Liebe Mathematik, löse deine Probleme bitte selber - verblüffend einfache Lösungen für Mathematik im Alltag
ihm. Mit Genugtuung blickt er durch seine dicken Brillengläser auf die sauberen Zahlenkolonnen in Bernadettes Heft und macht ein paar Häkchen daneben. Mit festem, gemessenem Schritt wandert er im Klassenzimmer umher und bemerkt zufrieden die angestrengten Mienen der Kinder, die mit Zettel und Stift große Zahlen miteinander multiplizieren. Mr. Barton erlaubt im Unterricht keine Taschenrechner. Die würden nur den Spaß verderben.
Aber in der letzten Bank stimmt etwas nicht. Charlie hat zu schreiben aufgehört und sich mit dem Stuhl gegen die Wand gelehnt. Schnell eilt Mr. Barton zu ihm und beugt sich über Charlies schmuddeliges Heft, dessen Seiten mit Marmeladeflecken und den Körpern zerquetschter Insekten übersät sind. Mit offenkundigem Ekel überfliegt er Charlies letzte Eintragungen. Ein Ausdruck totaler Verständnislosigkeit breitet sich über Mr. Bartons Gesicht aus. Er beugt sich vor und streicht Charlies Arbeit mit dicken roten Strichen durch. »Schau an die Tafel, Charlie«, grummelt er. »Schau doch hin. Man teilt nicht
einfach die Zähler und die Nenner. Nein, nein, nein … Man dreht den zweiten Bruch um und multipliziert dann jeweils die Zähler und die Nenner. Ganz einfach. Nachdenken, Junge, nachdenken!« Wütend vor sich hin grummelnd setzt Mr. Barton seine Runde durchs Klassenzimmer fort.
Verwirrt schüttelt Charlie den Kopf. All diese Regeln purzeln in seinem Gehirn durcheinander. Er weiß, wie man Brüche addiert und subtrahiert, da gab es eine Regel, dass man die kleinste Zahl finden müsse, in die beide Zahlen des Nenners hineingehen. Multiplizieren kann er auch, das ist einfach, man multipliziert einfach jeweils die Zähler und die Nenner. Und nun sollen für das Dividieren von Brüchen wieder neue Regeln gelten? Aber wie soll sich ein Mensch merken, welche Regel wann gilt? Und warum sind sie überhaupt alle verschieden? Er macht sich erneut an seine Aufgaben. Wie ging das noch mal? Was musste er wenden?
32.
Welcher Bruchteil der unten stehenden Figur ist grau markiert?
Charlie ist nicht der Erste, der beim Bruchrechnen den Überblick verliert. Brüche waren schon immer schwierig. Dabei wirken sie auf den ersten Blick so vernünftig. Ich erinnere mich
noch, dass mir Bruchrechnen anfangs gefiel, weil man immer Flächen ausmalte. Das machte mir Spaß. Sorgfältig malte ich mit meinem dunkelblauen Buntstift, bis ich drei von vier Quadraten ausgefüllt hatte. Ich achtete peinlich genau darauf, nicht über die Begrenzungslinien hinaus zu malen, aber immer passte ich eine Sekunde nicht auf, und schon machte sich der Stift selbstständig und hinterließ einen hässlichen blauen Kringel außerhalb der auszufüllenden Quadrate.
Die meisten Leute verstehen das Prinzip von Hälften, Vierteln und überhaupt von einfachen Brüchen problemlos. Sind Brüche doch im Grunde nur praktische Hilfsmittel beim Aufteilen von Dingen. Man muss eine Pizza unter fünf Leuten teilen? Na, dann schneidet man sie in fünf gleiche Stücke. Jedes Stück entspricht einem Fünftel der Pizza, und die Stücke lassen sich mühelos zusammenzählen.
Wenn einer Ihrer Freunde auf Diät ist und ein anderer einen Mordshunger hat, darf zum Beispiel der Hungrige zwei Stücke nehmen und somit zwei Fünftel der Pizza essen. Wenn der Fresssack dann immer noch nicht satt – und außerdem ziemlich frech – ist, kann er über den Tisch langen und einem seiner Freunde dessen Stück wegschnappen. Dann hat er drei Fünftel der Pizza vertilgt. Wenn ihm das noch nicht langt und ihm der Ärger seiner Freunde wurst ist, kann er sich ein weiteres
Stück grapschen. Dann hat er vier Fünftel der Pizza verdrückt. Und wenn er ein total egoistischer Psychopath ist, verschlingt er vielleicht die ganze Pizza. In diesem Fall hätte er fünf Fünftel der Pizza gegessen, was einer ganzen Pizza entspricht.
Mit den soeben erfundenen »Fünfteln« lässt sich nun beliebig spielen. Sechs Fünftel entsprechen einer ganzen Pizza und einem Fünftel-Stück. Zwanzig Fünftel sind nichts anderes als vier ganze Pizzen. Und so weiter. Sie müssen auch nicht bei Pizzen bleiben, Sie können das Prinzip überall anwenden. Sie dürfen bloß nicht vergessen, in fünf GLEICHE Stücke zu teilen. Ein Fünftel eines Meters. Ein Fünftel einer Sekunde. Ein Fünftel eines Buchs. Ein Fünftel eines Affen …
Es gibt eine unendliche Anzahl von möglichen Bruchteilen. Sie erzeugen sie, indem Sie eine Menge in eine beliebige Zahl gleicher Stücke teilen. Zum Beispiel:
Weitere Kostenlose Bücher