Liebe, Sex und andere Katastrophen
Hals kratzte. Kurz erwog Olive, ihre Schuhe auszuziehen, verwarf den Gedanken aber wieder. Die Gefahr, sich etwas einzutreten, war zu groß. So dauerte es eine halbe Ewigkeit, bis sie ihr Ziel endlich erreichten.
»Du hättest mir sagen können, dass ich die Sneakers anziehen soll.«
»Die sind aber nicht so sexy. Außerdem sind wir jetzt am Ziel.« Anthony führte sie in einen einigermaßen schutt- und geröllfreien Raum. »Hab ich gestern ausfindig gemacht. Und, was sagst du?«
Offenbar hatte dieser Raum früher einmal als Büro gedient. Ein völlig verstaubter Aktenschrank aus Metall stand noch an der Wand; daneben befand sich ein Schreibtisch. Anthony holte ein Feuerzeug aus der Hosentasche und zündete eine Reihe von Teelichtern an, die auf dem Aktenschrank standen. »Die habe ich hergebracht, bevor ich dich abgeholt habe«, erklärte er zwinkernd. »Genau wie die hier«, ergänzte er und zeigte auf die zusammengerollte Decke, die auf dem Schreibtisch lag. Der Kerzenschein tauchte das Zimmer in orangegelbes Licht. Olive sah sich um, während Anthony die Decke auf dem abgenutzten Schreibtisch ausbreitete. Die Deckenlampe fehlte. Die Scheibe des einzigen Fensters in diesem Raum war eingeschlagen. Olive blickte nach draußen. Es herrschte völlige Dunkelheit. Das war unheimlich und aufregend zugleich.
»Das war mal eine Konservenfabrik. Steht schon seit Jahren leer und wird bald abgerissen. Wir befinden uns im ehemaligen Büro des Chefs«, erklärte Anthony und beleuchtete den Schreibtisch mit seiner Taschenlampe. »Heute wird dieses Prachtstück unser Arbeitsplatz sein.«
Olive drehte sich lächelnd zu ihm um. »Bist du sicher, dass er uns aushält?«
Anthony knipste die Taschenlampe aus und kam auf sie zu. »Natürlich tut er das. Und dank der Decke wird kein Staubkörnchen an deinem süßen Hintern kratzen.«
Olive lief ein heißer Schauder über den Rücken. Ihr Puls beschleunigte sich. Rasch knöpfte sie sein Hemd auf und strich mit den Fingerspitzen über seine Brust. »Weißt du«, schnurrte sie, »ich trage keine Unterwäsche.«
Anthony sog scharf die Luft ein. Seine Hände legten sich auf ihre Pobacken. Sachte lenkte er sie zum Schreibtisch hinüber. Sie glitt in seine Arme und ließ sich hochheben.
Nichts war mehr da von der Schüchternheit und Unsicherheit, die sie beide bei ihren ersten Intimitäten vor einem Jahr verspürt hatten. Nichts erinnerte noch an die Pannen und Peinlichkeiten, die in ihrer ersten gemeinsamen Nacht passiert waren. Was sie jetzt miteinander verband, waren echte Gefühle, die sich seit ihrer ersten Begegnung langsam entwickelt hatten und die längst über das erste Verliebtsein hinausreichten.
»Kondome?«, fragte sie aufgeregt.
Er nickte und holte eines aus der Hosentasche. Sie schlang die Beine um seine Hüften und zog ungeduldig am Reißverschluss seiner Jeans. Anthony bremste sie und ließ seine Lippen über ihre Haut gleiten. Olive stöhnte leise, legte den Kopf zurück und schloss die Augen.
Schon als sie das erste Mal miteinander geschlafen hatten, war ihr klar geworden, dass Anthony der Richtige war. Obwohl die Nacht nicht reibungslos abgelaufen war und sie beide nicht zum Höhepunkt gekommen waren, hatte er seine gute Laune beibehalten und die Schuld weder auf sie abgewälzt, noch sie zu etwas gedrängt. Das hatte ihr Vertrauen in ihn gestärkt. Am nächsten Morgen hatten sie einen weiteren Versuch gestartet, der den ersehnten Erfolg gebracht hatte. Seitdem gehörten sie zusammen.
»Deine Hände zittern«, stellte Anthony verwundert fest.
»Ich weiß. Kannst du mir mit dem Gummi helfen?«
Er schlüpfte aus der Hose und nahm ihr das Kondom aus der Hand. Dann sah er sie fragend an.
»Was ist los?«
»Nichts. Nur … dieser Ort ist wirklich speziell. Aber auch irgendwie unheimlich. Ich kann es nicht beschreiben, es ist nur … ach, vergiss es.«
»Willst du abbrechen? Wir können auch in ein Motel gehen …«
»Nein. Schon okay. Küss mich.«
Seine Lippen besaßen die Fähigkeit, sie alles andere um sich herum vergessen zu lassen. Er packte das Kondom für sie aus; sie streifte es ihm über. Das Zittern ihrer Hände ließ nach. Anthony war vorsichtig und überstürzte nichts. Das mochte sie so an ihm. Er war nicht darauf aus, so schnell wie möglich an sein Ziel zu gelangen, sondern ging auf sie ein und ließ sich Zeit. Ihm so nahe zu sein war alles, was sie sich je ersehnt hatte. Mit ihm zu schlafen, bedeutete nicht nur Sex. Mit ihm zu schlafen,
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