Liebe läßt alle Blumen blühen
bei der Gemeinde Mas d'Agon. Das Ehepaar Dupécheur pflegt sie. Die Mühle kaufen? Unmöglich!«
»Ich habe es auch schon versucht. Völlig unmöglich«, warf Raoul de Formentiére ein. »Ich hatte sogar einmal die Idee, die Mühle zu einem Hotel umzubauen. Sie werden kein Glück haben, Monsieur.«
Der Froschmann tauchte von neuem auf, wedelte verzweifelt mit der Hand und verschwand wieder im See. Ein neuer Scheinwerfer wurde in Stellung gebracht und erhellte das Suchgebiet mit gleißendem Licht.
»Es scheint Schwierigkeiten zu geben«, stellte Zipka scheinheilig fest. »Vielleicht hat sich die Unglückliche irgendwo verfangen. Gibt es hier so etwas wie Algenwälder?«
Der Marquis überhörte diese sarkastische Frage. Er strahlte Kathinka an, sie strahlte zurück und schüttelte sogar Zipkas Arm ab, was ihm geradezu körperlich weh tat. Das fängt ja gut an, dachte er verbittert. Nur ein paar Stunden ist es her, da gehörten uns der Himmel und alle Unendlichkeiten … Und jetzt säuselt dieser banale Lackaffe Sprüche in die Gegend, die Kathinka schluckt wie die feinsten Nougatpralinen! Man sehe sich nur diese Gummiaufmachung an! An ihm wirkt sie doch wie eine Maskerade, wie ein Karnevalskostüm – geradezu lächerlich! Eine komische Figur, über die jeder ernsthafte Angler nur lachen kann. Wetten, daß er nicht weiß, womit man Karpfen fängt? Und erst auf einen Hecht ansitzen … Da beißt keiner an, verehrter Herr, und wenn Sie noch so blöde die Augen verdrehen!
»Ich schlage vor«, sagte jetzt Raoul de Formentiére, »daß wir diesen Ort der Traurigkeit verlassen. Es wäre mir eine große Ehre, wenn Madame – und natürlich auch Monsieur – meine Gäste sein könnten. Wir fahren keine zehn Minuten bis zu meinem bescheidenen Dach. Ich kann mir denken, daß Sie, Madame, durch die tragischen Ereignisse doch sehr aufgewühlt sind. Es dürfte eine zu starke Nervenbelastung darstellen, wenn Sie jetzt auch noch eine Nacht in der Mühle verbringen wollten. Vor allem – diese Nacht! Madame, mein Haus steht zu Ihrer Verfügung! Bestimmen Sie darüber, als sei es das Ihre!«
Zipka biß sich leicht auf die Unterlippe. »Das ist völlig ausgeschlossen«, sagte er entschieden.
Kathinka blickte ihn verwundert an. »Wieso denn, Schatz?«
»Wieso denn!« schnaubte Zipka wütend. »Wir können die Mühle doch nicht allein lassen! Oder – können wir das vielleicht?«
Mit stiller Freude verfolgte der Marquis Zipkas Anstrengungen, unverfänglich an das Mädchen Lulu zu erinnern. Kathinka begriff es sofort, aber sie betrachtete das Problem von einer praktischen Seite. Wenn sie das Angebot des Marquis annähmen und seine Gäste sein würden, müßte Lulu, allein gelassen, über kurz oder lang zwangsläufig einen neuen Weg in die Zukunft finden. So, wie sie aufgetaucht war aus dem Nichts, so würde sie auch wieder verschwinden müssen. Das war zwar nicht ausgesprochen human gedacht, aber in ihrer Lage doch die undramatischste Lösung.
»Ich glaube, der Herr Marquis hat recht«, meinte Kathinka vorsichtig. Zum erstenmal, seit diese Liebe begonnen hatte, dachte Zipka ernsthaft daran, jeden anderen Mann aus Kathinkas Nähe einfach fortzuprügeln. »Die Mühle ist einfach unheimlich«, fuhr sie fort, »gib es zu, Liebling! Dazu Lulus schreckliches Schicksal – ich könnte wirklich keine Nacht mehr schlafen. Immer hätte ich das furchtbare Bild vor Augen, wie sie hilflos ertrinken mußte …«
»Warum zögern Sie, Monsieur?« Der Marquis setzte seinen verbeulten Anglerhut auf. Alain, der Froschmann, schoß zum drittenmal aus dem Wasser, fuchtelte mit beiden Armen wild durch die Luft und tauchte sofort wieder unter. In der Menge bildeten sich zwei Gruppen, die diese Zeichengebung unterschiedlich werteten. Kommissar Flacon deutete es als Fehlschlag, Dr. Bombette plädierte für ein Fundsignal. Der Mann neben dem Zinksarg zog seine Gummihandschuhe an. Er sympathisierte mit der Haltung des Arztes.
»Sehen Sie denn nicht, wie blaß Madame ist?« argumentierte der Marquis hinterlistig. »Sie müssen meine Einladung annehmen! Solch ein Erlebnis kann zu einem unheilbaren Schock führen – zu einem tiefenpsychologischen Trauma! Madame wird erst in meinem Haus aufatmen können …«
»Wir werden es uns überlegen, Marquis«, sagte Zipka, innerlich vor Zorn knirschend. »Wir müßten ja auch noch die Koffer packen.«
»Das werden Sie doch wohl allein schaffen, Monsieur.«
»Sicherlich, aber Kofferpacken ist nun einmal eine
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