Liebe mit beschrankter Haftung
Schultern und lässt sich zurück in die Kissen fallen.
»Ich bestimme den Namen. Sie wird Marie heißen.«
»Ich habe jetzt wirklich nicht den Nerv, über Kindernamen zu diskutieren«, sagt er kühl. Unser Baby ist also im Moment ein unerwünschtes Thema. Ich bin ein unerwünschtes Thema. Er möchte alleine sein und seiner unausstehlichen Ex hinterhertrauern.
»Ich verstehe«, sage ich so würdevoll wie möglich. »Komm, Idefix.«
Unglücklich liege ich in meinem Bett und wälze mich schlaflos von einer Seite auf die andere. Das war er also, mein Pseudo-Hochzeitstag. Das ging ja wohl gründlich daneben. Ein hässliches Standesamt, eine verunglückte Party und nun liege ich ganz alleine in meinem Bett. Eine ungeheure Wut auf Isabella packt mich. Hätte die Trulla nicht einfach bleiben können, wo der Pfeffer wächst? Warum musste sie unbedingt hier auftauchen und uns den Tag verderben? Alles lief doch eigentlich ganz gut. Gemeinsame Wohnung, gemeinsames Kind, toller Sex, ich war mir fast sicher, dass Marko auf dem besten Weg war, sich in mich zu verlieben. Aber so unfreundlich, wie er eben zu mir gewesen ist, steht plötzlich wieder alles infrage. Ich ziehe Idefix, der heute ausnahmsweise mal in meinem Bett statt in seinem Körbchen am Fußende schläft, dichter zu mir heran.
»Ich wünschte, Daniel wäre zur Party gekommen«, flüstere ich in sein dichtes, weiches Fell. »Ich vermisse ihn.« Idefix fiepst und sieht mich aus traurigen, braunen Augen an.
Am nächsten Morgen lenke ich mich von meinen eigenen Problemen ab, indem ich in die anderer Leute abtauche. Zwar ist Samstag, aber als freiberufliche Journalistin kenne ich so etwas wie Wochenende nicht. Außerdem ist alles besser, als herumzusitzen und über den gestrigen Tag nachzugrübeln. Also stürze ich mich in das Verfassen eines Schicksalreports über Frau Elke M. aus K., die nach dreißig Jahren Ehe feststellen musste, dass ihr Mann neben ihr noch zwei weitere Beziehungen unterhalten hat. Und zwar mit allem Drum und Dran. Mit jeder dieser Frauen hat er zusammengelebt und auch Kinder gehabt. Elke M. ist jetzt natürlich am Boden zerstört. Nachdem ich die Geschichte zu Ende geschrieben habe, kommt mir mein eigenes Schicksal nicht mehr ganz so tragisch vor. In diesem Moment klopft es an meiner Zimmertür.
»Herein.«
»Guten Morgen.« Marko erscheint, mit zerzaustem Haar und dunklen Ringen unter den Augen, aber einem Kaffeebecher in der Hand und einem Lächeln auf den Lippen. »Ich hab dir einen Cappuccino gemacht.«
»Danke.« Ich bleibe reserviert, nehme jedoch immerhin das Friedensangebot entgegen.
»Tut mir leid wegen gestern. Ich kapiere, dass das wohl für dich auch nicht ganz angenehm war.« Erschöpft lässt er sich auf meine Bettkante sinken.
»War es nicht«, bestätige ich.
»Tut mir leid.«
»Schon gut.«
»So war eigentlich die ganze Beziehung mit Isabella. All die Jahre. Drama, Drama, Drama. Wir sind uns eigentlich ständig an die Gurgel gegangen. Haben uns gestritten, versöhnt, getrennt, sind wieder zusammengekommen.«
»Das nennt man Leidenschaft«, sage ich und spüre plötzlich Sehnsucht in mir aufsteigen.
»Ich habe es so satt«, sagt er müde.
»Darum hast du ja jetzt mich.« Ich setze mich zu Marko aufs Bett. »Kein Drama.« Er nickt. »Harmonisches Familienleben.« Er nickt erneut. »Und manchmal …«, ich lege meine Hand in seinen Nacken und lasse sie dann leicht sein Rückgrat hinunterwandern, »guter, unverbindlicher Sex. Der nichts mit Liebe zu tun hat«, betone ich, damit er meine Annäherung auf keinen Fall als das versteht, was sie tatsächlich ist: der Versuch, ihn dazu zu bringen, sich endlich in mich zu verlieben. In die neue, unkomplizierte Mia, mit der man Pferde stehlen kann, die einem keine dramatischen Szenen macht und nicht bei jeder Gelegenheit losheult.
»Hmm«, macht Marko unbestimmt und erhebt sich. Meine Hand fällt schlapp auf die Bettdecke. »Ich gehe mal ein bisschen spazieren.« Ungläubig sehe ich ihm nach. Ist das sein Ernst? Er hat die Wahl zwischen Sex und Spaziergang und wählt Letzteres? Fußball würde ich ja noch verstehen, aber Spaziergang? Ich sehe meine Felle davonschwimmen.
»Mach das«, rufe ich ihm dennoch fröhlich hinterher. »Viel Spaß!«
So lange kann doch kein Mensch spazieren gehen. Es ist nach neun, draußen wird es langsam dunkel, und von Marko weit und breit keine Spur. Dass er mir das Aufräumen nach der Party alleine überlassen hat, hebt meine Stimmung auch nicht
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