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Liebe, Lust und Lesebrille

Liebe, Lust und Lesebrille

Titel: Liebe, Lust und Lesebrille
Autoren: Felicitas Roemer
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in Ihrem Kopf oder Herzen festsetzen und Sie beschäftigen. Gehen Sie in Ihrem ganz eigenen Tempo vor.
    Bearbeiten Sie die Aufgaben häppchenweise nach Lust und Laune, und überfordern Sie sich und Ihren Partner nicht. Sie werden sehen, wie komplex dieses Themenfeld ist, und es lohnt sich, bestimmte Fragen besonders gründlich zu bearbeiten. Überspringen Sie Fragen, die Sie für unwichtig halten, die Ihnen derzeit nicht auf der Seele brennen oder die in Ihnen keinerlei innere Resonanz auslösen. Sie können bei der Bearbeitung der Fragen gerne chronologisch vorgehen, aber sich auch einzelne Aspekte heraussuchen, die Sie spontan am meisten ansprechen.
    Überlegen Sie aber auch: Welches Thema möchten Sie am liebsten gar nicht anschauen? Bei welchem Fragenpaket entwickeln Sie am meisten innere Widerstände? Auf welche Problemfelder haben Sie schlicht überhaupt keine Lust? Wo könnte dieser Widerwille herkommen?
    Akzeptieren Sie diese Widerstände. Widerstände sind normal und gesund. Sie sind Schutzmechanismen der Seele. Seien Sie sich aber auch bewusst, dass sich gerade dort, wo die heftigsten Widerstände herrschen, die meisten potenziellen Erkenntnisquellen auftun könnten.
Exkurs: Was, wenn der Partner nicht mitzieht?
    Es gibt bei Paaren oft einen Partner, der mehr an Veränderung und Entwicklung interessiert ist als der andere. Manchmal aus Leidensdruck, manchmal einfach, weil sich die Bedürfnisse verändert haben. Oft sind es die Frauen, die dann zum Zugpferd werden, weil sie vielleicht näher an ihren Gefühlen sind und sich auch oft für das Gelingen des Zusammenlebens zuständig fühlen. Wenn sie dann merken, dass der Mann nicht mitzieht und wenig bis gar kein Interesse an ihren Veränderungswünschen zeigt, kann das zu einem schweren Beziehungskonflikt werden und in einen Machtkampf ausarten. Je fordernder dann die Frau auf Auseinandersetzung drängt, desto mehr verweigert sich ihr Partner, weil er sich möglicherweise unter Druck gesetzt fühlt. In Paarberatungen hört man dann manchmal folgende fast Loriot-reifen Mann-Frau-Dialoge:
    »Nun sag doch auch mal was, Schatz!« – »Was soll ich denn sagen?« – »Na, was du so denkst.« – »Worüber denn?« – »Na, über uns.« – »Aber du hast doch schon alles gesagt!« Der Therapeut/die Therapeutin hat dann in der Regel die Aufgabe, den Mann darauf aufmerksam zu machen, dass hier seine ganz persönliche Sichtweise gefragt ist – und vor allem, dass es wichtig ist, sie zu äußern, wenn er in Kontakt mit seiner Frau kommen möchte. Interessanterweise halten Familienväter und Ehemänner ihre eigenen Wünsche oft für wesentlich unwichtiger als die ihrer Ehefrauen. Viele haben schon als Jungen nicht richtig gelernt, ihre Bedürfnisse zu äußern, und im Job müssen Sie meistens auch alles Emotionale zurückhalten. Viele Männer (aber auch viele Frauen!) sind so zu Verdrängungskünstlern geworden, was viel mit Sozialisation, aber auch unserer Gesellschaft zu tun hat. Es ist kein Wunder, dass in einer hochleistungsorientierten Gesellschaft, in der man gut und reibungslos funktionieren muss, um Erfolg haben zu können, viele Menschen erst eine Burnout-Krise oder Depressionen bekommen müssen, um sich dann endlich einmal sozusagen legitimiert ihren Gefühlen, Bedürfnissen und inneren Nöten widmen zu dürfen. Ein bisschen rechtzeitige, regelmäßige und bewusste »Psycho-Pflege« könnte hier als Prophylaxe sehr hilfreich sein, ist aber leider immer noch recht unpopulär.
    Oft sind es aber auch ganz normale Ängste und Widerstände, die Männer daran hindern, ihre Gefühle zu äußern oder sich auf einen Veränderungsprozess einzulassen. Die paartherapeutische Erfahrung zeigt aber, dass die meisten Männer nach kurzen Anlaufschwierigkeiten sehrwohl willens und in der Lage sind, über ihre Gefühle und Wünsche zu sprechen. Sie müssen es manchmal einfach etwas üben.
    Für den treibenden Part in der Beziehung kann das ein schwieriger Grenzgang sein: Einerseits mit Verständnis und Geduld auf die Widerstände des Partners zu reagieren, andererseits ihm trotzdem etwas abzuverlangen, wie Offenheit und Einsatzbereitschaft – das kann auf die Dauer sehr anstrengend sein. Vor allem, wenn die eigenen Veränderungswünsche sehr dringlich sind und die innere Not groß ist.
    Wenn sich ein Partner besonders hartnäckig und vehement gegen Veränderungs- und Entwicklungsbestrebungen wehrt, sollten »Voranpreschende« versuchen, sich auf sich selbst zu
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