Liebe ohne Schuld
ihn noch einmal. »Los, Arielle!«
Arielle holte weit aus und schlug ihrem Bruder die Faust so fest auf die Nase, wie sie nur irgend konnte.
Evan heulte auf, worauf Burke ihn losließ. Taumelnd wankte Evan daraufhin zu einem Baum hinüber, während Burke Arielle lobte: »Gut gemacht!« Dann wandte er sich an Goddis. »Wenn Sie es wagen, sich ihr noch ein einziges Mal zu nähern, werde ich Sie umbringen! Haben Sie mich verstanden?«
Evan war anfangs völlig mit seinem Schmerz beschäftigt, doch schließlich nickte er.
Dann nahm Burke Arielle bei der Hand. »Komm, wir gehen jetzt nach Hause, mein Schatz.«
»Ich hoffe, ich habe ihm die Nase gebrochen!«
»Durchaus möglich. Du warst großartig!« Er war wirklich stolz auf sie.
»Er wollte eine Vereinbarung mit dir treffen und meinte, Anspruch darauf zu haben, weil er doch früher mein Vormund war.«
Burke grinste sie an. »Ich nehme an, daß ihm dazu die Lust vergangen ist!«
»Außerdem hat er erzählt, daß Etienne mir auf dem Weg nach Southampton aufgelauert hat und mich entführen wollte. Für seine Hilfe sollte Evan fünftausend Pfund bekommen.«
Burke tat entsprechend erstaunt, obwohl er die Geschichte bereits erfahren hatte. Zum wiederholten Mal dankte er seinem Schicksal, daß er sie zuerst erwischt hatte.
Als sie das Haus betraten, hielt er sich dicht hinter Arielle, damit niemand den diagonal verlaufenden Riß auf ihrem Rücken sehen konnte. Unterwegs nickte er Montague kurz zu und sprach einige Worte mit Ollie Trunk. Nachdem sie das Schlafzimmer betreten hatten, schloß er die Tür ab.
»Zieh bitte Jacke und Bluse aus, damit ich mich um dei nen Rücken kümmern kann.«
»Nein, Burke, das geht schon.«
»Du tust es auf der Stelle!«
Gegen diesen Ton wagte sie keinen Widerspruch und ließ sich aus Jacke und Bluse helfen. Schließlich streifte sie auch noch die Träger ihres Hemdchens von den Schultern. Als sie ihre Brüste bedecken wollte, hielt sie mitten in der Bewegung inne und ließ die Arme sinken.
Burke stand hinter ihr und besah sich den langen, roten Striemen, der sich diagonal über ihren Rücken zog. »Schmerzt es?«
Arielle schüttelte den Kopf. »Nein, nicht sehr.«
»Die Haut ist nicht verletzt, aber Kühlung kann be stimmt nicht schaden.« Während er ein nasses Tuch auf ihren Rücken preßte, schloß er die Augen. Er war für sie verantwortlich und mußte sie beschützen – und dann geschah etwas so Entsetzliches! Sanft tupfte er schließlich die Haut trocken. »Besitzt du auch ein einfaches Hemdchen ohne Spitzen, das nicht so drückt?«
Sie nickte.
»Warte, ich hole es.« Rasch ging er zur Verbindungstür hinüber und betrat Arielles Schlafzimmer, wo Dorcas wartete. »Ich brauche ein weiches, ganz einfaches Hemd, Dorcas. Und zwar auf der Stelle!«
Die alte Frau platzte zwar beinahe vor Neugier, doch Burke erklärte nichts. Seiner Meinung nach war es allein Arielles Sache, mit Dorcas zu sprechen. Wortlos nahm er das Hemd in Empfang und kehrte in sein Schlafzimmer zurück.
»Nun, wie fühlt sich das an?« wollte er wissen, nach dem er die Hemdchen ausgetauscht hatte.
»Wunderbar! Ich danke dir, Burke.«
»Es tut mir wirklich entsetzlich leid, daß ich zu spät ge kommen bin! Weil ich dich sehen wollte, bin ich zum Stall gegangen. Geordie hat mir dann gesagt, wohin du geritten bist.«
»Weshalb wolltest du mich denn sehen?« fragte sie, während sie sich umdrehte.
»Ich habe dich vermißt und wollte dein Gesicht an schauen.«
Arielle nahm Jacke und Bluse und war schon auf dem Weg in ihr Zimmer, als sie sich noch einmal umdrehte. »Mister Ollie Trunk hat sich mir heute morgen vorgestellt. Ist er der Detektiv?«
»Ja. Montague mußte ich einweihen, aber sonst weiß niemand etwas davon. Könntest du dich darum kümmern, daß er eine passende Livree erhält?«
»Ja. Kann mir Mrs. Pepperall dabei helfen?«
»Ich denke schon. Stört dich seine Anwesenheit?«
»Nein. Mich stört höchstens der Gedanke, möglicherweise mit einem Mörder unter einem Dach zu leben.«
»Dafür ist Ollie Trunk ja da. Er wird ihn sicher bald entdecken, und ich werde dafür sorgen, daß Goddis dir nicht noch einmal zu nahe kommen kann!«
Arielle lächelte ihn ein wenig unsicher an. »Vielen Dank, daß ich ihn schlagen durfte.«
»Das war mir ein Vergnügen!«
»Ich habe es ihm gegeben, nicht wahr?«
»Das kann man wohl sagen. Einen geknickteren Menschen habe ich nie gesehen.«
Fünfzehntes Kapitel
Als Burke die geschminkte Puppe
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