Liebe, Sex und andere Katastrophen
sich die Polizei bei Lösegeldübergaben in der Nähe des Übergabeortes aufhält, um Schlimmeres zu vermeiden und die Täter zu überführen?«, wagte Anthony zu fragen, womit er sich einen giftigen Blick von Detective Anderson einhandelte.
»Doch, ist es. Aber Edward Lansburry und sein Sohn haben auf eigene Faust gehandelt. In ihrer Angst, Marisha zu verlieren, wenn sie nach polizeilicher Anleitung handeln, haben sie uns an der Nase herumgeführt. Wir haben ein Prepaid-Handy bei Mr. Lansburry gefunden und vermuten, dass er damit mit den Entführern kommuniziert hat. Von diesem Handy wussten wir nichts. Alle anderen Telefone im Haus wurden von uns überwacht. Wir müssen aber erst noch Mrs. Lansburry befragen, sobald sie sich einigermaßen vom Schock erholt hat.«
Anthony verbarg das Gesicht hinter den Händen und stöhnte auf. Olive wusste, dass ihn die Sache mehr mitnahm, als er zeigte.
Ihr Vater trat auf ihn zu. »Du solltest in nächster Zeit sehr vorsichtig sein«, sagte er ernst. »Falls du irgendetwas Verdächtiges bemerkst oder dich verfolgt fühlst, rufst du sofort auf dem Revier an. Eine Kollegin gibt dir nachher eine Karte, auf der eine Telefonnummer steht. Sie verbindet dich direkt mit einem Beamten, der in den Fall involviert ist. Die Beamtin wartet draußen auf dich. Sie wird dich nach Hause eskortieren. Ach ja, in den nächsten Tagen wird ein Streifenwagen in gewissen Abständen in deiner Wohngegend patrouillieren. Solltest du etwas Ungewöhnliches bemerken, kannst du auch zu ihm Kontakt aufnehmen.«
Anthony nickte resigniert und stand auf. Sein Blick verharrte traurig auf Olive. Sie erwiderte ihn fragend und wollte zu ihm gehen, doch Detective Anderson hielt sie zurück.
»Du, mein Fräulein, hast bis an dein Lebensende Hausarrest.«
Olive protestierte nicht. Sie wusste, dass alles schlimmer hätte ausgehen können. Dass sie und Anthony tot sein könnten. Erschossen, wie die beiden Männer …
Sie verließen das Krankenhaus in polizeilicher Begleitung und verabschiedeten sich auf dem Parkplatz unter Tränen voneinander. Eng umschlungen verharrten sie neben Anthonys Auto, bis ihr Vater Olive aufforderte, in den Pick-up zu steigen. Obwohl sie wusste, dass sie Anthony nicht mehr so bald wiedersehen würde, gehorchte sie. Im Spiegel sah sie, wie Anthony die Hand hob und ihr nachsah.
Die Geste ließ sie verzweifeln. Schon jetzt vermisste sie ihn. Schon jetzt fühlte sie den Schmerz der Einsamkeit in ihren Eingeweiden.
Die Fahrt nach Hause legten sie schweigend zurück. Sie fürchtete sich vor der Begegnung mit ihrer Mutter. Am Telefon hatte sie gleichzeitig geweint und getobt. Die Fassungslosigkeit über Olives Verrat war zum Greifen spürbar gewesen.
Im Haus brannte Licht. Widerwillig stieg Olive aus dem Pick-up und folgte ihrem Vater durch die Garage in die Küche. Es roch nach … Kuchen. Olive traten wieder Tränen in die Augen. Ihre Mutter begann stets zu backen, wenn sie sich um jemanden aus der Familie sorgte. Schuldgefühle überfielen sie. Wenn sie die letzten Stunden doch nur rückgängig machen könnte …
»Liv!« Die Küchentür schwang auf. Ihre Mutter hastete auf sie zu. Sie trug einen weißen Bademantel, ihre Haare waren zerzaust, die Augen rot und verquollen. Unweigerlich fielen Olive die Vorwürfe ein, mit denen sie am Telefon von ihr überschüttet worden war. Aber jetzt erkannte sie nichts anderes als Angst und Erleichterung in ihrem Gesicht.
»Ich habe einen Schokoladenkuchen gebacken. Aber ich hatte keine dunkle Schokolade mehr, also habe ich weiße Schokolade genommen. Und Marzipan … das Marzipan war alle. Da habe ich zu den Haselnüssen gegriffen …« Ihre Mom redete zu schnell und zu laut. »Du dummes, dummes Mädchen! Wie kannst du dich nur in so eine Gefahr begeben? Wie kannst du uns so hintergehen? Dich einfach aus dem Haus zu schleichen, um mit diesem Jungen weiß Gott was zu treiben. Was hast du dir nur dabei gedacht?«
»Es tut mir leid …« Einen Moment lang starrten sie sich wortlos an, dann fielen sie sich weinend in die Arme.
***
***
Olive hielt es nicht mehr aus. Seit vier Wochen lebte sie wie eine Gefangene. Tag für Tag, vierundzwanzig Stunden lang, stand sie unter strenger Bewachung durch ihre Eltern. Nachmittags durfte sie sich auf die Veranda setzen oder mit zum Einkaufen fahren, das war aber auch schon alles. Keiner ihrer Freunde bekam die Erlaubnis, sie zu besuchen. Nicht einmal ihre beste Freundin Amelie. An den Wochenenden fanden
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