Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liebe, Lust und Lesebrille

Liebe, Lust und Lesebrille

Titel: Liebe, Lust und Lesebrille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felicitas Roemer
Vom Netzwerk:
Sie laut und bewusst beide Satzpaare:
    »Mein Partner liebt mich, aber er ist oft mit den Gedanken woanders.«
    »Mein Partner liebt mich. Und er ist oft mit den Gedanken woanders.«
    »Ich liebe dich, aber manchmal gehst du mir richtig auf die Nerven.«
    »Ich liebe dich. Und manchmal gehst du mir richtig auf die Nerven.«
    Spüren Sie einen Unterschied? Der Unterschied besteht darin, dass ein »Aber« die vorangegangene Äußerung in ihrer Aussagekraft einschränkt, sie kleinmacht. Sie kennen das: Kein Mensch fühlt sich mehr rundum geliebt, wenn nach der Aussage »Ich liebe dich« ein dickes »Aber« hinterhergeschickt wird. Denn dieses bedeutungsschwere »Aber« läutet ein Bedenken ein, eine Relativierung und Entwertung des vorher Gesagten.
    In der Aussage »Mein Partner liebt mich. Und er ist oft mit den Gedanken woanders« haben die Zuneigung des Partners und die Gedankenabwesenheit nicht zwangsläufig etwas miteinander zu tun. Sein Verhalten wird von seinem Gefühl Ihnen gegenüber abgekoppelt. Es dürfen auch vermeintliche Gegensätze einfach stehen bleiben. Etwa: »Ich bin sehr gerne mit dir zusammen, und ich bin auch gerne allein (oder mit Freunden unterwegs).«
    Schreiben Sie nun spontan fünf Sätze über Ihren Partner oder Ihre Partnerschaft auf, in denen die Konjunktion »aber« vorkommen (alternativ geht natürlich auch »jedoch« oder »doch«).
    Ersetzen Sie in einem zweiten Durchgang jeweils »aber« durch »und«. Lesen Sie sich diese Sätze laut vor und spüren Sie nach. Merken Sie den Unterschied?
----
Anmerkung: Vielleicht halten Sie solche sprachlichen Kleinigkeiten für unwichtige Nebensächlichkeiten. Sind sie aber nicht. Denn unsere Sprache repräsentiert auch unsere Haltung und unsere Denkweise. Und umgekehrt kann Sprache auch unsere Haltung beeinflussen, wenn wir uns auf diesen Prozess einlassen. Deshalb sind kleinere Übungen in Bezug auf Formulierungen natürlich nicht der Weisheit letzter Schluss, aber sie bewirken immerhin eine kleine Bewusstseinsveränderung. Und diese kleine Wendung in uns selbst kann größere Auswirkungen haben, als man zunächst glaubt.
Häufige Grundkonflikte von Paaren: Kollusionen und andere haarige Konstellationen
    Der Grundkonflikt eines Paares resultiert in erster Linie aus den Grundkonflikten der einzelnen Partner. Oft schleppen diese übrigens den gleichen Grundkonflikt mit sich herum, ohne das zu ahnen.
    Der bekannte Paartherapeut Jürg Willi hat diese sehr häufige Konstellation Kollusion genannt: Es treffen zwei Menschen mit demselben Grundkonflikt aufeinander, sie verhalten sich aber komplementär zueinander, so dass man den Eindruck gewinnen könnte, die beiden Partner seien extrem unterschiedlich und hätten sehr verschiedene Ansichten und Probleme. Dabei sind ihre Grundkonflikte aber in Wirklichkeit ähnlich, sie vertreten nur deren polarisierte Positionen. Ihre unterschiedlichen Verhaltensweisen sind sozusagen nur zwei Seiten einer Medaille.
    Ein Beispiel:
    Frau und Herr B. sind seit 21 Jahren ein Paar. Sie haben zwei fast erwachsene Kinder und in der letzten Zeit ständig Streit miteinander. Weil sie nicht mehr weiterwissen, suchen sie eine Beratung auf.
    Frau B. hat vor einigen Jahren eine Weiterbildung absolviert und möchte jetzt verstärkt auf Jobsuche gehen. Herr B. befürwortet das, unterstützt ihr Vorhaben aber nicht aktiv. Sie fühlt sich von ihm nach all den Jahren, die sie sich der Familie gewidmet hat, überhaupt nicht angemessen unterstützt und ist entsprechend frustriert.
    In der Beratung stellt sich heraus, dass auch Herr B. sich in seinen beruflichen Anstrengungen von seiner Frau schon seit Jahren nicht mehr unterstützt fühlt. »Du hast ja auch nie etwas erzählt, was hätte ich da denntun können?«, kontert Frau B. Herr B. gibt zu, wenig von seinem Beruf erzählt zu haben, weil er es »unwichtig« fand.
    Beide Partner leiden darunter, vom jeweils anderen nicht wahrgenommen und unterstützt zu werden. Bei genauerer Analyse der jeweiligen Herkunftsfamilien zeigt sich, dass beide, Herr B. als auch Frau B., schon als Kinder das Gefühl hatten, nicht richtig wahrgenommen zu werden. Ihre Gefühle hatten sozusagen schon Tradition.
    Mit dieser Erkenntnis wuchs das gegenseitige Verständnis. Sie wurden etwas feinfühliger im Umgang miteinander, und obwohl der Grundkonflikt bestehen blieb, konnten sie nach und nach gelassener damit umgehen.
Rivalität und Verlustängste: Wie Neid in Partnerschaften entsteht
    Paare, die miteinander

Weitere Kostenlose Bücher