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Liebe läßt alle Blumen blühen

Liebe läßt alle Blumen blühen

Titel: Liebe läßt alle Blumen blühen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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der Hand Luft zu. Die Petroleumlampen stanken. »Da haben wir wieder das Rätsel der Bewußtseinsspaltung!« Er beugte sich vor und klopfte gegen die Couch. »Lulu, mach die Augen auf«, sagte er auf französisch. »Es geht um dich. Hast du nachgedacht? Weißt du jetzt, wo du vorher warst? Hast du eine ganz kleine, dunkle Ahnung? Kannst du dich an irgend etwas erinnern? An einen Hund? An eine Katze – vielleicht?«
    »Wurstl …«, sagte da Lulu glücklich.
    Zipka war froh, die Fangfrage hatte geklappt. Bei dem Begriff ›Hund‹ schaltete sich die Erinnerung wieder ein! Wurstl – das konnte nur ein Dackel sein, auch wenn Lulu behauptete, es sei ein großer, zotteliger korsischer Hirtenhund gewesen. Kein Korse auf ganz Korsika taufte seinen Hund Wurstl. Aber auch keine Korsin bringt Wurstl über ihre Lippen. Man war also wieder soweit wie am Morgen. »Kam Wurstl auch ins Haus?«
    »Ja.«
    »Wie sah das Haus aus?«
    Lulu dachte sichtlich angestrengt nach, dann antwortete sie traurig: »Ich weiß nicht. Helfen Sie mir, Monsieur Louis.«
    Zipka blickte Kathinka an. Sie sah an ihm vorbei in eine Ecke, weil sie ihm jetzt nicht helfen konnte. Es war eine Situation, aus der auch sie keinen Ausweg wußte.
    »Sie wollen weggehen?« fragte Lulu leise.
    »Nicht direkt …«, wich Zipka aus. »Wir sind – eingeladen worden.«
    »Und da darf ich nicht mit?«
    »Ausgeschlossen! Nicht, nachdem Sie sich hier versteckt haben, man Sie draußen gesucht hat und für tot hält.«
    »Tot?« sagte sie dumpf. Es klang vorzüglich. Ein echtes Schauspieltalent. »Mich gibt es gar nicht mehr?«
    »Im Augenblick nicht.«
    »Warum kümmern Sie sich dann noch um eine Tote?«
    Zipka schlug sich klatschend auf die Schenkel. »Da haben wir's! Das Gedächtnis verloren – aber eine um die Ecken zielende weibliche Logik ging nicht verloren! – Lulu, Sie haben eben gesagt: Ich bleibe hier! – Das wäre eine Möglichkeit. Wir sagen unserem Freund, daß wir die Mühle weiterhin bewohnen wollen und noch einige Sachen hierlassen. Dann können wir immer nach Ihnen sehen, können Ihnen Verpflegung bringen … Sie dürfen sich nur nicht am Tag draußen vor der Mühle zeigen. Vielleicht gelingt es uns, herauszufinden, wer Sie sind. Wir brauchen eben Zeit dafür …«
    »Ich habe viel Zeit, Monsieur Louis.« Sie richtete sich auf, die Decke rutschte herunter, und ihre Brüste lagen wieder frei. Kathinka schielte zu ihr hin und dachte: Ein raffiniertes Luder! Sie weiß genau, trotz aller Lücken im Hirn, wie man einen Mann weichkocht. Wie muß das erst sein, wenn sie im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte ist? Dann müssen die Männer an ihr kleben wie an einem Fliegenfänger.
    »Wann ziehen Sie um?«
    »Morgen mittag!« antwortete Kathinka betont laut. »Das heißt – heute! Die Morgendämmerung ist ja schon da.«
    Vor dem Fenster begann tatsächlich ein roter Himmel zu glühen. Der See vergoldete sich. Ein Reiherschwarm glitt über das Wasser wie brennende Nebelfetzen.
    Kathinka schwieg. Vor so viel Schönheit sind Worte eine Beleidigung.
    »Sie sind so gut zu mir«, flüsterte Lulu und meinte es diesmal sogar ehrlich. Eine aufgehende Sonne machte sie immer weich, melancholisch und weckte ihr Gewissen. »Ich habe das gar nicht verdient …«
    Kathinka Braun starrte das Mädchen erstaunt und forschend an. Und wieder meldete sich in ihr dieses dunkle unerklärbare Gefühl einer drohenden Gefahr.
    Zunächst aber galt es, den ›technischen Teil‹, wie Zipka es nannte, abzuschließen. Es war fast sicher, daß der Gastwirt Dupécheur und seine Frau Florence die Mühle putzen und dafür sorgen würden, daß in der Abwesenheit von Madame und Monsieur alles seine Richtigkeit hatte. Wie man Sergeant Andratte kannte, würde er die Schlappe mit der nicht gefundenen Leiche so rasch nicht vergessen und jede freie Minute am Seeufer verbringen, um vielleicht doch noch irgendwelche Spuren zu finden.
    Kommissar Flacon hatte ja auch angedeutet, daß man eventuell mit einer Motorbarkasse und einem Schleppnetz noch einmal den See absuchen würde, wenn dieser ›Fall‹ eine solche Kostensteigerung zulasse. Das aber müsse man erst in Arles prüfen. Tragisch war auch, daß der Tod des Mädchens mit dem Gedächtnisschwund nicht schlagkräftig genug war, um die Präfektur in Arles zu überzeugen, daß Sergeant Andratte einen Dienstwagen benötigte. Seine Argumentation, er hätte durch die Beschaffung eines schnelleren Transportmittels – eben des Motorrades von Dupécheur –

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