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Liebe, Lust und Lesebrille

Liebe, Lust und Lesebrille

Titel: Liebe, Lust und Lesebrille
Autoren: Felicitas Roemer
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Trauer oder Ärger hoch, etwa wenn sich ein Partner in Nachhinein dauerhaft vernachlässigt fühlt oder das Gefühl hat, zu viel investiert und zu wenig zurückbekommen zu haben. Manchmal entsteht auch ein gewisser Nachholbedarf. Das könnte sich (wenn es denn ausgesprochen würde) etwa so anhören: »Ich war immer für dich da und habe sehr oft zurückgesteckt. Jetzt bin ich endlich an der Reihe. Jetzt mache ich endlich, wozu ich Lust habe!« Oder: »Ich habe dir zuliebe auf viele erotische Abenteuer verzichtet. Jetzt will ich es noch einmal wissen, ob ich attraktiv bin.« Oder: »Ich habe mir viel Mühe gegeben, dich zu verstehen und deine ständigen Beleidigungen wegzustecken. Aber dazu habe ich jetzt keine Kraft und keine Lust mehr. Ich gehe!«
    Was also häufig und sehr deutlich wahrgenommen wird, sind die (vermeintlichen?) aktuellen Defizite in der Partnerschaft: Zu wenig gemeinsam gestaltete Zeit, mangelnder oder unbefriedigender Sex oder leidige Dauernervereien: Die Probleme scheinen das bisher gemeinsam gelebte Leben und die bereits erfolgreich bearbeiteten Konflikte oft zu überschatten.
    Wenn wir aber dazu neigen, unser Leben und unsere Beziehung hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt zu betrachten, was alles schiefläuft, was nicht ausreichend gut funktioniert oder einfach nicht ständig beglückend ist, dann verlieren wir langfristig das aus dem Blick, was uns verbindet und was wir miteinander aufgebaut haben. Da hilft nur, sich ganz bewusst mal anzuschauen, was in der Paar-Vergangenheit bisher alles gut, schön und richtig war. Denn natürlich haben erfahrene Paare in ihrer gemeinsamen Geschichte schon sehr vieles »richtig« gemacht – »richtig« in dem Sinne, dass sie durch ihr Verhalten die Partnerschaft stabilisiert haben. Über solche stabilisierenden Maßnahmen sind sich Paare oft nicht im Klaren. Menschen leben nicht einfach nur irgendwie zusammen, sondern jeder trägt etwas dazu bei, damit dieses Zusammenleben gelingt – mal mehr, mal weniger. Wie also sorgen wir dafür, dass es uns als Paar noch gibt? Wer sorgt wie dafür, dass es uns gemeinsam gut geht?
    Manchmal werden die Partner sich darüber in einer Paarberatung bewusst, die sie aufgrund einer akuten oder dauerhaften Krise aufsuchen. Hier werden sie ganz nach dem Prinzip des ressourcenorientierten Arbeitens zum Beispiel danach gefragt, wie sie denn frühere Krisen gemeistert haben. Die erstaunten Gesichter der Klienten sprechen eine deutliche Sprache: Sie müssen erst nachdenken, weil ihnen gar nicht klar ist, was sie alles schon im Sinne ihrer Liebe richtig und gut gemacht haben! Und viele Menschen sind sich auch nicht bewusst, wie sie genau gehandelt haben und was daran hilfreich war. Darüber in einen Austausch zu kommen, kann ungeheuer interessant und belebend sein. Deshalb ist die gelegentliche (oder besser noch: regelmäßige) Besinnung auf das, was gut gelaufen ist und was die Beziehung besonders auszeichnet, eine wichtige Ressource eines Paares – eine Kraftquelle, die die Partner gut gebrauchen können, um weitere schöne Jahre miteinander zu verbringen. Sie sollten diesen unglaublich wertvollen Schatz unbedingt heben und ihn ausführlich begutachten und wertschätzen.
Anmerkung: Sollten Sie Schwierigkeiten haben oder massive Widerstände entwickeln, sich auf das Positive zu besinnen, so kann das daran liegen, dass akute Konflikte, massive Kränkungen aus der Vergangenheit und anderweitige Irritationen vorliegen, die Ihren Blick auf das Schöne versperren. In diesem Fall lesen Sie zuerst Kapitel 4.
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    Würdigen Sie angemessen, was Sie schon alles geschafft haben
    Nehmen Sie sich gelegentlich bewusst ein paar Stunden Zeit und sprechen Sie ausschließlich über das, was Ihnen als Paar schon alles gut gelungen ist. Oder schreiben Sie es auf. Sie können sich auch gegenseitig einen Brief schreiben, wenn Sie dazu mehr Lust haben. Wichtig ist, dass Sie möglichst konkret mündlich oder schriftlich einige dieser Fragen beantworten:
Welche Beziehungskrisen haben wir gemeistert?
Welche Missverständnisse haben wir geklärt?
Was ist uns in der Kindererziehung besonders gut gelungen?
Welche Probleme haben wir schon gemeinsam gelöst?
Welche Durststrecken haben wir überstanden?
Welche Verhaltens- und Beziehungsmuster haben wir schon positiv verändert?
Welche Krankheiten haben wir gemeinsam durchgestanden? Wer hat hier wen wie unterstützt? Was war besonders hilfreich daran?
Worauf sind wir als Paar besonders stolz?
    Genießen Sie
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