Liebe kommt auf sanften Pfoten
Wassernapf auffüllte.
Juliet stieß die Tür weit auf, und die Hunde kamen ihr hinterhergelaufen, als sie sich mit professionellem Blick umsah. Wie alle Häuser, die sie in letzter Zeit betreten hatte, roch es hier nach einem anderen Menschen, was ihren Blick für verräterische Details zu schärfen schien.
Dem ersten Eindruck nach zu urteilen, passte die Küche definitiv zu ihrem Besitzer. Sie war stilvoll und neu eingerichtet und verfügte über das komplette Programm (Espressomaschine, Küchenmaschine, Entsafter etc.). Ob Mark diese Spielereien tatsächlich nutzte, konnte sie jedoch nicht feststellen. Alle Oberflächen waren blitzsauber, wenn sie auch Louises strengen Hygienevorschriften nicht ganz zu entsprechen schienen. Juliet nahm an, dass Mark eine Putzfrau beschäftigte. An der Wand hing ein großer Siebdruck mit einer Ansicht von Paris, und im Schrank standen teure Weingläser. Dies war die Küche eines Erwachsenen und konnte mit dem Campingkocher und den nackten, unverputzten Wänden in ihrer Bruchbude nicht verglichen werden.
Aber was war mit Mark? Was konnte sie hier über ihn herausfinden? Juliet merkte, wie die Neugier sie packte, als sie den Blick durch das Zimmer schweifen ließ.
Von einer Ausgabe der Longhamptoner Lokalzeitung und einem Automagazin einmal abgesehen, die auf dem Küchentisch lagen, war hier sonst nicht viel zu entdecken.
Weder gab es teure Keramik- oder Porzellanwaren, die sie hätte taxieren können, noch irgendwelche Einkaufslisten auf einer Tafel, die sie einer Psychoanalyse hätte unterziehen können, oder Fotos, die sie sich hätte anschauen können. Mit Ausnahme eines Fotos, das mit einem einzelnen Magneten am Kühlschrank befestigt war und auf dem Mark neben Damson auf einem Berg hockte.
Auf dem Bild blies der Wind Mark die Haare ins Gesicht, und offenbar hatte er mit seiner Polarfleece-Jacke und seinem dicken Pullover auf dem Bild Mühe, aufrecht sitzen zu bleiben, während Damson überglücklich zu sein schien.
Vielleicht hatte seine Exfrau andere Bilder mitgenommen. Oder Mark konnte den Anblick der Fotos einfach nicht mehr ertragen. Oh, ich werde immer besser, dachte Juliet, jetzt kann ich schon Dinge aufgrund ihrer bloßen Abwesenheit interpretieren!
Sie merkte, dass Damson auf ihr Wasser wartete, und füllte schnell den Napf in der makellosen Edelstahlspüle auf. (Teure Handseife und -lotion von L’Occitane , vielleicht ein Weihnachtsgeschenk?) »Hier. Aber bitte nicht schlabbern, ja?«
Damson versenkte ihre Schnauze im Wasser und trank gierig, wobei auch die Spitzen ihrer langen Ohren ins Wasser hingen. Minton wartete höflich hinter ihr.
Juliet fand es ein wenig seltsam, sich auf dieser halb freundschaftlichen, halb formellen Basis allein in Marks Küche aufzuhalten. Es war eine Sache, Mrs Cox’ reiche Enkelschar in Familien zu gruppieren und zu schätzen, wie viele Jahre die Geschirrtücher von Barbara Taylor wohl schon auf dem Buckel hatten, aber das hier war etwas völlig anderes. Mark war ein Single, der sie gebeten hatte, nach seiner Hündin zu sehen – aber erst, nachdem sie sich fast schon flirtend im Park miteinander unterhalten hatten.
Juliet verzog das Gesicht. Hatte er mit ihr geflirtet? Sie wusste nur allzu gut, wie sie bei Lorcan überreagiert hatte, doch ihre Flirtantennen waren in dieser Hinsicht nicht mehr zu gebrauchen. Ben war ihr Leben lang an ihrer Seite gewesen, und sie hatte nie auch nur einem einzigen anderen Mann hinterhergeschaut. Sich mit Leuten zu unterhalten, die sie noch nicht kannte, war selbst in guten Zeiten schon schlimm genug, aber mit Männern, möglichen Date-Partnern … Juliet errötete und dachte noch einmal über Mark und seine Absichten nach.
Sie musste sicherlich lernen, sich mit Fremden zu unterhalten, bevor diese zu irgendetwas anderem werden konnten als zu Gesichtern, die ihr im Vorübergehen zunickten. Schließlich brauchte sie früher oder später neue Freunde, und Mark schien ein netter Kerl zu sein. Besäße er einen Hang zu Serienmorden, so wäre wohl jetzt der geeignete Zeitpunkt, um ein wenig in seinen Sachen herumzuschnüffeln und Beweise dafür zu finden.
Juliet merkte, wie sie Bauchschmerzen bekam – halb aus Aufregung, halb aus Angst –, und wandte sich wieder Damson zu, die immer noch schlabbernd vor dem Wassernapf stand.
Arme Damson! Das war ja nicht so nett von Mark. Hatte er etwa vergessen, den Wassernapf aufzufüllen, bevor er zur Arbeit gefahren war? Oder hatte Damson etwa alles schon
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