Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe, Lust und Lesebrille

Liebe, Lust und Lesebrille

Titel: Liebe, Lust und Lesebrille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Roemer
Vom Netzwerk:
geschehen sind, noch einmal zu reden, wenn deren Folgen sich bis heute negativ auf unsere Partnerschaft auswirken. So kann es hilfreich sein, sich die Situationen zu vergegenwärtigen, in denen die Wunden entstanden sind, und sich jeweils auch die Perspektive des anderen anzuschauen. Manchmal relativiert sich dann der eigene Blick auf das Geschehen, was dann wiederum auch die eigenen Gefühle verändern kann.
    Ein Beispiel:

    Frau P. litt seit geraumer Zeit darunter, dass ihr Mann beruflich so stark eingespannt und häufig abwesend war. Sie fühlte sich mit den drei halbwüchsigen Kindern plus Haushalt plus Halbtagsjob überfordert und vermisste außerdem gemeinsame Zeit mit ihrem Mann. Eines Abends sagte sie lachend zu ihm: »Ich freue mich jetzt schon darauf, wenn du mal in Rente gehst! Dann haben wir endlich mal Zeit füreinander!« Ihr Mann reagierte darauf sehr laut und unwirsch: »Du glaubst doch nicht etwa, dass ich mich im Rentenalter hier neben dich auf die Couch setze und Däumchen drehe!? Nie und nimmer!« Frau P. war sehr überrascht und erschrocken von der Heftigkeit seiner Reaktion und seiner Abwehr. Sie war tief gekränkt, weil sie das Gefühl hatte, ihr Mann habe weder jetzt noch später Interesse daran, Zeit mit ihr zu verbringen. Er versicherte ihr zwar mehrfach: »Nein, das hab ich so aber nicht gemeint!«, konnte sie damit aber nicht dauerhaft beruhigen. Was er aber eigentlich unbewusst zum Ausdruck gebracht hatte, konnte er zunächst auch nicht formulieren.
    Frau P. war nachhaltig aufgewühlt von dieser Situation. Sie konnte diese Begebenheit nicht einfach so stehen lassen und sprach ihrenMann immer wieder darauf an. Erst nach mehreren Jahren und vielen Gesprächen kam Herr P. langsam dahinter, warum er seinerzeit so heftig auf die Worte seiner Frau reagiert hatte: Da er sich selbst stark über seinen beruflichen Erfolg definierte und daraus den Großteil seines Selbstwertgefühls bezog, machte ihm die Vorstellung, diesen entbehren zu müssen, schlagartig Angst. Zudem war er in einer Familie aufgewachsen, in der überwiegend Stagnation herrschte, die er schon als Kind als einengend und bedrohlich für seine Persönlichkeitsentwicklung empfunden hatte. Auch die Vorstellung von Stillstand, die er mit dem Begriff »Rente« verband, ließ in ihm panikartige Gefühle hochkommen, die ihn dazu verleiteten, so heftig abwehrend auf Frau P.s Äußerung zu reagieren.
    Herr P. konnte seiner Frau erst nach längerer Zeit glaubhaft vermitteln, dass seine heftige Reaktion wenig mit ihr oder mit mangelnder Zuneigung, aber umso mehr mit seiner eigenen Familiengeschichte und seinen eigenen Ängsten zu tun hatte.
    Fünfter Schritt: Verzeihen und loslassen
    Im nächsten Schritt wäre dann der Verletzte wieder am Zug, indem er seinem Partner aktiv verzeiht. Das kann ihm je nach gefühlter Intensität der Kränkung mal leichter oder mal schwerer fallen. Insbesondere bei massiven Vertrauensbrüchen und/oder »Seitensprüngen« brauchen Partner oft viel Zeit und Kraft, um diese bearbeiten und verzeihen zu können.
    Dem Partner etwas zu verzeihen, bedeutet auch, ihn aus der Rolle des »Schuldigen« zu entlassen und seine eigene Opferrolle aufzugeben. Das ist insofern kein leichter Schritt, als man damit auch eine gewisse Machtposition aufgibt: Denn der »Verletzer« ist moralisch betrachtet in der Bringschuld, also in einer submissiven Position. Wenn der Verletzte ihm nun vergibt, so ist die Gleichwertigkeit zwischen beiden wiederhergestellt.
    Will jemand allerdings das Machtgefälle zwischen den Partnern aufrechterhalten, indem er sich selbst dauerhaft zum Opfer stilisiert und den anderen zum Schuldigen, also zum Täter erklärt, so wird er wohl auch nicht aufrichtig verzeihen können.
    Nachdem Frau P. die Reaktion ihres Mannes besser nachvollziehen konnte, war ihr auch möglich, die Vorstellung loszulassen, er habe kein Interesse an ihr und liebe sie womöglich gar nicht richtig. Siekonnte ihm dann auch seine als lieblos und aggressiv empfundene Reaktion »verzeihen«. So hatten die Partner beide dafür gesorgt, das Problem aus dem Weg zu schaffen.
----
Wie kann ich dir helfen, mir zu verzeihen? Wie Wiedergutmachung geht
    Wenn es dem verletzten Partner offensichtlich schwerfällt zu verzeihen, könnte der Partner ihm Hilfe in Form einer Wiedergutmachung anbieten. Dieser Akt kann beiden Beteiligten helfen, die Sache zu bereinigen und endgültig ad acta zu legen.
    Vorteile der Wiedergutmachung sind:
Der Verursacher der

Weitere Kostenlose Bücher