Liebe mit Schuss
Santoni, kannst du dir so was vorstellen?«
»Wusste gar nicht, dass er eine Schwester hatte. Von Zwillingen war nirgends die Rede.«
»Ich habe in den Geburtsurkunden rumgeschnüffelt und rausgefunden, dass Santonis Mutter, Mary-Bethany Elizabeth Julia¬no Santoni, in einem Krankenhaus in Carlstadt, New Jersey, Zwillinge zur Welt brachte. Michael Nicholas und Bethany-Ann Juliano.«
»Ist ja interessant.«
»In der Tat, aber ab da wird’s komisch. Bethany-Ann ist bei der Geburt gestorben. Was Nick anscheinend nicht davon abhält, sich ihres Namens zu bedienen. Er benutzt den Namen Michael Juliano.«
»Sonst noch was?«
»Ich hab rausgefunden, dass Nick Santoni auf der Saint Teresa’s Holiness School in Carlstadt, New Jersey war, aber das war noch vor dem Computerzeitalter, also hab ich nicht viel mehr als das. Er hatte zwei beste Freunde mit Namen Rudolf Marconi, genannt Rudy, und einen Thomas Peter Bennetti.«
»Mir schwirrt schon der Kopf von all den Namen«, beschwerte sich Max.
»Die meisten von diesen Typen sind katholisch und daher oft, mit erstem oder zweitem Namen, nach einem der Apostel benannt. Interessant, nicht? Ich habe in und um Knoxville mehrere Hypotheken auf den Namen Michael Juliano gefunden. Und Marconi besitzt mehrere Bars in Knoxville.«
»Und der andere? Dieser Bennetti?«
»Wie vom Erdboden verschwunden.«
Nick Santonis Villa stand auf einer Anhöhe, umgeben von einer dicken Ziegelmauer. Das Haus selbst war aus Stein und Granit gebaut, der unter großem Aufwand auf den Berg gebracht worden war. Die vergitterte Einfahrt war mit zahlreichen Kameraaugen bestückt, die in sämtliche Richtungen blickten. Überwacht wurden sie von Santonis Sicherheitspersonal, das in einem separaten Gebäude untergebracht war, in dem sich auch ein Zwinger mit Dobermännern befand. Stündlich wurde mit zweien der Tiere patrouilliert.
Nick erreichte die Einfahrt und wurde innerhalb weniger Sekunden eingelassen. Er stellte den Wagen vor dem Haus ab, schloss auf und trat ein. Die grauen Schiefersteinböden und das Ledermobiliar waren deutlich auf den Geschmack eines Mannes abgestimmt, und obwohl Nick mehrere Häuser in anderen Gegenden besaß, war ihm seine Bergresidenz doch am liebsten.
Zielstrebig ging er zu einer Bar, schenkte sich seine Lieblingsmarke, Scotch, ein und kippte ihn in einem Zug hinunter. Sein Handy klingelte, doch er ignorierte es. Stattdessen schenkte er sich einen zweiten Scotch ein, ließ sich in den nächsten Sessel fallen und schlug seine Zeitung auf. Bekannter Prediger tot in Hotelzimmer aufgefunden. Nick las den Artikel zum wiederholten Male, dann warf er die Zeitung beiseite. Er lehnte den Kopf zurück und schloss die Augen.
Abermals klingelte sein Handy. Mit einem Seufzer griff er in die Hosentasche und zog es heraus.
»Du hast meine Anrufe ignoriert«, sagte die Stimme am anderen Ende der Leitung. Es war eine müde, kratzige Stimme, die Stimme eines Mannes, der man anmerkte, dass er ein Leben lang teure Zigarren zum Brandy geraucht hatte »Behandelt man so seinen Lieblingsonkel?«
»Ich hatte den ganzen Vormittag sehr viel zu tun, Onkel Leo«, sagte Nick. »Ich hatte keine Zeit, ranzugehen.«
»Ich habe die Nachrichten gesehen, Nicholas.«
»Ach ja?«
»Hast du mir nichts zu erzählen?«
»Was denn? Glaubst du etwa, ich hätte Rawlins umgebracht?«
»Zuerst nicht. Aber dann hab ich darüber nachgedacht.«
»Du liegst vollkommen falsch. Ich bin genauso überrascht von seinem Tod wie du.«
»Du meinst über den Mord.« Der Alte hielt inne. »Ich habe es schon immer gemerkt, wenn du lügst, Nicholas. Du hast gelogen, als du sagtest, du hättest Vito Pucchini nicht angeheuert. Und jetzt lügst du auch. Ich habe dich dort hinunter geschickt, weil ich dich beschützen wollte. Ich hatte gehofft, du würdest dich ändern. Du glaubst, du könntest jeden einfach umlegen und die Leiche irgendwo verscharren, stimmt’s? Du hältst die Cops für Idioten. Du hast zu viele Gangsterfilme gesehen, Nick. Die Familie ist es leid. Du bist zu einer Belastung für uns geworden. Eine große Belastung.«
Nick runzelte die Stirn. »Die Familie versucht mir doch immer was anzuhängen. Wenn irgendwer in dieser Stadt Mist baut, bin es natürlich gleich ich gewesen.«
»Du hast dein ganzes Leben lang nur Mist gebaut, Junge. Das Problem ist, du verteilst diesen Mist überall, sodass auch die Familie reintreten muss. Unser Haus wird von der Polizei überwacht. Meine Tochter kann nicht mehr mit
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