Liebe, Lust und Lesebrille
die Erziehung, also misch dich da jetzt nicht ein. Computerverbot ist doch außerdem eine total blöde Strafmaßnahme.« Herr P. ist wütend, verlässt das Zimmer und zieht sich den Rest des Abends zurück.
Was sich hier abspielt, ist ein klassischer Machtkampf: Wer hat in diesem Haus etwas zu sagen? Doch wie ist dieser Machtkampf entstanden?
Dieser für das Ehepaar P. relativ typische Konfliktdialog basierte auf gegenseitiger Enttäuschung und mündete durch seine Wiederholung in einem Teufelskreis: Herr P. war oft aus beruflichen Gründen abwesend, aber auch aus anderen Gründen oft mental nicht präsent für seine Familie, was seine Frau sehr frustrierte. Sie fühlte sich durch sein Verhalten alleingelassen.
Wenn er sich nun in die Erziehung »einmischte«, die er in den letzten Jahren überwiegend ihr zugeschustert hatte, wertete sie sein Verhalten als»unpädagogisch« ab und entmachtete ihn damit sozusagen als Vater. Diese Aggression speiste sich (unbewusst) aus ihrer Frustration. Herr P. fühlte sich dadurch herabgewürdigt, was ihn wiederum flüchten ließ. Damit ging das ganze Spiel dann von vorne los.
Problematische Kommunikationsmuster: Das bedeutsame Schweigen (nicht nur) der Männer
Besonders Männern eilt ja der Ruf voraus, nicht gerne viel zu reden, und schon gar nicht über Gefühle. Das stimmt aber nur zum Teil. Sicher sind Männer oft anders sozialisiert worden als Frauen und vielleicht sind sie weder Plappermäulchen noch Plaudertaschen. In Beratungen erlebt man auch tatsächlich immer wieder, dass Männer es zunächst nicht gewohnt sind, über ihre Empfindungen und Wünsche zu sprechen.
Eine andere Erfahrung ist aber auch, dass manche Frauen zwar viel reden, aber manchmal auch gerne »drum herum«. Reden an sich bedeutet also nicht zwangsläufig auch die Kommunikation wesentlicher Themen. Es gibt sowohl männliche als auch weibliche Menschen, die pausenlos reden und trotzdem irgendwie »sprachlos« sind.
In der Arbeit mit Paaren zeigt sich oft, dass Männer nach anfänglichen Zweifeln und Zögerlichkeiten sehr wohl in der Lage sind, konstruktiv an der Beziehung zu arbeiten und sich emotional zu öffnen. Oft brauchen sie regelrecht die Legitimation, sich zu äußern, wenn sie zum Beispiel das Gefühl haben, ihre Meinung habe ohnehin kein Gewicht.
Manchmal fühlen sich Männer auch unter Druck gesetzt, wenn ihre verbalakrobatisch begabteren Frauen sie immer wieder auffordern, nun »doch endlich auch mal etwas zu sagen«. Da ist es allemal leichter, sich wieder in die gewohnte Sprachlosigkeit zu flüchten. Mit Druck und Vorwürfen ist hier nicht viel zu erreichen.
Hier kann ein gangbarer Weg die bewusste Selbsteröffnung sein. Dabei geht es darum, etwas Wesentliches von sich zu zeigen, ohne eine entsprechende Gegenleistung oder eine besondere Reaktion zu erwarten. Etwa einen Wunsch zu äußern oder ein Gefühl zu beschreiben: »Ich fühle mich in unserer Partnerschaft manchmal unsicher …/Ich wünsche mir, dass wir …« Es gehört ein gewisser Mut dazu, weil Sie nicht sicher sein können, wie Ihr Partner darauf reagiert, Sie machen sich also verletzbar.
Wichtig ist dabei allerdings, dass Sie keinesfalls versteckte Du-Botschaften und Vorwürfe einbauen (»Es würde mir besser gehen, wenn du dich anders verhalten würdest«) oder Ihren Partner auf eine andere Weise manipulieren wollen. Überlegen Sie also sehr genau, was Sie sagen wollen. Bedenken Sie: Es geht nur darum, Ihrem Partner etwas von sich mitzuteilen, nicht darum, ihn zu etwas zu bewegen. (Eine erweiterte und ritualisierte Form dieser Kommunikationsform sind die Zwiegespräche, die Sie im Abschnitt »15 Tipps, um die Liebe lebendig zu halten und gemeinsam zu wachsen« in Kapitel 6 kennenlernen werden.)
Weiterhin ist es wichtig, auch genau zuzuhören, wenn der ansonsten stillere Partner etwas sagt, und sich vielleicht auch mal den ein oder anderen Kommentar zu sparen. Wenn der sprachgewandtere Partner nämlich anfängt, das Gesagte nach seiner Façon zu interpretieren, es für blöd zu erklären oder gar zu widerlegen, vergeht ja irgendwann jedem die Lust, sich mitzuteilen.
Der bekannte Kommunikationswissenschaftler Paul Watzlawick sagte einst sehr treffend: »Man kann nicht nicht kommunizieren.« Man sagt immer etwas, auch wenn man nichts sagt. Werfen Sie also auch einmal einen Blick auf Ihre gegenseitige nonverbale Kommunikation:
Was sagt mein Partner, wenn er nichts sagt?
Welche Signale sendet er mir nonverbal? Sind es Zeichen
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