Liebe um Mitternacht
auf der Straße überleben müssen und dann in einer glitzernden, übernatürlichen Welt, in der die Liebe höchstens mit belustigter Verachtung betrachtet wurde. Er hatte seine Lektionen gelernt und seine eigenen Regeln aufgestellt. Es war nur natürlich, dass er sehr vorsichtig war.
Ich gehe ein großes Risiko ein, dachte sie. Aber Adam war dieses Risiko wert.
Es klopfte leise an der Tür.
Adam hob den Kopf und runzelte ein wenig die Stirn. »Das muss Morton sein, und das bedeutet, dass es einen wichtigen Grund gibt, warum er klopft. Entschuldige mich bitte, meine Liebe.«
Er ging zur Tür und öffnete sie. Caroline entdeckte den Butler im Flur. Morton gab sich alle Mühe, nicht zu ihr hinzusehen. Sie hörte, wie er leise und ernst mit Adam sprach. Adam antwortete in knappen Worten.
Als er sich dann wieder zu ihr umwandte und die Tür schloss, wusste sie sofort, dass etwas geschehen war. Der sinnliche Ausdruck war aus seinem Gesicht verschwunden, jetzt lag die Konzentration des Jägers in seinem Blick.
»Was ist passiert?«, fragte sie.
»Morton hat mir eine Nachricht von einer alten Freundin gebracht, von Florence Stotley. Ihr verdanke ich es, dass ich jetzt die Adresse von Irene Tollers Haushälterin bekommen habe, von Bess Whaley. Ich muss sofort zu ihr.«
»Du willst Bess noch heute Abend aufsuchen?«
»Ja.« Er zog seine Jacke aus. »Ich möchte nicht noch einmal das Risiko eingehen, sie aus den Augen zu verlieren.
Morton bringt mir eine andere Jacke und auch meine Stiefel.«
»Ich denke, ich sollte mit dir gehen, um mit ihr zu reden.«
»Das ist nicht nötig. Die Adresse, die ich bekommen habe, liegt nicht gerade im besten Teil der Stadt.«
»Bess hat offensichtlich einen Grund, sich zu verstecken. Wahrscheinlich wird sie in Panik geraten, wenn du zu dieser Zeit vor ihrer Tür erscheinst. Vielleicht wird meine Anwesenheit sie beruhigen.«
Er zögerte kurz, doch dann nickte er. »Also gut. Ich werde dir deinen Umhang holen lassen.«
35
Die Gegend, in der Bess Whaley sich versteckte, lag zwar nicht im schlimmsten Teil der Stadt, doch um diese Zeit war es nicht gerade der angenehmste Ort. Adam befahl Ned, die Kutsche in einer Straße ein Stück vor ihrem Haus anhalten zu lassen. Er wollte nicht das Risiko eingehen, dass Bess Whaley zu früh vom Klappern der Hufe und dem Rattern der Kutsche gewarnt wurde.
»Sie wissen, was ich von Ihnen erwarte«, wandte er sich an Ned, als er Caroline aus der Kutsche half.
»Aye, Sir.«
Adam warf Caroline einen fragenden Blick zu. »Bist du wirklich sicher, dass du mit mir kommen möchtest?«
»Wir haben bereits darüber gesprochen, Adam. Ich werde mit dir kommen.« Sie bückte sich, um sich zu versichern, dass ihr langer Rock hochgebunden war.
Er lächelte ein wenig, Bewunderung für diese Frau stieg in ihm auf. Carolines Mut zog ihn an, wie ein anderer Mann vielleicht von einem teuren Parfüm angezogen wurde. Und damit wollte er nicht sagen, dass sie nicht höchst einzigartig und wundervoll duftete, überlegte er, und sein eigenes Erstaunen belustigte ihn.
Sie folgten dem Plan, den sie sich auf dem Weg zu Bess Whaley eilig zurechtgelegt hatten, und er führte Caroline über einen schmalen Weg zu einer Gasse, die gleich hinter dem Haus von Bess lag. Er zählte die kleinen Gärten, bis er den fand, der vor der Hintertür zu Bess Whaleys neuer Adresse lag.
Es war gar nicht schwer, das Tor zum Garten zu öffnen. Er und Caroline gingen hinein, sie versteckten sich im Schatten neben der Hintertür und warteten.
Kurze Zeit später ratterte eine Kutsche laut auf der Straße vor dem Haus. Ned hatte Adams Anweisungen befolgt. Kurz darauf hörte Adam, wie Ned an der Haustür klopfte.
Es gab eine lange Pause, und Adam fragte sich schon, ob er sich wohl geirrt hatte.
Dann hörte man eilige Schritte im Flur. Die Tür zur Küche wurde aufgerissen. Das Licht des Mondes war gerade hell genug, um eine Frau in einem Morgenmantel und Pantoffeln zu entdecken, die aus dem Haus in den Garten gelaufen kam.
»Bess Whaley, nehme ich an?«, fragte Adam und verstellte ihr den Weg.
Bess unterdrückte einen leisen Aufschrei und blieb stehen. »Gehen Sie weg.« Ihre Stimme war voller Furcht. »Gehen Sie weg, sage ich. Bitte, tun Sie mir nichts. Ich werde kein Wort verraten.«
»Beruhigen Sie sich, Bess«, mischte sich jetzt Caroline ein. »Ich bin Mrs. Fordyce. Sie erinnern sich doch sicher an mich, nicht wahr?«
Bess wirbelte herum. »Mrs. Fordyce? Sind Sie es wirklich,
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