Liebe, Lust und Lesebrille
konnte, so kommen die damit verbundenen unangenehmen Gefühle wie ein Bumerang immer wieder zurück: Die alten Schmerzen werden dann sofort wieder aktiviert, wenn neue, ähnliche Schwierigkeiten auftauchen. Eine Klärung dieser aktuellen Probleme ist dann häufig erschwert.
Verletzungen aus der gemeinsamen Vergangenheit, die noch nicht verheilt sind, stehen sehr oft zwischen zwei Partnern und verhindern echte Nähe, tiefes Vertrauen und gemeinsames Weiterwachsen. In manchen Beziehungen haben sich manchmal über Jahre hinweg Aggressionen aufgestaut, deren Herkunft sich im Rückblick nur noch schwer orten lassen. Meistens sind sie auf Kränkungen zurückzuführen, die irgendwann einmal stattgefunden haben und dann vermeintlich in Vergessenheit geraten sind. In Wirklichkeit haben sich diese ganzen Reste im Unbewussten angesammelt und gären dort vor sich hin. Aus dieser Masse Unverarbeitetem entsteht dann ein nicht zu verachtendes Aggressionspotenzial, welches sich nicht selten irgendwann in gegenseitiger Ignoranz oder Gewaltausbrüchen äußert und einer Beziehung schließlich auch den Todesstoß versetzen kann.
Besonders wenn die Kinder groß werden und das Elternhaus verlassen, liegt die Versuchung nahe, die Partnerschaft aufzukündigen und sich nicht nur vom Partner, sondern damit (hoffentlich) auch von den alten Wunden zu verabschieden. So kann eine Trennung auch zu einer Art Rachefeldzug werden, wenn z. B. der andere gar nicht weiß, warum er nun nach all den Jahren plötzlich verlassen werden soll. Die oftmals versteckt und auch durchaus aggressive Botschaft lautet dann: »Du hast mich all die Jahre missachtet/gekränkt/ … und mich damit so verletzt, dass ich dich jetzt auch verletze.«
Massive Kränkungen in einer langjährigen Partnerschaft können z. B. sein:
ein »Seitensprung«, der vom Paar nicht miteinander verarbeitet wurde,
dauerhafte Vernachlässigung eines Partners und seiner Wünsche,
dauerhafter Mangel an Aufmerksamkeit und Achtsamkeit,
dauerhafte Verweigerung von Nähe, Sex und Intimität,
häufige Lieblosigkeit,
häufiges entwürdigendes und entwertendes Verhalten,
häufige Demütigungen und Vorwürfe,
ständiges Misstrauen und Kontrollzwang,
häufige offene und versteckte Provokationen,
verbale und körperliche Übergriffe.
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Offene Rechnungen begleichen, alte Wunden heilen: Kleine Anleitung für das Verzeihen
Fast jedes Paar hat offene Rechnungen miteinander und schleppt unverarbeitete Konflikte mit sich herum. Schon deshalb sollte man sich gelegentlich mit der Vergangenheit beschäftigen. Besonders, wenn es darum geht, das Fundament für weitere gemeinsame Jahre zu gießen, sollten alte Zwistigkeiten und Kränkungen miteinander geklärt werden. Machen Sie also jetzt reinen Tisch miteinander! Das wühlt zwar zunächst alten Staub wieder auf, kann aber eine Partnerschaft auf Dauer entlasten und beleben.
Prüfen Sie also:
Was hat mich in unserer Partnerschaft besonders gekränkt? Was hängt mir noch nach?
Wie und womit habe ich meinen Partner/meine Partnerin besonders gekränkt?
Wie sind wir damit umgegangen?
Was muss als Thema nochmals auf den Tisch, damit ich meinen Frieden damit finden kann?
Was muss für meinen Partner/meine Partnerin nochmals auf den Tisch, damit er/sie seinen Frieden damit finden kann?
Kommen Sie über diese Fragen miteinander ins Gespräch.
Achten Sie bitte darauf, dass Sie genug Zeit und Ruhe haben und nehmen Sie sich zunächst ein einziges Thema vor.
Anmerkung: Nutzen Sie diese Übung bitte keinesfalls, um in einem Rundumschlag à la »Was ich dir schon immer mal sagen wollte« alles auf den Tisch zu packen, was Sie an Ihrem Partner schon immer gestört hat. Suchen Sie sich hingegen gezielt die wichtigsten Themen aus, also das, was Sie vielleicht immer noch als schmerzliche offene Wunde empfinden und was sozusagen »obenauf« liegt.
Erster Schritt: Teilen Sie Ihrem Partner mit, was genau Sie gekränkt hat
Sprechen Sie alte, unverheilte Verletzungen innerhalb der Partnerschaft unbedingt an. Es nutzt nichts, solche Gefühle herunterzuspielen oder zu verstecken. Sie werden zwar oft vermeintlich erfolgreich verdrängt und tauchen im Alltag dann nicht mehr häufig auf. Sie verlieren aber dadurch nicht an Kraft und Wucht. Im Gegenteil: Alles, was wir an Verletzungen unverarbeitet wegstecken, kommt irgendwann später als Rachelust oder Aggression wieder zum Vorschein. Und dann ist es für eine gemeinsame Bereinigung oder Klärung oft zu spät. Geben Sie also Ihrem
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