Liebe und andere Zufalle
darüber nach. »So ziemlich. Wieso? Hattest du einen anderen Eindruck?«
Cal öffnete den Mund, um etwas zu sagen, hielt es aber dann mit einem Achselzucken zurück. »Wohl nicht. Ich glaube nicht, dass du schlecht für mich wärst, aber ich kann das Streiten nicht ertragen. Du lässt einem nie Ruhe.«
»Das ist wahr«, gab Min zu. »Aber du forderst es heraus. Du bist wirklich ein böser Wolf.«
»Ein Wolf im Ruhestand«, versetzte Cal. »Alles, was ich noch will, ist ein bisschen Friede. Ich brauche einfach mal eine Ruhepause.«
»Genau das habe ich auch vor«, erklärte Min. »Ich mache Pause von all dem Flirten und den Dates.«
»Bis Elvis auftaucht«, ergänzte Cal.
»Genau. Soweit ich das sehe, hat dieser Plan keinen Haken.«
»Kein Sex«, gab Cal zu bedenken.
»Das kann ich ertragen«, erwiderte Min.
»Tja, im Verzichten auf Spaß bist du ganz groß.«
»He«, rief Min beleidigt aus. »Jetzt haben wir uns so gut verstanden, und plötzlich hackst du wieder auf mir herum.«
»Tut mir Leid«, entschuldigte sich Cal.
Sie erhoben sich, Min gab Emilio einen Abschiedskuss, und sie traten auf die Straße hinaus.
»Es ist jetzt helllichter Tag, und mein Büro ist nur sechs Häuserblocks entfernt«, stellte Min fest. »Du musst mich also nicht begleiten.«
»Na gut.« Cal streckte ihr seine Hand entgegen. »Wahrscheinlich sehen wir uns bei Rogers und Bonnies Hochzeit wieder. Falls nicht, wünsche ich dir noch ein schönes Leben.«
Min schüttelte ihm die Hand und ließ sie dann fallen. »Ebenfalls. Viel Glück für die Zukunft.«
Sie wandte sich ab, um zu gehen, da rief er: »Einen Augenblick«, und ihr Herz bebte. Als sie sich wieder zu ihm umdrehte, hielt er ihren Schuh in der Hand, und die roten Bänder flatterten in der leichten Brise.
»Ach ja, richtig«, sagte sie und griff danach. »Danke.«
Er hielt den Schuh noch einen Moment lang fest und blickte ihr in die Augen, dann schüttelte er den Kopf, antwortete: »Bitte sehr«, und ließ den Schuh los. Sie entfernte sich die Straße hinunter, ohne zurückzublicken, ein angenehmes Sättigungsgefühl im Bauch, doch nicht annähernd so glücklich, wie sie hätte sein sollen.
Charmebolzen , dachte sie und verbannte ihn aus ihren Gedanken.
Dienstagmittag betrachtete Min den Salat auf ihrem Schreibtisch und dachte: Das Leben muss doch mehr zu bieten haben als das . Es war alles Cals Schuld. Er hatte ihr mitten am Tag ein richtiges Essen verschafft, und sie war davon wie verzaubert. Bevor sie Cal kannte, hatte sie nie über Essen nachgedacht, außer dass es etwas war, das sie nicht haben durfte. Schon bevor sie wegen des Brautjungfernkleides ihre Diät begann, hatte es in ihrem Leben keine Butter gegeben. Das Le ben sollte mir doch Butter bieten können , dachte sie, und dann wurde ihr bewusst, wie verrückt das war.
Aber es könnte ihr Chicken Marsala bieten.
Min schob ihren Salat beiseite, klinkte sich ins Internet ein und gab als Suchbegriff ›Chicken Marsala‹ ein, denn eine Suche nach ›Cal Morrisey‹ wäre ihrem verdammten Plan nicht zuträglich gewesen.
»Sehr beliebtes Gericht«, murmelte sie, als sie 48300 Treffer bekam. Selbst wenn sie davon ausging, dass 48 000 davon weit danebenlagen, bildete der Rest noch immer eine riesige Rezeptsammlung. Da gab es eines mit Artischocken, abartig. Ein anderes mit Limonensaft, das konnte es nicht sein, dann eines mit Pfefferschoten, eines mit Zwiebeln. Erstaunlich, wie viele Methoden sich die Leute einfallen ließen, um ein einfaches Rezept zu verfälschen. Sie druckte sich zwei davon aus, die sich vernünftig anhörten, und wollte sich schon ausloggen, da gab sie einem Impuls nach und googelte stattdessen nach dem Suchbegriff ›Legasthenie‹. Als sie eine Stunde später das Internet verließ, empfand sie großen Respekt vor der Leistung, die Calvin Morrisey vollbracht hatte.
Auf dem Weg nach Hause machte sie einen Abstecher zum Lebensmittelladen. Die Tatsache, ein Abendessen zu planen, mit einem Rezept in der Hand, versetzte sie aus irgendeinem Grund in eine viel weniger angespannte Stimmung angesichts all der Lebensmittel. Natürlich würde sie das Rezept abwandeln müssen. Das Hühnchen sollte in Mehl paniert werden, was zusätzliche Kalorien bedeutete, noch dazu Kohlenhydrate. Weg mit der Panade. Salz und Pfeffer hatte sie zu Hause, und Petersilie hatte keine Kalorien, also nahm sie ein Bündel mit. Hühnerbrustfilets ohne Haut waren ihr vertraut, das ging also klar, aber Butter und Olivenöl?
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