«, bis sie auf Mrs Cox’ getippte Anweisungen für die Versorgung von Bianca und Boris stieß. Der Hefter war nicht gerade dick: Bislang befanden sich darin nur Hector, die Katzen und Coco. Doch bei der Menge an Informationen, die Diane ihr zu Coco gab, würde sich der Hefter schnell füllen. Papierschnipsel mit Daten von Sommerferien und Adressen warteten darauf, von Juliet weiter bearbeitet zu werden.
»Bianca liebt Radio Four« , las Juliet laut vor. »Boris bevorzugt die Stille, also sorgen Sie bitte dafür, dass in zwei Zimmern das Radio läuft und in zwei Zimmern Stille herrscht.«
Sie sah auf. Boris war davongelaufen, und Bianca schnupperte am Lachs herum, als hätte Juliet ihn vergiftet.
»Bist du einsam?«, fragte sie die Katze. »Oder ist dir langweilig? Soll ich auch etwas essen?«
Bianca wandte ihr flaches Gesicht von der Schüssel ab wie eine Primaballerina, die gerade den Sterbenden Schwan gab.
»Tut mir leid«, entschuldigte sich Juliet, weil sie das Gefühl hatte, bei dieser eigentlich recht simplen Aufgabe zu versagen. »Ich hatte noch nie eine Katze. Eigentlich bin ich nämlich eher ein Hundetyp. Ich würde dir ja gern helfen, aber ich …«
Sie sah sich in der Küche um auf der Suche nach etwas, das ihr helfen konnte. Laut der Einrichtungsmagazine im Fernsehen bargen die Heimtextilien einer Person insgeheim schon die Antworten auf die meisten Probleme. Mrs Cox besaß eine ganze Reihe neuer Teekannen, die auf ihrer Kommode standen, und überall, wohin man sah, hingen gerahmte Fotos ihrer Familie. Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene mit Babys auf dem Arm, die alle die Cox-Familie repräsentierten. Und wieder spürte Juliet mit einem Schlag, dass ihr eigener Familienstammbaum abgeknickt war. Sie schloss die Augen, als sie plötzlich merkte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete.
Zu ihren Füßen schrie Bianca mitleiderregend. Alles Gebieterische war mit einem Mal von ihr abgefallen, sodass sie nur noch traurig aussah. Traurig und einsam.
»Du wärst jetzt lieber bei deiner Mum, nicht wahr? Auf der Kreuzfahrt. Ich könnte mir dich ganz gut auf dem Kreuzfahrtschiff vorstellen, Bianca!« Juliet hob die Katze hoch, und sofort begann das Tier zu schnurren, sein kleiner Körper zu vibrieren. Unter dem flauschigen Fell versteckte sich ein Häufchen Elend.
»Arme Bianca«, murmelte Juliet, als die schon in die Jahre gekommene Katze ihren seidigen Kopf an ihrem Hals rieb. »Du willst einfach nur schmusen, oder? Davon stand allerdings nichts in den Notizen. Das ist mir ja eine schöne Katzenmummy, die die wichtigsten Informationen vergisst!«
Aber warum hätte sie dies auch aufschreiben sollen? Zuwendung und ein paar nette Worte, das waren doch Dinge, die man ganz selbstverständlich seinen Haustieren zukommen ließ – wie jedem , den man liebte. Dies geschah so instinktiv, dass es nicht im Arbeitsvertrag erwähnt werden musste.
Und oftmals war es so selbstverständlich, dass man es erst bemerkte, wenn Zuwendung und nette Worte
Weitere Kostenlose Bücher