Liebe um Mitternacht
erzählt, es wäre am vergangenen Abend ruiniert worden, als eine vorüberfahrende Kutsche sie über und über mit Lehm bespritzt hätte. Sie hat behauptet, sie hätte es dann einem Armenhaus geschenkt. Aber ich wusste, dass das nicht stimmte. Sie hat noch nie auch nur einen einzigen Penny an ein Armenhaus gegeben, solange ich sie kannte. Sie hat immer behauptet, das seien alles Betrüger.«
»Und was glauben Sie, ist mit dem Kleid geschehen?«, fragte Caroline.
»Sie hat es in einem geheimen Fach in ihrem Seancezimmer versteckt«, erklärte Bess angespannt. »Ich habe es zufällig gefunden, als ich das Zimmer für die Seance vorbereitet habe, auf der Sie beide gewesen sind. Ich konnte nicht verstehen, wieso das Kleid in diesem geheimen Fach lag. Doch dann habe ich all das Blut auf dem Rock entdeckt. Und ich habe auch sofort gewusst, was Mrs. Toller getan hatte. Ich hatte Todesangst, das kann ich Ihnen verraten.«
»Das kann ich verstehen.« Ein Schauer rann durch Carolines Körper.
»Jawohl, Ma’am.« Bess seufzte. »Ich wusste bereits, dass ich mich sehr wahrscheinlich nach einer anderen Arbeit würde umsehen müssen.«
»Und was haben Sie mit dem Kleid gemacht?«, wollte Adam wissen.
»Ich habe es sofort zurück in den Schrank gelegt und habe so getan, als hätte ich es nie gesehen.« Bess zuckte mit den Schultern. »Ich bezweifle, dass sie es hat verschwinden lassen, ehe sie umgebracht wurde. Wahrscheinlich liegt es noch immer dort, es sei denn, die Polizei hat es gefunden.«
Sie saßen noch eine Weile schweigend beieinander, tranken ihren Tee und sahen einander im flackernden Licht der Lampe an.
Adam beobachtete die verängstigte Frau. »Sie haben uns gesagt, dass Sie an dem Morgen weggelaufen sind, als sie Mrs. Tollers Leiche gefunden haben, weil sie sich sowohl vor dem Mörder als auch vor der Polizei gefürchtet haben.«
»Jawohl, Sir«, gab sie bedrückt zu. »Ich hatte schreckliche Angst, dass die Polizei glauben könnte, ich hätte Mrs. Toller umgebracht, weil wir uns über meine Bezahlung gestritten haben. Die Nachbarn haben uns gehört. Aber ich hatte genauso viel Angst, dass ihr Geliebter denken könnte, ich wüsste zu viel von ihren Geschäften und dass er mich deswegen verfolgen würde.«
Adam umfasste seine Tasse mit beiden Händen. »Von ihren Geschäften? Meinen Sie damit die betrügerischen Investitionen, die Mrs. Toller vermittelt hat?«
»Sie wissen Bescheid darüber?« Bess sah noch unglücklicher aus als zuvor. »Sie haben Recht, Sir. Deshalb habe ich mich mit Mrs. Toller gestritten. Ich dachte mir, dass sie eine sehr ergiebige Einnahmequelle gefunden hatte, und dass sie das Geld mit ihm teilte. Und deshalb habe ich ihr erklärt, dass ich einen Teil des Gewinnes bekommen sollte, weil ich ihr schließlich dabei geholfen habe. Sie hat mich gewarnt, den Mund zu halten. Und dann hat sie mir gedroht, sie würde mich wegschicken, ohne jegliche Referenzen. Ich habe ihr erklärt, wenn sie das tun würde, würde ich ihre Tricks aufdecken. Es war ein sehr hitziger Streit, und ich nehme an, einige der Nachbarn haben gehört, wie wir uns angeschrien haben.«
»Ich habe da noch ein paar Fragen, Bess«, meinte Adam. »Und danach werde ich Ihnen genügend Geld geben, damit Sie mit dem Zug fahren können, wohin Sie wollen und dort bleiben können, bis man Mrs. Tollers Mörder gefunden und der Polizei übergeben hat.«
Zum ersten Mal leuchtete ein kleiner Hoffnungsschimmer in Bess Augen. »Das ist sehr nett von Ihnen, Sir. Was wollen Sie denn noch wissen?«
»Haben Sie eine Ahnung, warum Mrs. Tollers Geliebter sie umgebracht haben könnte?«
Bess zögerte. »Darüber habe ich auch schon nachgedacht. Ich nehme an, er hat gewusst, dass sie Mrs. Delmont umgebracht hat, und er hat sich davor gefürchtet, was sie bei ihrem nächsten Wutanfall tun könnte. Vielleicht hatte er Angst, dass sie ihn und seine betrügerischen Investitionen verraten könnte. Wie ich Ihnen schon sagte, wer auch immer er ist, er tut alles sehr geheimnisvoll.«
»Würden Sie mir bitte ganz genau erzählen, was Sie an dem Morgen gesehen haben, als Sie Mrs. Tollers Leiche fanden?«, bat Adam.
Bess dachte einen Augenblick lang nach. »Es war schrecklich viel Blut überall. Er hat ihr den Kopf eingeschlagen, müssen Sie wissen. Sie lag auf dem Rücken. Auf dem Boden neben ihr lag eine Taschenuhr. Das ganze Zimmer war durcheinander. Ich erinnere mich noch daran, dass ich gedacht habe, es sah genauso aus, wie die Zeitung den
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