Liebe lieber lebenslänglich: Roman (German Edition)
und zurück zu ihrer Käsesoße eilt.
»Mist, Mist, Mist! Sie ist angebrannt«, sagt sie und rührt hektisch in der Pfanne.
»Macht nichts, ich liebe angebrannte Käsesoße.«
Ich bin wie benommen. Ich habe mir eine Dekade lang ausgemalt, Frauengespräche wie dieses mit meiner Mutter zu führen.
»Das ist mir seit Jahren nicht passiert«, sagt sie und starrt mit angespanntem Kiefer in die Pfanne, bevor sie weiterspricht. »Ich fand schon immer, dass er nicht gut genug für dich war.«
»Aber du hast Danny abgöttisch geliebt.«
»Weil er da war. Er war immer da, und das zählt auch etwas. Aber ich sehe dich eher mit jemandem, der stärker ist, kreativer, mehr wie dein Vater. Allerdings hätte ich auch nie gedacht, Grace, dass du einmal Immobilienmaklerin wirst. Ich dachte immer, aus dir würde eine Sängerin. Ich dachte, dein Vater und ich könnten dich einmal live in Ronnie Scott’s Jazz Club bewundern.«
»Na ja, wir wissen beide, warum das nicht funktioniert hat.«
»Ach ja? Sei’s drum, ich wollte dich nicht verunsichern. Ich habe nämlich gute Neuigkeiten, und aus diesem Grund wollte ich dir etwas Leckeres kochen«, sagt sie. »Unsere Geldsorgen sind vorbei. Ich habe einen Rat befolgt und mir Geld geliehen. Ein Darlehen aufgenommen.«
»Oh, genau damit wollte ich dich auch überraschen. Ich habe einen Kredit für dich aufgenommen. Er ist heute bewilligt worden.«
»Ich brauche deinen Kredit nicht, ich habe meinen eigenen. Ich wollte warten, bis das Geld auf meinem Konto ist, bevor ich es dir sage.«
»Aber einen Kredit muss man zurückzahlen.«
»Grace, ich bin nicht völlig dämlich. Ich lebe schon ein bisschen länger auf diesem Planeten als du.«
»Aber …«
»Schon gut. Ich bin mir sicher, dass ich nicht die ganze Summe brauchen werde, die ich mir geliehen habe. Ich werde davon die ersten Raten bezahlen, und dann bleibt immer noch genug, um davon zu leben, bis ich mir einen Job besorgt habe.«
»Was für einen Job?«
»Etwas, das ich online machen kann.«
»Und was soll das sein?«
»Sprich nicht so, Grace. Ich dachte, ich könnte Kleider nähen und bei eBay verkaufen.«
»Aha.«
Ich frage mich, was ich dazu sagen soll. Ich habe mich so sehr daran gewöhnt, meine Mutter zu kritisieren, dass ich mich dabei ertappe, dass ich das Negative suche, aber eigentlich ist ihre Idee gut. Ricardo erwähnte, dass man das Haus beleihen könnte, was meine Mutter offenbar getan hat, und Ricardo scheint sich mit Geld gut auszukennen. Mum kann fantastisch nähen, ihre Geschäftsidee könnte Erfolg haben. Und das Beste ist, dass sie somit nicht auf das Geld der Baufirma angewiesen ist. Außerdem bedeutet das, dass ich mir keine zwanzig Riesen leihen muss.
»Super, Mum. Das ist eine tolle Idee.«
»Danke schön.« Sie lächelt und macht einen perfekten Knicks.
Ich lächle auch.
Ich lege die Hand auf meinen Bauch und schaue zum Fenster hinaus. Jemand hat den Rasen meiner Mutter gemäht. Ich frage sie nicht, wer das war, weil mich etwas ganz anderes beschäftigt. Wenn meine Mutter meine finanzielle Unterstützung nicht mehr braucht, kann ich mir dann ein Kind leisten? Eigentlich ist die Frage albern, weil ich morgen einen Termin in der Klinik habe, um das Dingsda klarzumachen.
49
Ich frage mich, ob man eine Abtreibung in den hintersten Winkel seines Gedächtnisses verbannen kann. Oder wird sie einen bei jedem Baby, das man sieht, verfolgen? Wendy sagt, jede fünfte Frau treibe ab. Ist jede fünfte Frau traurig? Ich nehme es an. Das ist wohl auch kaum lustig. Man hört nicht oft Frauen sagen »Und, was hast du heute noch vor?« »Ich gehe shoppen. Und du?« »Ich gehe abtreiben.« »Oh, geil!«
Ich habe heute eine Ultraschalluntersuchung, bei der ich den voraussichtlichen Geburtstermin erfahren werde und mein Kind sehen kann. Ich befinde mich in der Klinik auf einer Liege, mein Bauch ist voller Gel, und ich kann mit eigenen Augen verfolgen, was darin los ist. Das sehe ich auf einem kleinen Monitor neben mir. Da ist wirklich etwas. Ich kann etwas Winziges erkennen, das wächst und sich bewegt, einen kleinen Er oder eine kleine Sie. Ich wünschte, Dan würde hier sein und meine Hand halten, und wir würden über Namen diskutieren. Nicht, dass ich ihm dabei ein Mitspracherecht einräumen würde. Camilla für ein Mädchen, Camille für einen Jungen, obwohl ich das abkürzen würde zu Cam, damit mein Sohn in der Schule nicht ständig wegen seines Vornamens gehänselt wird. Man hat mir gesagt, ich soll in
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