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Liebe und andere Parasiten

Liebe und andere Parasiten

Titel: Liebe und andere Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Meek
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bilden sich ein, andere Leute würden Sie auch bemitleiden, stimmt’s? Seht euch nur den armen kleinen Ritchie an, wie er eine Abreibung von diesem bösen Zeitungsfritzen bekommt. Seht nur, wie er verfolgt wird, wie seine Privatsphäre verletzt wird. Sie waren das, Ritchie. Sie haben das getan.« Vals Stimme wurde leiser. »Wenn einer an nichts glaubt, wenn er nicht glaubt, dass höhere Mächte über ihn richten, dann passiert genau das. Sie glauben nicht an Gott, und wenn Sie betrügen und lügen und kleine Mädchen schikanieren, dann gibt es niemanden, der Sie bestraft. Es gibt nur mich.« Er zog seine Krawatte straff und strich sie glatt. »Machen Sie nur, stehen Sie auf. Seien Sie tapfer. Das muss für Sie eine grässliche Erfahrung gewesen sein. Mr Oatman kann ziemlich aufbrausend sein.«
    Das Brennen im Gesicht machte Ritchie den Kopf frei. Der sanfte Ton, den Val plötzlich anschlug, und sein wieder freundlich gewordener Blick taten so wohl, dass er regelrecht dankbar war. Ihm war fast nach Weinen zumute. Selbstmitleid erfüllte ihn.
    »Warum müssen Sie so ein moralinsaures Arschloch sein?«, sagte er.
    Val lachte. »So ist’s recht. Kommen Sie, setzen Sie sich. Ich habe nicht viel Zeit, aber lassen Sie uns über die Sache reden.« Er knüllte die Seite zusammen, ging zum Tisch hinüber und leerte die Obstschale aus. Orangen und Nektarinen rollten über die Platte und fielen auf den Fußboden. »Schauen wir mal, wie gut die Rauchmelder sind«, sagte er. Er zog ein Feuerzeug aus der Tasche, legte das zerknüllte Papier in die Schale und zündete es an. Es fing sofort Feuer und brannte mit hell lodernder Flamme. Nach wenigen Sekunden lagen nur noch schwarze Flocken in der Schale.
    Val schaute zur Decke auf. »Keine Sprinkler. Wenn es hier brennen würde, würden wir alle umkommen«, sagte er fröhlich.
    »Das willst du …, das wollen Sie nicht wirklich bringen?«, sagte Ritchie.
    »Wie ich schon sagte, glaube ich, können wir keine Geschichte bringen, die nicht der Wahrheit entspricht. Sie sind nicht verhaftet worden.«
    »Sie wissen, was ich meine.«
    »Ich habe nur noch fünf Minuten, Ritchie. Nehmen wir mal an, ich weiß, dass Sie eine Fünfzehnjährige gefickt haben. Nehmen wir an, ich bringe die Story. Sie werden verhaftet, Sie werden vor Gericht gestellt, Sie werden öffentlich gedemütigt, Sie kommen ins Kittchen, Ihre Ehe geht in die Brüche, Sie müssen mit Ihrer Frau um das Besuchsrecht für die Kinder kämpfen, Sie verlieren die Villa, die BBC schasst Sie, und von da an sind Sie für das Fernsehen tabu; Sie haben Ihre Karriere mit Teenagern gemacht, aber jetzt dürfen Sie nicht mal mehr in ihre Nähe kommen, und im Erwachsenenfernsehen nimmt kein Mensch Sie ernst; Ihr Film kommt nicht zustande, weil der Mann, der Ihren Vater getötet hat, ein guter Familienvater ist und nicht von einem Kinderschänder interviewt werden will; und … tja, Ritchie, wie es dann weitergeht, weiß ich nicht. Wollten Sie etwas sagen?«
    »Ich bin kein Kinderschänder. Unterstehen Sie sich, so was zu mir zu sagen.«
    »Wie gesagt, meine Zeit ist knapp. Danach werden Sie sich vermutlich mit Konzerten durchzuschlagen versuchen. Aber so talentiert als Musiker waren Sie eigentlich nie, nicht wahr? Karin war die Songschreiberin, wegen der sind die Leute gekommen. Jetzt stellen wir es uns einmal anders vor. Stellen wir uns vor, ich weiß, dass Sie eine Fünfzehnjährige gefickt haben, und ich schreibe nichts darüber, und ich sage nichts der Polizei. Damit würde ich ein Verbrechen vertuschen. Wir würden gegen das Gesetz verstoßen, Ritchie.« Er hielt inne und betrachtete Ritchie, als wünschte er sich, er wäre nicht da.
    »Was wissen Sie schon darüber«, sagte Ritchie, »was passiert oder auch nicht passiert ist.«
    »Wie schön, dass Sie sich da nicht sicher sind«, sagte Val. »Das gefällt mir. Das gibt mir das Gefühl, ich tue das Richtige. Ich setze klare Grenzen. Ich helfe Ihnen, den Punkt zu erkennen, an dem Sie in Schwierigkeiten geraten sind. Aber Sie wissen natürlich, was Sie getan haben.«
    »Sie haben mich hergebeten.«
    »Die Zeiten sind schlecht für die Zeitungsbranche«, sagte Val. »Wir kämpfen ums Überleben. Wir können es uns nicht leisten, eine gute Story auszulassen. Es sei denn, wir bekämen dafür eine andere Story.«
    »Und worüber zum Beispiel?«
    »Über Ihre Schwester.«
    Ritchie presste mit den Fingerspitzen die Tischkante. Er konnte Val nicht in die Augen schauen.
    »Hier geht es um Sie

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