Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)
gehören sie zu der Sorte, die fantastisch aussieht und scheußlich schmeckt. Nach meiner Runde durch den Raum bediene ich mich von dem kleinen Rest der edlen schottischen Eier auf einem Tablett. Der Bissen, den ich direkt in eine Serviette spucke, ist heute das Erste, was ich zu mir genommen habe. Außerdem gibt es eine mobile Cocktailbar mit Kellner, der ich gleich einen Besuch abstatten werde. Posh Boy ist auch hier. Ich sehe ihn immer wieder Hände von Männern in Anzügen schütteln und anderen auf die Schulter klopfen. Der denkt wohl, er wäre auf dem G20-Gipfel.
Bob sieht genauso elend aus, wie ich mich fühle. Er kommt auf mich zu. Am liebsten würde ich mich jetzt mit einer Friends - DVD -Box und heißer Hühnerbrühe zu ihm ins Bett kuscheln.
»Hi, Bob, wie geht’s?«
Er versucht zu lächeln. »Oh, Grace. Nicht gut.«
»Das tut mir leid, Bob.«
»Schottische Eier? Du hast doch nichts dagegen, wenn ich mir eins nehme?«
»Das würde ich nicht tun«, sage ich.
»Bah!«, macht er nach dem ersten Bissen.
»Ich hab dich gewarnt.«
Ich gebe ihm eine Serviette.
»Tut mir leid, dass ich mich nicht mehr gemeldet habe. Ich hab versucht, einen neuen Vorarbeiter zu finden. Deshalb halte ich mich im Moment mit Neuerwerbungen zurück. Außerdem wollte ich dich nicht mit meinem Mist belasten.«
»Bob, du kannst mich ruhig damit belasten. Teil deinen Mist mit mir, Bruder.«
»Danke, Schwester.«
»Also, was war los?«
»Grace, es war der Horror. Zwischen den beiden läuft schon seit Monaten was, und ich war die ganze Zeit völlig ahnungslos.«
»Wie ist der momentane Stand?«
»Na ja, sie ist weg, und ihn habe ich gefeuert. Möglich, dass die beiden jetzt zusammen sind.«
»Das tut mir leid.«
»Ach, es ist am besten so. Sie war nicht die Frau, für die ich sie gehalten habe. Du kennst mich, für mich war sie ein Engel. Aber …« Er lässt die Schultern hängen.
Ich massiere seinen Rücken und sage: »Es kann nur besser werden.«
»Ja, ich weiß. Bevor sie weg ist, hat sie jedoch was zu mir gesagt, das ich nicht mehr aus dem Kopf kriege, Grace.«
»Möchtest du darüber reden?«
»Da gibt es nicht viel zu erzählen. Vor einem Jahr war sie schwanger. Das Kind war von mir – zumindest behauptet sie das –, aber sie war nicht glücklich damit, also ließ sie es wegmachen.«
»Oh, Bob.«
»Weißt du, Grace, ich muss ständig daran denken. Du kennst mich. Ich habe mir immer Kinder gewünscht. Und dann gibt es ein Kind, mein Kind – sorry, unser Kind –, und sie treibt es ab. Es ist dumm, doch das geht mir einfach nicht mehr aus dem Kopf. Ich war am Samstag im Stadion. Die verkaufen da diese Strampler, und ich stand davor und musste mir die Augen reiben. Tut mir leid, Grace, ich bin im Moment keine gute Gesellschaft.«
Ich sage nichts, sondern streichle einfach weiter seinen Rücken.
»Ich muss ständig daran denken, wie viel Liebe ich dem Kind hätte geben können«, sagt er, und seine Stimme bricht.
Ich kann ihm keinen Trost anbieten.
»So viel Liebe.«
Ich nicke. Das ist alles, was ich tun kann. Ich stehe neben Bob und nicke und denke an den zweiten Herzschlag in mir, der morgen nicht mehr da sein wird.
»Kann ich dich nachher zum Essen einladen?«, fragt er.
»Oh.« Ich zögere. Ich liebe Bob, aber so gern ich ihm auch Trost spenden möchte, ich kann heute Abend kein mitfühlendes Ohr für ihn haben. Ich kann mir das mit dem Baby, das er geliebt hätte, nicht anhören. »Tut mir wirklich leid, aber ich kann nicht.«
Trotzdem sollte ich etwas zu mir nehmen. Ich habe seit Tagen nicht mehr richtig gegessen. Gott, ich habe nicht gegessen, ich habe nicht geschlafen, ich habe mich total vernachlässigt. Ich weiß, warum. Das liegt daran, dass ich mich selbst hasse für das, was ich morgen tun werde.
51
Posh Boy entdeckt mich später in dem großen Schlafzimmer, wo ich auf dem Bett sitze, eine Margarita trinke und aus dem Fenster starre. Er hat zwei Drinks dabei: eine Margarita und ein klares Getränk in einem Martiniglas. Er hält mir die Margarita entgegen.
»Du siehst aus, als könntest du noch ein Glas vertragen.«
Ich nehme es und stelle mein leeres Glas auf den Nachttisch.
»Danke.«
Ich nippe an dem Cocktail und zucke kurz zusammen.
»Ja, ich glaube, der Barkeeper hat ein Auge auf dich geworfen. Er wollte wissen, ob der Cocktail für dich ist, und als ich Ja gesagt habe, ging er sehr großzügig mit dem Tequila um.«
»Oh«, sage ich unbestimmt.
»Was hast du?«
»Nichts.
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