Liebe mich! Liebe mich!
haben. Keiner hat das Recht, mich hier festzuhalten.”
Da war er wieder, der scharfe Schmerz, der ihn in den letzten fünfzehn Jahren immer wieder überfallen hatte. Sie hatte die Stadt verlassen, die Menschen hier, hatte ihn verlassen, ohne sich auch nur ein einziges Mal umzusehen. Sie hatte es ohne Bedauern getan und keinen Gedanken daran verschwendet, was hätte sein können.
“Danke, das habe ich begriffen!” Zorn stieg in ihm auf. “Ich bin … ich meine, wir sind in deinem Leben also vollkommen ohne Bedeutung!”
Das hatte gesessen. Sie sah ihn traurig an. Nun hatte er alles verdorben.
Wie konnte er nur? Sie hatte doch keine Schuld, dass das Erlebnis mit ihr im Fluss ihn für sein ganzes Leben geprägt hatte und er seitdem die Hoffnung nie aufgegeben hatte, sie für sich zu gewinnen. Sie empfand eben anders.
Er streckte die Hand aus. “Robin …”
“Du kennst mich überhaupt nicht”, sagte sie leise.
Er dachte daran, wie sie damals auf ihn reagiert hatte, wie sie sich an ihn geklammert hatte, ihn geküsst und ihn angefleht hatte, sie zu lieben. Damals hatte sie ihm gehört, zumindest für ein paar Minuten.
“Du irrst dich”, sagte er. “Ich weiß alles von dir, was wichtig ist.”
4. KAPITEL
Robin nahm vorsichtig der Stute die Trense aus dem Maul, dann brachte sie das Zaumzeug in Jakes gut aufgeräumte Scheune.
Was hatte er damit gemeint, er wisse das von ihr, was wichtig sei? Er kannte sie doch überhaupt nicht. Aber als sie seinen durchdringenden Blick bemerkt hatte, hatte sie für einen kurzen schrecklichen Moment das Gefühl gehabt, er würde genau sehen, was sie dachte und fühlte.
Warum war sie bloß so dumm gewesen, mit ihm auszureiten? Hatte sie geglaubt, fünfzehn Jahre könnten einfach so ausgelöscht werden für eine schnelle Nummer auf der blühenden Wiese? Sie hätte wissen müssen, dass in Bezug auf Jake nichts einfach war.
In seiner Gegenwart hatte sie das Gefühl gehabt, sich verteidigen zu müssen. Mit wenigen Bemerkungen hatte er erreicht, dass sie das in Frage stellte, was ihr bisher immer wichtig gewesen war. Deshalb würde es für ihr seelisches Gleichgewicht notwendig sein, sich in Zukunft von ihm fernzuhalten.
Jakes Stiefelabsätze knallten hart auf den Holzboden.
Robin drehte sich schnell um.
“Wollen wir darüber sprechen?”, fragte er.
“Worüber?” Sie wandte sich ab und wollte rasch an ihm vorbeigehen. Es war sinnlos, die ganze Sache noch einmal aufzurollen. Er war mit dem Kleinstadtleben zufrieden, sie fühlte sich in der weiten Welt zu Hause. Mehr gab es dazu nicht zu sagen.
Mit einem schnellen Schritt vor die Tür versperrte er ihr den Weg. “Über die Leiche im Keller”, antwortete er.
Sie sah ihn verblüfft an. “Was für eine Leiche?”
“Na, die, die wir beide vergraben haben und am liebsten nie wieder hervorholen würden.”
“Tut mir leid, ich habe keine Ahnung, was du meinst.” Das war glatt gelogen.
“Erzähl mir doch nicht, dass du dich nicht daran erinnerst.” Er kam näher.
Sie schluckte und trat einen Schritt zurück.
Er machte einen weiteren Schritt nach vorn. “Ich kann mich nämlich noch an jede Sekunde erinnern. Ich weiß noch genau, wie du aussahst und wie du dich angefühlt hast. Ich erinnere mich an deine Stimme, an deinen Duft …”
“Jake …” Ihre Stimme zitterte. “Hör auf.”
“Warum?”
“Du machst mich wütend.” Du machst mir Angst, hatte sie eigentlich sagen wollen. Außerdem hatte sie Angst vor dem, was sie selbst tun könnte. Die sexuelle Spannung zwischen ihnen, kaum dass sie zusammen waren, war so ungemein stark.
“Ich weiß. Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass du vor fünfzehn Jahren beinahe mit mir geschlafen hättest.”
“Ich erinnere mich.” Und wie! Sie hatte die Situation noch genau vor Augen.
“Das will ich auch hoffen.” Er blickte auf ihren Mund.
Es war unverkennbar, dass er sie begehrte und entschlossen war, sich diesmal nicht abweisen zu lassen. Sie geriet fast in Panik. Denn wenn er sie küsste, dann, das wusste sie genau, würde das, was vor fünfzehn Jahren nicht geschehen war, gleich hier und jetzt auf dem Holzboden der Scheune passieren.
“Ich habe dir nie gedankt”, sagte sie schnell.
“Gedankt? Wofür?”
“An dem Abend hast du dich wie ein Gentleman verhalten, und ich habe dir nie dafür gedankt. Also danke!”
Er sah sie scharf an. “Möchtest du, dass ich dich küsse?”
“Nein.” Dieses eine Wort kostete sie eine ungeheure
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