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Liebe macht blind - manche bleiben es

Liebe macht blind - manche bleiben es

Titel: Liebe macht blind - manche bleiben es Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Nöstlinger
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empfinden und gekauft haben, gebührend bewundern.
    Theoretisch sind wir dazu auch sehr bereit. Wir sind ja tolerant.
    Wenn sich Kitti mit ihren 100 Kilo und ihren 45 Lenzen im rosa Rüschelkleid wohlfühlt, ist das ihre Sache. Wenn Kurt sein Genossenschaftskämmerlein im Neo-Hazienda-Stil möbliert, wem tut es weh? Und Otto soll sich ruhig an der Essig & Öl-Zigeunerin erfreuen, die er samt Plastik-Barock-Rahmen im winterlich zweckentfremdeten Eissalon erstanden hat!
    Peinlich wird die Angelegenheit erst, wenn uns die guten Leute vor das Ölbild und ins spanische Kolonialzimmer führen oder sich in der Rüschenpracht vor uns drehen und auf positive Stellungnahme harren. Natürlich gibt es Leute, die dann das Verlogenste, ohne schamrot zu werden, formulieren. Aber der nur durchschnittlich unehrliche Normalbürger gerät entsetzt ins Stammeln und bringt nur ein vages „Oh, wie nett“ zuwege und merkt, dass er nicht überzeugend wirkt.
    Manche Leute schaffen nicht einmal das.
    Erstarrt stehen sie vor dem, was ihre Freunde für „schön“ halten, und sind keines Wortes fähig. „Na?“, werden sie bedrängt. „Ist doch schön! Oder gefällt es dir nicht?“, bohren die Besitzer von Brokat-Telefon-Überzügen, Plastik-Stukkaturdecken, Pseudo-Gotik-Lüstern und grün erhellten Zimmerspritzbrunnen und Motorradhelm-Lampen.
    Warum fällt uns eigentlich der Satz: „Mir gefällt das nicht!“ so schwer?
    Eine alte Freundschaft wird schließlich noch ein abfälliges Urteil über einen Elefantenfuß-Schirmständer aushalten. Zum Ausgleich könnte ja der Schirmständerbesitzer endlich kundtun, dass ihm unsere Hinterglaskatze reichlich kitschig vorkomme.
    Doch wahrscheinlich ist es gerade diese Konsequenz – Wahrheit gegen Wahrheit –, die uns zum Heucheln bringt. Denn unsere Hinterglaskatze – also wirklich! –, die ist „echt süß“, die hat einen Katzenblick, der uns ans Herz geht. Wie kann uns jemand unterstellen, uns gehe Kitsch ans Herz? Das kann gar nicht sein, weil wir nämlich kein verkitschtes Gemüt haben, und nur verkitschte Gemüter lieben kitschigen Zierat!
    Unserer Freunde negatives Urteil träfe also nicht bloß ein DIN A4 großes Stück bemaltes Glas, sondern unser ganzes Wesen.
    Und das täte sehr, sehr weh!

Spülmittel für raue Männerhände
    Unter den vielen dummen Fernsehwerbespots, die mich ärgern, gibt es einen Langzeit-Renner, der, so oft ich ihn auch sehen und hören muss, nichts von seinem negativen Reiz für mich einbüßt.
    Ich meine den, wo eine blonde Dame zur Handpflegerin kommt und die Handpflegerin die Hände der Dame inspiziert und sich darüber freut, dass die Dame nun keine raue Haut mehr auf den Handerln hat.
    Die Dame erklärt die neuerdings so gute Hautqualität damit, dass seit geraumer Zeit ihr Ehemann den Abwasch mache. Worauf die Hautpflegerin dreinschaut, als habe sie ganz entsetzliche Kunde vernommen, und konsterniert und kulleräugig fragt: „Ihr Mann?“
    Und dann schaut die Blonde beschämt, doch gleich darauf wird sie wieder froh, denn die Handpflegerin verrät ihr die Marke eines Geschirrspülmittels, welches nicht nur das Geschirr blitzsauber macht, sondern auch ein wahrer Handbalsam ist.
    Na fein! Jetzt braucht der Ehemann der Dame seine männlichen Männerhände nicht mehr ins Abwaschwasser zu tauchen!
    Welch wirres Gehirn, frage ich mich, meinte, mit dieser Botschaft auf heutige Frauen positiven Eindruck zu machen?
    Hat sich in den Werbeagenturen noch immer nicht herumgesprochen, dass die Frauen heutzutage – alte wie junge – daran interessiert sind, ihre Ehemänner an der Hausarbeit so weit als möglich zu beteiligen?
    Auch wenn sie überhaupt keine Probleme mit ihren Händen und deren Rauheit haben?
    Warum eigentlich kommen die Werbeleute nicht endlich auf die zeitnahe Idee, den Männern ein Geschirrspülmittel anzudienen? Vielleicht mit einem Slogan wie: „Harter Dreck braucht harte Hand!“ Oder: „Raue Pranken lieben weiches Wasser!“
    Kaum eine Frau, glaube ich, würde den Supermarkt verlassen, ohne das Spezialspülmittel für den modernen Mann eingekauft zu haben.
    Die Werbeherren müssten das eigentlich wissen. Aber vielleicht haben sie Angst, die eigene Ehefrau könnte ihnen dann auch so eine Flasche nach Hause bringen.

Zwiegespräch mit Bauch und Glatze
    Nachstehendes hat nur insofern mit „Haushalt“ zu tun, als es meinen Gefühlshaushalt zum Sieden brachte; was sich wiederum auf meinen Haushalt auswirkte, weil ich nur in sanfter

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