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Liebe und Gymnastik - Roman

Liebe und Gymnastik - Roman

Titel: Liebe und Gymnastik - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edmondo de Amicis
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Knie des Onkels gerichtet, sein Geheimnis vor ihm aus.
    Commendatore Celzani war ein Mann, der sich über nichts wunderte, weil er den Dingen dieser Welt sehr geringe Bedeutung beimaß. Doch als er hörte, worum es ging, konnte er nicht umhin, das majestätisch weiße Haupt im Sessel aufzurichten, um dem Neffen in die Augen zu schauen; dann ließ er sich wieder gegen die Rückenlehne sinken, raffte den Hausmantel fester um sich und hörte sich den Rest an, wobei er den Blick über die Freskomalerei an der Decke gleiten ließ. Der Sekretär hatte das Glück, ihn in einem Augenblick bester Stimmung anzutreffen, weil er sich an diesem Tag mit einem Schulinspektor aus Mailand am «Istituto del soccorso» eine frauengymnastische Darbietung ansehen würde. Andererseits, da er fast immer entrückt war in die Wonnen einer Fantasiewelt, in die zurückzukehren es ihn drängte, sobald er gezwungen war, sie zu verlassen, widersprach er nie irgendjemandem, behielt sich allerdings vor, gar nichts zu tun oder das genaue Gegenteil von dem, was die anderen erwarteten, und so verweigerte er nie eine Zustimmung oder ein Versprechen. Als sein Neffe zu Ende gesprochen hatte, besah er sich zunächst seine peinlich sauberen Nägel, dann seine bestickten Pantoffeln und murmelte ein paar unbestimmte Worte, die keine ausdrückliche Zustimmung, aber auch keine Ablehnung waren. Er wollte nur sagen, dass man vorsichtig vorgehen müsse. Zweifellos flößte die Signorina Sympathie ein und hatte ganz die Erscheinung und das Auftreten einer Person, die Respekt verdient. Aber (und das war das Ziel seiner Argumentation) bevor man einen Schritt unternahm, hielt er es für angezeigt, weitere Auskünfte einzuholen. Und während der Neffe ihn fragend und beunruhigt ansah, gab er, die Worte halb verschluckend und in die Luft schauend, die Empfehlung, seinen Freund Cavaliere Pruzzi zu Rate zu ziehen, Oberschulrat der städtischen Schulen, der gewiss in der Lage sein würde, detaillierte und verlässliche Auskünfte über jedes «Element» des Lehrkörpers zu geben. Dieser Ratschlag dünkte Don Celzani ausgezeichnet. Der Commendatore zählte an den Fingern ab und legte den folgenden Samstag als den am besten geeigneten Tag fest: Er brauchte nur mit seiner Visitenkarte vorzusprechen. Cavaliere Pruzzi war ein Mann, von dem man sicher sein konnte, dass er, welchen Ausgang auch immer die Sache nahm, mit dem peinlichsten Feingefühl Stillschweigen bewahren würde. Woraufhin der Commendatore, als hätte es sich um eine nebensächliche Angelegenheit gehandelt, zu einem anderen Thema überging.
    Die große Befriedigung, die Don Celzani aus dieser halben Einwilligung zog, wurde ihm in den folgenden Tagen gründlich vergällt durch das Wiederauftauchen der schlimmen Verdächtigungen, die Signora Fassi ihm ins Herz gepflanzt hatte. Diese wuchsen immer mehr an und wurden in seiner Fantasie so schrecklich, dass er am festgesetzten Tag die endlose Treppe zum Rathaus in der seelischen Verfassung eines Kranken hinaufstieg, der zum Arzt geht, um sein Todesurteil zu vernehmen. Und obwohl er Cavaliere Pruzzi als überaus gutmütigen Menschen kannte und er seinerseits ihm bekannt war, widerstrebte es ihm, seine Leidenschaft und seine Absichten vor ihm offenbaren zu müssen; denn ohne dieses Eingeständnis hätte er ihm ja die erforderlichen heiklen Fragen gar nicht stellen können.
    Schüchtern betrat er das bescheidene Büro des Schulrats, ein kleiner Raum, der nur durch ein Fenster Licht bekam, ringsumher Regale, in großen Lettern beschriftet mit den Namen sämtlicher Schulen von Turin. Der Schulrat saß über einen Stapel Papiere gebeugt, die Ellbogen auf den Tisch gestützt und die Hände in der Perücke vergraben. Als er ihn sah, so klein und fett, mit diesem gutmütigen, bartlosen und schlaffen Gesicht, über das unentwegt die bange Sorge um seine «enorme Verantwortung» huschte, fasste der Sekretär wieder etwas Mut.
    Der andere empfing ihn mit einem Gesicht voll lächelnder Falten, das einer von Rissen durchzogenen Terrakottamaske glich. Und er ließ ihn vor sich Platz nehmen, nahm die Visitenkarte des Onkels entgegen und forderte ihn auf zu sprechen.
    Der Sekretär war etwas erstaunt, nicht das geringste Anzeichen von Verwunderung bei ihm zu sehen, als er ihm mit stockenden und wirren Worten den Zweck seines Besuches auseinandersetzte. Der Direktor wiegte lediglich den Kopf und verzog seine Miene zu jenem besonderen Ausdruck von Ernsthaftigkeit, der besagt: Das ist

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