Liebe läßt alle Blumen blühen
ein Mann von Kultur.«
»Und angelt Meeresfische mit Würmern!«
»Wer sagt das?«
»Ich habe ihn gefragt.«
»Das konnte ich mir denken. Dein einziges Wertmaß für Menschen sind Anglerfliegen.«
»Ich angle Meeresfische nur mit kleingehackten Langoustinos.«
»Zipka, der Anglerpapst!« Sie zeigte auf die Mühle. »Hast du dir überlegt, was nun aus Lulu wird?«
Nachdem auch Andratte auf dem knatternden Motorrad abgefahren war, konnte nun diese Frage beantwortet werden. Sie warteten, bis die Rücklichter des Sergeanten in der Ferne vom fahlen Dunkel aufgesaugt worden waren, schlossen dann die Mühlentür auf, und Zipka zündete die Petroleumlampe neben dem Eingang an.
Lulu lag auf der Couch, mit einer Wolldecke zugedeckt, und schlief. Im Schlaf hatte sie die Lippen wie ein trotziges Kind vorgestülpt. Ihre Bluse stand offen und gab ihre volle Brust frei.
»Süß«, flüsterte Zipka, in den Anblick vertieft.
»Geh hin und berausche dich!« zischte Kathinka wütend.
»Tinka! Bei aller weiblichen Bosheit, du mußt aber zugeben, daß sie entzückend aussieht und daß es ein Jammer wäre, so etwas verkommen zu lassen.«
»Wüstling! Willst du sie etwa mit zu dem Marquis nehmen?«
Kathinka zündete auch die anderen Lampen an und zog entschlossen eine Decke über Lulus nackten Oberkörper. Ihre Lippen öffneten sich leicht, sie schlief aber weiter.
»Diese Einladung anzunehmen war das Dümmste, was du je in deinem Leben getan hast! Aber ich ahne deine Hintergedanken!« Zipka setzte sich in einen Sessel und blickte das schlafende Mädchen an. »Sie soll mit sich allein fertig werden …«
»Sie ist eine Gefahr.«
»Aha!«
»Ich spüre es, Wig.«
»Was du spürst, ist billigste Eifersucht.«
»Nicht so wie bei dir, wenn du nur an den Marquis denkst. Du konntest sie ja nicht mehr verbergen.«
»Das ist auch etwas völlig anderes!«
»Oho! Und wieso?«
»Ich wüßte nicht, daß der Marquis sein Gedächtnis verloren hat.«
»Das ist doch kein Argument.«
»Wieso nicht? Das ist wohl eines! Auf Lulu eifersüchtig zu sein ist billig. Sie ist eine arme Kranke! Aber der Marquis? Ich halte ihm als einziges zugute, daß er nur wenig Verstand zu verlieren hat!«
Kathinka kam aus der Küchenecke. Sie brachte eine Flasche Wein und zwei Gläser mit. »Laß uns endlich vernünftig reden, Schatz«, sagte sie einlenkend. »Sie ist wirklich gefährlich!«
»Und das soll vernünftig sein?« Zipka goß ein und schob Kathinka ein Glas über den Tisch.
»Ich kann es dir nicht erklären, Wig. Es liegt was in der Luft!«
»Hier gibt es meines Wissens keinen Föhn.«
»Vernünftig bleiben, Liebling«, wiederholte sie sanft. »Es ist manchmal unheimlich mit mir – aber ich fühle oft Dinge voraus. Ich habe einmal ein Gerüst räumen lassen, obgleich alle beteuerten, es sei stabil wie kein zweites. Am nächsten Tag wehte der Wind es um. Oder kürzlich! Ich sah im Traum einen riesigen dunklen Vogel über mein Dach fliegen. Zwei Tage später stürzte in der Nähe ein Sportflugzeug ab.«
»Auch das noch!« Zipka trank einen Schluck Wein. »Welche Vorahnungen hattest du, als du mich kennenlerntest?«
»Dich liebe ich …«
»Das überzeugt mich. Irgend etwas Wahres muß an deinen inneren Warnungen sein. Und was ist mit Lulu?«
»Ich kann es nicht konkret erklären. Ich spüre einfach Unheil. Ich sehe sie an, ich sage wie du: ›Ach, wie ist sie süß!‹, und gleich meldet sich eine andere Stimme in mir und warnt: ›Sei vorsichtig! Paß auf! Da lauert etwas …‹ Man kann dieses Mißtrauen nicht greifen. Verstehst du, was ich meine?«
»Ja und nein. Ich frage mich: Wie kann so ein Mädchen uns gefährlich werden?«
»Nicht sie. Vielleicht – ihre Umgebung?«
»Sie hat doch keine.«
»Irgendwo kommt sie doch her.«
»Das eben will ich feststellen. Mein Gott, Tinka – hast du etwa plötzlich Angst?«
»Ja.« Sie nickte gleich mehrmals. »Ich werde viel ruhiger sein, wenn wir bei dem Marquis wohnen.«
»Im Gegensatz zu mir«, meinte Zipka sarkastisch. »Ob der Marquis Shakespeares gesammelte Werke besitzt? Ich werde noch mal den Othello lesen müssen. Aber wir schweifen wieder ab. Wir wissen immer noch nicht, wohin mit Lulu.«
»Ich bleibe hier«, sagte Lulu mit geschlossenen Augen.
Kathinka und Ludwig zuckten zusammen, als rolle tatsächlich ein Kopf durchs Zimmer.
»Das Luder ist wach!« meinte Zipka verblüfft.
»Und versteht deutsch!« rief Kathinka. »Antwortet aber französisch.«
Zipka wedelte sich mit
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