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Liebe, Lust und Lesebrille

Liebe, Lust und Lesebrille

Titel: Liebe, Lust und Lesebrille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Roemer
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Angst vor Nähe.
Gefühlte Provokation: Vorwürfe und Projektionen in der Partnerschaft
    Erinnern Sie sich daran, was Sie an Ihrem Partner/Ihrer Partnerin in der ersten Zeit der Verliebtheit am tollsten fanden? Was hat Sie fasziniert? Und wie sieht es heute aus? Gefallen Ihnen diese Eigenschaften immer noch so gut wie am Anfang? Oder hat sich hier etwas verändert?
    Erfahrungsgemäß werden diejenigen Eigenschaften, die uns anfangs am anderen so begeistert haben, zu denen, die uns irgendwann am meisten nerven. Wir verlieben uns unter anderem in diese Eigenschaften, weil sie in uns selbst unterentwickelt sind und uns der Partner damit sozusagen komplettiert. Das kann aber später zu Problemen führen, wenn ich diese Eigenschaften in mir eigentlich auch gerne entwickeln würde, dies aber aus bestimmten Gründen nicht schaffe. Spätestens wenn ich merke, dass ich auch gerne optimistisch drauf sein möchte, mich meine pessimistische Grundhaltung aber daran hindert, fange ich an, diesen Optimismus in Blauäugigkeit oder Naivität umzudeuten. Was ich vorher toll fand, ist jetzt eine Macke des Partners geworden, die es abzuwerten gilt. Statt bewusst an meiner eigenen optimistischen Grundhaltung zu arbeiten, ist es leichter, den Partner und seinen Optimismus für »blöd« zu erklären.
    Auch neigen wir dazu, unliebsame eigene Anteile auf den Partner/die Partnerin zu projizieren. Wie verlagern sozusagen unsere eigenen Schwächen, die wir selber an uns nicht wahrnehmen wollen, in den Partnerund bekämpfen dort dann diese Anteile. Insofern ist es leicht nachzuvollziehen, dass Vorwürfe an den Partner eigentlich immer auch Selbstvorwürfe sind.
    Prüfen Sie also gelegentlich:
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    Welche Eigenschaften spalte ich ab?
Welche Eigenschaften oder Eigenarten meines Partners/meiner Partnerin finde ich besonders nervig? Wenn ich selber diese Eigenschaften hätte, wie würde sich das anfühlen?
Was werfen Sie Ihrem Partner/Ihrer Partnerin häufig vor?
Was könnte das mit Ihnen zu tun haben?
Welche Gefühle und Einsichten über sich selbst könnten Sie damit vielleicht abwehren?
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Reinszenierungen: Dauerkonflikte als Problemlösungsstrategie
    In der Partnerwahl liegt ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis vieler Paarkonflikte: Es ist ja schließlich kein Zufall, warum wir uns unseren Partner/unsere Partnerin ausgewählt haben. Psychologisch betrachtet hat unser Partner nämlich immer etwas mit unseren eigenen Sehnsüchten und Entwicklungsbedürfnissen zu tun. Oft bringen z. B. die Partner Eigenschaften der eigenen Eltern mit, an denen wir uns dann hemmungslos abarbeiten können.
    So neigt die Tochter eines depressiven Vaters vielleicht dazu, sich wieder einen latent depressiven Mann zu suchen. Der Grund für diese unbewusste Suche nach bekannten Mustern aus der Herkunftsfamilie hat zwei Gründe: Erstens kennt man sich mit den Verhaltensmustern aus und scheint deshalb für diesen Menschen ein kompetenter Partner sein zu können. Der Tochter eines Depressiven wird es nicht schwerfallen, die Stimmungen Ihres ebenfalls depressiven Mannes zu erspüren; in ihrer Herkunftsfamilie hatte sie über die Jahre gelernt, damit umzugehen. Sie hatte gelernt, eigene Glücksgefühle zu unterbinden, die eigenen Bedürfnisse hintenanzustellen, Rücksicht zu nehmen usw.
    Andererseits sucht sie in dieser Verbindung unbewusst die Möglichkeit, aus dem gewohnten Muster auszusteigen. Die Reinszenierung alter Konflikte ist also letztlich kein Selbstzweck, sondern soll deren Auflösung und Überwindung dienen. So könnte diese Frau des depressiven Mannes nach einer Weile merken, dass sie nicht mehr gewillt ist, immer ihre Bedürfnisse zurückzustecken. Sind beide Partner in der Lage, diesen Teufelskreis zu durchbrechen, könnte die Frau völlig neue Erfahrungen machen, z. B. die Erfahrung, dass sie in der Ehe ihre Glücksgefühle nicht unterdrücken muss, weil der Mann jetzt eine Therapie macht und von ihr nicht mehr solche Opfer verlangt.
    In der Reinszenierung alter, schwieriger Situationen schlummert also immer auch die Möglichkeit der Überwindung der alten Muster. Sie ist insofern eine riesige Chance, mit- und aneinander zu wachsen.
    Weil vielen Paaren aber diese Struktur ihrer Partnerschaft nicht bewusst ist, verlaufen diese Lösungsversuche oft im Sand. Erst, wenn die Grundkonflikte des Paares gefunden sind, kann langsam ein Bewusstwerdungsprozess in Gang kommen und dann eine konstruktive Veränderung stattfinden.
So kommen Sie den eigenen

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