Liebe mich so wie damals
warst, als sie bei dem Autounfall gestorben ist? Es ist so lange her, und du warst noch ein Kind. Manchmal ist es ganz heilsam, dass die Zeit manche Spuren verwischt. Es macht vieles leichter.“
„Da hast du wohl recht.“ Sie sah eine Weile starr vor sich hin. In Aspen hatte sie ihm von sich und ihrer Familie erzählt. Aber von ihm, fiel Arielle jetzt auf, wusste sie so gut wie nichts. Er war der Chef eines großen Unternehmens, hatte eine Schwester namens Lana und einen kleinen Neffen, der bei ihr auf die Vorschule ging. Das war eigentlich schon alles. Zach hatte aus seiner Vergangenheit bisher kaum etwas preisgegeben.
Arielle hob den Kopf und merkte, dass Zach sie beobachtet hatte. „Was ist eigentlich mit deinen Eltern? Leben sie noch?“
Er schüttelte den Kopf, während er ihr von den eingewickelten Sandwichs anbot und sich bediente. „Meine Mutter starb, als ich sechs war. Bei Lanas Geburt.“
„Oh, Zach. Das wusste ich nicht. Es tut mir leid.“
„Na ja, es liegt jetzt knapp dreißig Jahre zurück. Ich kann mich kaum noch an sie erinnern. Nur noch daran, wie gerne sie Kekse gebacken hat. Und abends vor dem Einschlafen hat sie mir vorgelesen. Nach ihrem Tod hat Dad Mattie engagiert. Bei der Arbeit auf der Ranch konnte er sich kaum um uns Kinder kümmern. Dad erlag später einem Herzinfarkt. Da hatte ich gerade mein erstes College-Semester hinter mir.“
Sie griff über den Tisch und drückte leicht seine Hand. „Das muss für euch Kinder schrecklich gewesen sein, beide Eltern zu verlieren“, meinte sie teilnahmsvoll.
„Nun, was Lana angeht, hat sie ja von Moms Tod nichts mitbekommen. Sie war ein Säugling, als Mom gestorben ist. Beim Tod meines Vaters war das schon etwas anderes. Wir hatten beide ein enges Verhältnis zu Dad, und die erste Zeit war wirklich sehr schwer.“ Zach starrte blicklos vor sich hin. „Und dein Vater? Lebt er noch?“, fragte er dann. „Von ihm hast du, glaube ich, noch gar nichts erzählt.“
Arielle füllte sich Rohkostsalat auf den Teller. „Da gibt es auch nicht viel zu erzählen. Ich hatte nie Gelegenheit, meinen Vater kennenzulernen. Und erst vor Kurzem haben Luke, Jake und ich erfahren, dass er in Europa beim Segeln ertrunken ist.“
Zach sah überrascht auf. „Wirklich? Das ist ja tragisch. Tut mir leid, das zu hören.“
„Es muss dir nicht leidtun. Was ich von ihm weiß, weiß ich nur vom Hörensagen, und das ist wenig genug. Meine Mutter hat mir gegenüber kaum von ihm gesprochen.“ Abrupt verstummte Arielle. Während sie in ein Stück Paprika biss, überlegte sie, wie viel sie Zach von dem mitteilen sollte, was sie selbst erst jüngst erfahren hatte.
Ihre Blicke trafen sich. Er sah sie erwartungsvoll an. Arielle war noch zu keinem Schluss gekommen. Vielleicht war es wirklich an der Zeit, Zach die Zusammenhänge zu erklären. Möglicherweise konnte er sich dann besser in ihre Lage versetzen und nachvollziehen, warum sein Verschwinden in Aspen für sie so ein Schock gewesen war. Wie sollte er ihre Gefühle und ihr Verhalten verstehen, wenn er nicht wusste, dass die Angst sie ständig begleitete, ein ähnliches Schicksal zu erleiden wie ihre Mutter … Die Angst davor, eines Tages von dem Mann, den sie liebte, verlassen zu werden, weil er ihre Liebe nicht in demselben Maße erwidern konnte.
Seufzend beschloss sie, ihm die Geschichte zu erzählen. Sie und Zach wollten die Zwillinge gemeinsam aufziehen. Das ging nicht ohne gegenseitiges Vertrauen. Irgendwann musste man damit anfangen, es aufzubauen.
„Das Verhältnis zwischen meiner Mutter und meinem Vater war – wie soll ich es ausdrücken? – etwas ungewöhnlich. Sie waren zweimal zusammen. Dazwischen lagen zehn Jahre. Ihr Zusammensein dauerte jeweils nicht länger als ein paar Monate, und beide Male war das Ergebnis dasselbe: eine ungewollte Schwangerschaft.“
„Welch ein Jammer, dass die beiden nicht zusammenfinden konnten“, sagte Zach, der ihr aufmerksam zugehört hatte. „Hat deine Mutter denn später keinen anderen Mann mehr kennengelernt?“
Arielle schüttelte den Kopf. „Ob mein Vater es nun wert war oder nicht, er war nun einmal die große Liebe meiner Mutter. Und ein anderer kam für sie nie infrage. Da kannte sie keine Kompromisse.“ Sie stocherte mit der Gabel in ihrem Salat. „Aber das ist noch nicht alles“, fügte sie leise hinzu.
Er zog die Augenbrauen hoch. „Was denn noch?“
Damit kam sie zu dem Teil der Geschichte, den Arielle selbst noch immer kaum glauben
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