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Liebe, Sex und andere Katastrophen

Liebe, Sex und andere Katastrophen

Titel: Liebe, Sex und andere Katastrophen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Loyelle
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Partys statt, zu denen sie nicht gehen durfte. Den Ferienjob im neuen Kaufhaus in der Innenstadt hatte sie verloren, weil Dad es für zu gefährlich hielt, dass sie dort arbeitete, solange die Täter auf freiem Fuß waren. Darüber war sie sehr sauer. Sie sparte auf ein eigenes Auto und hatte das Geld, das sie dort verdient hätte, bereits dafür eingerechnet. Trotzdem beschwerte sie sich nicht, weil sie sich das selbst zuzuschreiben hatte. Und es stimmte ja, es war gefährlich. Auch wenn sie sich nicht vorstellen konnte, wie die Täter je herausfinden sollten, dass es Zeugen für die Morde gegeben hatte und wer diese Zeugen waren.
    Die Sehnsucht nach Anthony zerfraß sie. Sie konnte kaum etwas essen, hatte schlechte Laune, fühlte sich deprimiert. In den ersten beiden Wochen ihrer Gefangenschaft hatten ihre Eltern ihr das Handy und den Laptop abgenommen. Keinen Kontakt zur Außenwelt zu haben, war schlimm genug. Nicht zu wissen, was ihre Freunde für Neuigkeiten auf Facebook gepostet hatten, noch schlimmer. Aber Anthony weder zu sehen noch zu hören, das gab ihr den Rest. Sie vermisste ihn. Wenn sie an ihn dachte, zog sich ihre Brust schmerzhaft zusammen und sie bekam kaum Luft. Um nicht durchzudrehen, nahm sie sein Foto mit ins Bett, redete mit ihm, küsste es und strich zärtlich mit einem Finger über sein Gesicht. Auf diesem Bild lachte er und sah glücklich aus. Einer der wenigen Momente, in denen er so ausgelassen wirkte. Sie hatte das Bild kurz nach Weihnachten geknipst. Er saß mit gespreizten Beinen auf einem Schneehügel, seine Wollmütze war verrutscht und mit Schnee bedeckt. Ein paar kurze braune Haare lugten darunter hervor. Nur Sekunden zuvor hatten sie sich im Schnee gewälzt und sich mit Schneebällen beworfen. Überall an seiner Kleidung klebte Schnee. Er lachte direkt in die Kamera. Seine braunen Augen strahlten.
    Nach zwei Wochen bekam sie Laptop und Handy wieder zurück, aber sie musste ihrem Dad versprechen, niemandem von dem Vorfall auf dem ehemaligen Fabrikgelände zu erzählen. Sie schwor es und flehte ihn gleichzeitig an, mit Anthony telefonieren zu dürfen. Schließlich gab er nach und erlaubte es ihr widerwillig. Dabei machte er keinen Hehl daraus, dass er den Jungen nicht mochte. Aber das war Olive egal. Wenn es sein musste, würde sie die Schule abbrechen, mit Anthony durchbrennen und sich irgendwo einen Job suchen.
    Er fehlte ihr. Sein Lachen. Seine Stimme. Seine Berührungen. Seine Küsse. Der Sex. Alles! Nie hätte sie gedacht, dass dieses Gefühl so stark sein könnte. Dazu kam noch die Angst um ihn, denn er fuhr jeden Tag mit dem Bus in die Stadt, um seiner Arbeit im Musikladen nachzugehen. Die ersten paar Tage nach dem schrecklichen Vorfall hatte er sich krankgemeldet und sich in seinem Zimmer verschanzt. Aber lange hatte er es zu Hause bei seinem egoistischen, dem Alkohol nicht abgeneigten Vater nicht ausgehalten. Olive hatte ihn angefleht, vorsichtig zu sein, und kein unnötiges Risiko einzugehen. Den Vorschlag, ihren Dad um Polizeischutz zu bitten, hatte er vehement abgelehnt. Bisher hatte er sich weder verfolgt noch von jemandem bedroht gefühlt. Er glaubte nicht, dass die Kerle ihn ausfindig machen konnten.
    An jenem Abend hatte sie niemand bemerkt. Und als er zu Marisha Lansburry gelaufen war, waren die Entführer bereits weg gewesen. Wenigstens patrouillierte der Streifenwagen immer noch in der Gegend. Trotzdem verspürte Olive ein beklemmendes Gefühl.
    In den Zeitungen wurde einige Tage lang groß und breit über die aufgedeckte Entführung der Lansburry Tochter und die missglückte Lösegeldübergabe berichtet. Auch im Fernsehen wurde alles rund um das Geschehen breitgetreten. Niemand erwähnte Zeugen, nur, dass Marisha Lansburry von einem Landstreicher, der einen Schlafplatz für die Nacht gesucht hatte, halb tot aufgefunden worden war und sie dadurch gerettet werden konnte. Über ihren derzeitigen Zustand war den Reportern nichts bekannt, auch nicht, in welchem Krankenhaus das Mädchen lag.
    Nach Erscheinen der Zeitungsartikel und der TV-Berichterstattungen wurde Marisha aus Sicherheitsgründen in ein anderes Krankenhaus verlegt und ihr Polizeischutz erhöht. Trotzdem oder gerade deswegen bat Olive Anthony immer wieder, vorsichtig zu sein. Sie fürchtete sich davor, dass die Gangster mit dem Verfasser der Zeitungsartikel reden könnten, um herauszufinden, wer Marisha gefunden hatte. Natürlich war dem Reporter nur die Version des Landstreichers bekannt, da die Polizei

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