Liebe kommt auf sanften Pfoten
– dann schauen wir uns die Sache mal an.«
Juliet seufzte erleichtert.
»Wenn ihr Katzenexperten mich nicht mehr braucht, verschwinde ich kurz nach oben und mache mich ein wenig frisch«, erklärte Lorcan. Er zupfte an seinem T-Shirt, und erst da merkte Juliet, dass es nass war. »Du stinkst«, stellte Roisin angewidert fest.
»Igitt«, stimmte Florrie ein.
Lorcan sah mit hochgezogenen Augenbrauen zu Juliet hinüber, die grinste und den Kopf schüttelte. »Keine Einwände.«
»Na dann los!«, befahl Emer. »Dann setz die Katze mal bitte auf den Operationstisch!«
Begleitet von Roisin und Florrie, folgte Juliet Emer den dunkelgrünen Flur entlang bis in die Küche. Die Zwillinge machten freundliche, aber sehr neugierige Gesichter, und Juliet hatte das Gefühl, als sei sie das Kind und die beiden die Erwachsenen. Sie konnte sich nicht daran erinnern, in ihrem Alter Fremden gegenüber so offen gewesen zu sein. Andererseits war aber auch ihr Dad Kostenplaner beim Longhamptoner Stadtrat gewesen und nicht etwa ein cooler Tournee-Manager.
»Entschuldige bitte das Chaos«, erklärte Emer und räumte einen Stapel Zeichnungen vom Küchentisch. In dem kleinen Zimmer herrschte ein lebhaftes Durcheinander. Große gerahmte Tournee-Plakate schmückten die Wände, und zwei große Pfannen mit geschälten Kartoffeln standen neben dem Herd, daneben befand sich ein Wissenschaftsprojekt für die Schule. Neben der Tür stand ein großer Wäschekorb mit ungebügelter Kleidung.
Als sie alle in die Küche kamen, sprang Smokey so schnell aus dem Wäschekorb und verschwand im Garten, dass von ihm nur noch die klappernde Katzenklappe in der Gartentür zu hören war.
»Kann ich die Katze aus dem Korb holen?«, fragte Florrie, als Juliet ihn auf dem Tisch abstellte. »Ich bin auch vorsichtig!«
»Wir müssen alle sehr vorsichtig sein«, stellte Emer fest. »Roisin, denk bitte daran, was mit Hammy passiert ist.«
»Ja, Mum«, jammerte Roisin. »Aber Hammy hat auch so rumgezappelt …«
»Er ist wirklich hübsch!«, gurrte Florrie. »Wie heißt er?«
»Boris. Ähm, könnten wir bitte Bianca da lassen, wo sie ist?«
Bianca blieb beharrlich auf ihrer Seite des Katzenkorbes, während Boris zwinkernd im hellen Schein der Küchenlampe auftauchte. In diesem Licht sahen die Toffeeklumpen noch grotesker aus als in Mrs Cox’ Wohnung.
»Das ist ein Hexenkater !«, flüsterte Roisin. »Wie bei Harry Potter!«
»Das Problem hatten wir schon mal.« Emer inspizierte Boris kurz und zupfte an einem Toffeeklumpen, um zu sehen, wie fest dieser im Fell klebte. »Kein Problem. Das kriegen wir hin. Ich muss nur kurz meine Zauberutensilien holen. Und ihr zwei, ihr bleibt hier«, erklärte sie, an die Mädchen gewandt. »Bietet Juliet etwas zu trinken an.«
»Möchten Sie etwas trinken?«, fragte Florrie höflich, als Emer die Treppe hinauf verschwand.
Ging sie etwa ins Badezimmer?, fragte sich Juliet verwundert. Wo sich Lorcan gerade duschte? Die Wasserrohre schepperten genau wie die ihren, wenn heißes Wasser lief. Vielleicht gab es auch zwei Badezimmer. Oder ein Bad en suite.
Beide Mädchen starrten sie mit ihren großen blauen Augen an.
»Ähm, ja. Danke«, stammelte Juliet.
Roisin marschierte zu dem großen amerikanischen Kühlschrank und zog die Tür auf. Im Gegensatz zu Juliets Kühlschrank war dieser zum Bersten voll mit Essen, Tupperdosen und allen möglichen Milchtüten.
»Was hätten Sie gern?« Sie fing an, alle Möglichkeiten aufzuzählen, angefangen von Cola light über Cola und Cherry Coke bis hin zu einer Rum-Cola.
Während Roisin ihre Auflistung abspulte, konnte Juliet im oberen Stockwerk Stimmen hören – Lorcans und Emers. Im Badezimmer?
Hör auf, schalt sie sich. Das hier ist keine Nachmittags-Telenovela, bei der du deine Nase in die Angelegenheiten anderer Leute stecken kannst!
»Ich hätte gern eine Cola light, bitte.«
»Mit Eis und Zitronenscheibe?«, hakte Roisin nach. »Oder straight up?«
»Mit Eiswürfeln, bitte. Vielen Dank.«
Während Roisin nach Gläsern angelte, streichelte Florrie Boris und beobachtete Juliet mit einem Blick, den Juliet viel beunruhigender fand als Roisins Gespensterkostüm.
»Was macht Lorcan bei Ihnen?«, fragte sie schließlich.
»Er repariert meine Dusche.«
»Haben Sie keinen Ehemann, der sie reparieren kann?«
»Nein.« Juliet musste schlucken. »Mein Mann … Mein Mann ist tot.«
»Wie ein Geist?«
»Nein, nicht wie ein Geist.«
Da die beiden offenbar gut mit Fragen umgehen
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