Liebe und Gymnastik - Roman
die Schwierigkeiten, mein werter Herr, bedenken Sie nur die Verfänglichkeit, bedenken Sie nur den Takt, der da vonnöten ist.» Mit einem Seufzer machte er einen Punkt.
«Signor Cavaliere», bemerkte der Sekretär schüchtern, «die Auskünfte …»
«Ich komme zu den Auskünften», sprach der Direktor weiter. «Sicher, es wäre sehr viel einfacher, Auskünfte über einen Lehrer zu geben. In diesem Fall braucht man nur zu sagen: Ist er ein Ehrenmann oder nicht, Monarchist oder Republikaner, hat er Schulden oder nicht, trinkt er, ja oder nein. Ich habe sie alle im Kopf, fragen Sie nur … Aber bei den Lehrerinnen, wie soll man da vorgehen? Wie? Das ist eine komplexe Angelegenheit, ein … heikles Thema. Außerdem, selbst wenn man etwas weiß, muss man vorsichtig sein. Sie haben Väter, sie haben Brüder, sie haben Beziehungen. Schon so manches Mal hat einer einen Akt der Gerechtigkeit vollbracht, und zwei Tage später sieht er sich an einer Straßenecke einem Unbekannten mit wildem Bart gegenüber, der ihn aus schrecklichen Augen anschaut und … einen Knüppel schwingt. Da ist auch die Gefahr von üblen Streichen. Bedenken Sie, dass sie sich wegen nichts und wieder nichts an die Zeitungen wenden. Und die Zeitungen, sehen Sie, für mich sind sie in diesen Dingen eine Katastrophe, so viel Unheil richten sie an; die Zeitungen machen mir Angst: Ich sage es Ihnen ganz offen, nicht meinetwegen, sondern im Hinblick auf die Verwaltung und auf die Disziplin machen sie mir Angst. Sehen Sie sich doch nur dieses Büro hier an, werter Herr, sehen Sie doch nur, welche Verantwortung auf meinen Schultern lastet, sehen Sie nur, welche Art von Rechenschaft ich der Öffentlichkeit und meinem Gewissen schulde.» Nach diesen Worten ließ er einen Augenblick lang keuchend den Kopf gegen die Rückenlehne seines Sessels sinken.
Ein finsterer Verdacht ging dem Sekretär durch den Sinn: Dass der Schulrat nicht sprechen wolle, um nicht gezwungen zu sein, ihm äußerst schwerwiegende Dinge zu eröffnen, solche, die sich weder entschuldigen noch beschönigen ließen. Er erhob sich, um den anderen zu zwingen, ihm den Gnadenstoß zu versetzen. «Kurzum», erklärte er mit bewegter Stimme, aber entschieden, «wenn Sie etwas wissen, sagen Sie es mir, was auch immer es sei. Welche Auskünfte können Sie mir über Maestra Pedani geben? Ich erbitte eine klare und deutliche Antwort von Ihnen, auch im Namen meines Onkels.»
«Aber ich …», erwiderte der Direktor, «weiß nichts … Eine ausgezeichnete Lehrerin. Das kann ich Ihnen versichern. Was alles Übrige angeht …» Don Celzani verbog sich zu einem einzigen Fragezeichen. «Da gibt es nichts zu sagen», fuhr der Direktor fort, «… meines Wissens. Da wäre … aber da ist nichts. Ich meine: Da wäre zu sagen, was man über jedes schöne Mädchen sagen kann … dass sie Leute um sich hat … vielleicht Verehrer. Sie verstehen mich.»
Don Celzani fragte ihn, ob er Genaueres wisse, ob ihr Privatleben jemals zu Tadel Anlass gegeben habe, ob bei den Behörden etwas vorliege, ihr Betragen in den ländlichen Gemeinden betreffend, wo sie gewesen war.
«Aber wenn ich Ihnen doch sage, dass uns nichts vorliegt», antwortete der Cavaliere darauf. «Wenn mir etwas vorläge … da es sich, wie ja hier der Fall, um ein ernstes Anliegen handelt, das eines Freundes, würde ich sprechen. Aber … ich habe nichts in der Hand … Vielmehr …»
«Vielmehr …?», fragte der Sekretär.
«Vielmehr», fuhr der Direktor fort, «würde ich sagen, wenn Sie mir einen freundschaftlichen Ratschlag erlauben: Negative Auskünfte der Behörden zählen in solchen Fällen wenig; versuchen Sie es auf anderen Wegen: Holen Sie Auskünfte über die Familie ein, sie stammt aus der Lombardei, aus Brescia, wenn ich mich nicht täusche. Und gehen Sie vorsichtig vor. In solchen Dingen kann man nicht behutsam genug sein. Im Gegenteil …»
«Im Gegenteil …?», wiederholte Don Celzani.
«Im Gegenteil», erklärte der Direktor mit einer fast unwirschen Regung von Aufrichtigkeit, «wenn ich Ihnen offen meine Meinung sagen soll … was wollen Sie? Eine Lehrerin … Meiner Auffassung nach sollte man die Lehrerinnen Lehrerinnen sein lassen. Sie haben eine Mission: Der sollten sie nachgehen können, wie Nonnen. Jeder nach seiner Fasson. Und dann … Sicheres weiß man nie … Entschuldigen Sie, wenn ich Ihnen meine Meinung so offen darlege. Aber das führt uns vom Thema weg. Ich wiederhole: Es liegt nichts vor. Oder besser … Ich
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