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Liebe und andere Parasiten

Liebe und andere Parasiten

Titel: Liebe und andere Parasiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Meek
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»Und dann lerne ich jemand kennen und werde daran erinnert, dass das nicht stimmt.«
    Bec musterte ihn. Sie wollte nicht wahrhaben, dass er sie meinen könnte, denn dann hätte sie sich genauer an seine absonderliche Aktion in Cambridge erinnern und die ungeheure zeitliche Distanz auf die Waagschale legen müssen, die zwischen damals und heute vergangen war, ihr ganzes Erwachsenenleben. Zu spät, dachte sie, ich weiß, dass es so ist.
    »Dein Onkel glaubt bestimmt nicht, dass du dir irgendwas aus dem Ärmel schüttelst, damit er ewig lebt«, sagte sie. »Er möchte, dass du seine Arbeit und deine Arbeit zusammenführst, damit er weiß, wenn er stirbt, dass er etwas Bleibendes hinterlassen hat.«
    »Er hat bereits etwas Bleibendes hinterlassen. Er ist unsterblich. Er hat einen Sohn. Er hat vier Enkelkinder, und das nächste ist schon auf dem Weg. Er ist Teil einer ununterbrochenen Familienlinie, die bis zum ersten Eukaryoten vor einer Milliarde Jahren zurückreicht.«
    »Wir gehören alle dieser Familie an«, sagte Bec. »Wir Eukaryoten sind das Salz der Erde.«
    »Einige von uns lassen unseren Teil der Linie abreißen«, sagte Alex. »Sich mit einem anderen Eukaryoten zusammenzutun und sich selbst zu ersetzen, das ist die einzige Art, wie man ewig leben kann. Man kann nicht vergessen, deshalb schafft man stattdessen einen Ersatz, und der alte stirbt, und weiter geht die Fahrt für die nächste Milliarde Jahre.«
    Bec hörte aufmerksam zu. Er äußerte Selbstverständlichkeiten mit einem solchen Nachdruck, dass sie nicht mehr selbstverständlich wirkten. Sie konnte sich kaum erinnern, wie er damals auf Ritchies Party gewesen war; sie hatte einen Eindruck von Eifer, Schüchternheit und Arroganz zurückbehalten. Das deckte sich nicht mit dem Alex, der vor ihr stand. Eifrig war er immer noch, aber die anderen Eigenschaften hatten sich verloren. Ein Wille trieb ihn. Das machte ihn stark. Sie merkte, dass ihr Schweigen ihn beunruhigte. Er beobachtete sie genau, als könnte sie jeden Moment davonlaufen. Er hatte ansprechende Hände, dachte sie, und er trug keinen Ring. Bec hatte seit Val keinen Mann mehr gehabt. Es wäre nett, sich von ihm halten zu lassen, einander zu berühren; warum nicht? Sie war frei.
    Sie bat Alex, ihr zu zeigen, wer Harrys Sohn war, und Alex erzählte ihr, dass Vater und Sohn sich nicht verstanden. Matthew sei religiös, sagte er, und es gebe ein Zerwürfnis; er sei nicht gekommen.
    »Wie steht’s mit deinem Ersatz?«, sagte Bec. »Deiner Reproduktion?«
    »Ich habe keinen«, sagte Alex. »Wir haben’s versucht. Die Ärzte konnten weder bei mir noch bei meiner Ex etwas feststellen. Wir sind immer noch nur zwei.«
    »Das war taktlos von mir, nicht wahr? So was zu fragen.«
    »Du kannst mich alles fragen, was du willst«, sagte Alex. »Ich werd’s dir beantworten.«
    »Eins hat mich neugierig gemacht. Diese Frau, die du deine Ex nennst. Ist sie deine Ex, oder ist sie es nicht?«
    »Wir haben uns getrennt, aber wir leben noch zusammen.«
    »Und ihr schlaft miteinander.«
    »Bis auf Weiteres.«
    »Diese Arrangements hauen nie hin«, sagte Bec ungeduldig. Sie griff sich zwei Gläser Champagner von einem Tablett, das die Runde machte, und reichte eines Alex. »Entweder man bleibt zusammen, oder man trennt sich. Keine Frau wird mit dir ins Bett gehen, solange du nicht Single bist.«
    »Wie prompt doch jede Frau einem erklärt, was keine Frau tun wird.«
    Bec errötete, wandte ihren Blick den Leuten zu, die zu tanzen begonnen hatten, und sagte zu Alex: »Hättest du Lust, mit mir zu tanzen?«
    »Ich kann nicht tanzen.«
    »Wie kann das sein, ein Drummer, der nicht tanzen kann?«
    Alex wurde rot. »Das weißt du noch«, sagte er.
    »Das passiert einer Frau nicht jeden Tag, dass jemand mitten in der Nacht ein Schlagzeug vor ihrem Fenster aufbaut.«
    »Selbst dir nicht?«
    Bec lachte. »Du hast schnell aufgegeben. Ich war erst achtzehn, vergiss das nicht. Ich dachte, ich finde dich vielleicht am nächsten Morgen zitternd vor der Haustür. Komm tanzen.«
    Auf einmal wurde Bec am Arm gefasst, und tropische Wolkenfarben schoben sich in ihr Gesichtsfeld. »Dr. Shepherd!«, sagte Harry. »Ich habe Ihren letzten Aufsatz gelesen! Er war wunderbar, sehr klug. Wenn sie doch bloß noch DDT sprühen würden! Was halten Sie von Dietrichs und Knapheims Arbeit über DDT ?«
    »Die habe ich nicht gelesen«, sagte Bec.
    »Natürlich haben Sie das!«, dröhnte Harry mit einem Piratengrinsen.
    »Ich habe noch nicht mal davon

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