Liebe kommt auf sanften Pfoten
rausgeschnitten wurde. Sobald sie auch nur eine Schere sieht, reagiert sie wie ein Vampir beim Anblick von Knoblauch.«
Eine leise Hoffnung flackerte in Juliet auf. »Glaubst du denn, dass Emer ihre Tricks auch bei Katzen anwenden kann?«
Lorcan sah sie amüsiert an. »Ich sage nur so viel: Ganz gleich, was sich da in diesem Katzenkorb befindet: Es wird deutlich weniger kratzen als Roisin!«
Lorcan machte sich gar nicht erst die Mühe, anzuklopfen, sondern brüllte gleich los. »Emer?« Er lief in den Flur, und Juliet folgte ihm in einem gewissen Abstand mit dem Weidenkorb.
Sofort tauchten die Zwillinge auf. Keineswegs leise, sondern begleitet vom donnernden Getrampel ihrer Füße auf den nackten Holzdielen.
»Lorrrrcan!«, riefen sie und warfen sich an seine Beine, als sei er monatelang auf hoher See gewesen anstatt einen halben Tag nebenan.
»Beruhigt euch«, erwiderte er und löste ohne jede Hemmung ihre Hände von seinen Beinen. »Keine Autogramme, keine Fotos.«
War er wirklich nur ein Freund der Familie? Juliet stellte sich ernsthaft diese Frage. Sie schienen sich alle viel näher zu stehen, fast schon wie ein Onkel mit seinen Neffen und Nichten. Je länger sie darüber nachdachte, desto seltsamer kam es ihr vor, dass jemand wie Lorcan nicht mit einer Freundin allein irgendwo wohnte.
Lorcan bemerkte ihre verwirrte Miene und grinste. »Die beiden haben zu viele Tourvideos gesehen«, erklärte er. »Das ist ihrer Meinung nach die Art, wie man Leute begrüßt.«
»Florrie! Sieh mal! Eine Katze! Juliet hat eine Katze !«
Juliet fühlte sich geschmeichelt, dass Roisin ihren Namen behalten hatte, doch ihre Ohren schrillten bei Roisins Gekreische. Sie war so viel Lärm (und dann auch noch aus solcher Nähe) einfach nicht gewohnt – Bianca und Boris wohl auch nicht. Sie zogen sich in den hinteren Teil des Korbes zurück, als Roisins klebriger Finger sich durch die Gitterstäbe schob und Florrie sich vor dem Korb hinkniete und besänftigende Geräusche ausstieß.
Emer tauchte im hinteren Teil des Hausflurs auf und trocknete ihre Hände an einem Geschirrtuch ab. Heute trug sie eine gestreifte Kochschürze über einem Patchworkkleid, und das Haar hatte sie auf dem Kopf zu einem hohen Turm zusammengebunden. Dennoch strahlte sie eine große Sinnlichkeit aus, wie eine Nigella Lawson auf Rock ’n’ Roll.
»Herrje, Roisin, kannst du mal ein paar Gänge runterschalten?«, rief sie, kaum leiser als Roisin. »Hallo, Juliet! Du meine Güte – jetzt sag nicht, dass du uns noch mehr Haustiere mitgebracht hast! Florrie, schau sie dir nicht einmal an!«, befahl sie, als sich Florrie auf den Korb stürzte. »Wage. Es. Nicht. Sie. Dir. Anzuschauen!«
»Florrie schleppt andauernd irgendwelche pelzigen Viecher an«, erklärte Lorcan und gab sich Mühe, Florries zur Beruhigung gedachtes Miauen zu übertönen. »Alles, was nur noch ein Bein oder keine Ohren mehr hat oder von den Schulkameraden traumatisiert ist. Dann kommen die Tiere hierher und Roisin gibt ihnen dann den Rest. Emer, Juliet hat gehofft, dass du ihr bei einem kleinen Problem weiterhelfen kannst.«
»Ich soll für eine ältere Dame auf diese Perserkatzen aufpassen und …« Juliet merkte, wie Emer sie mit einem halb amüsierten Blick von Kopf bis Fuß musterte und ihre Jeans und die Frisur unter die Lupe nahm. »Ich nehme mal nicht an, dass du weißt, wie man Toffeebonbons aus einem Katzenfell herausbekommt, oder? Also, ohne die Bonbons herauszuschneiden?«
»Wie kommst du bloß auf die Idee, ich könnte mich mit klebrigen, chaotischen, Toffee-verwandten Katastrophen auskennen?«, fragte Emer.
»Lorcan dachte …«, stammelte Juliet und war unsicher, ob die Empörung in Emers Miene echt war.
»Da war zum Beispiel dieser Vorfall, bei dem Roisin Kaugummi im Haar klebte und du Erdnussbutter draufgemacht hast«, schlug Florrie vor. »Oder als Smokey in die rote Karamellmasse gelaufen ist, die für die Liebesäpfel vorgesehen war. Wir mussten zum Tierarzt fahren, der meinte, Smokey müsse operiert werden. Lorcan hat dann Smokeys Pfoten eingeölt, und du hast gesagt, wenn das nicht funktioniert, könnten wir aus seinem Fell Handschuhe …«
Emer beugte sich vor und legte ihre Hand auf Florries Mund. »Smokey ist nicht groß genug, um aus seinem Fell Handschuhe zu machen. Außerdem lieben wir unseren Kater.« Sie zwinkerte Juliet zu. »Man kann also mit Fug und Recht behaupten, dass wir einige Erfahrung mit Karamellunfällen und langem Haar haben. Komm herein
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