Liebe und Gymnastik - Roman
Ihr Herz immer …»
Der Übergang von einer Frage zur anderen war so natürlich gewesen, dass die Maestra das nicht gleich gewahr wurde; genauer und besser bemerkte sie es erst, als sie seine Wange an der ihren und seinen Arm um ihre Taille fühlte.
Mit einer schroffen Bewegung machte sie sich los und sagte empört: «Signor Ginoni, das ist ein gemeiner Hinterhalt!»
Der junge Mann wich zurück, um ihr eine witzige Antwort zu geben, verschluckte sie aber und blickte finster drein, als er am oberen Ende der Treppe das verstörte Gesicht des Sekretärs auftauchen sah, der eilig herunterkam – auch er mit einem Porträt von Meller! Trotzdem war es ihm nicht unrecht, einen Ausweg aus seiner blamablen Lage gefunden zu haben. «Was machen Sie denn hier?», fragte er den Sekretär, der stehen geblieben war und ihn böse anfunkelte. «Sie kommen doch wohl nicht, um die Miete einzutreiben?»
Dem Sekretär fiel nichts Besseres ein, als bebend die Worte der Maestra zu wiederholen: «Das ist ein Hinterhalt, ein gemeiner!»
«Donnerwetter!», erklärte der junge Mann, während die Pedani langsam weiterging. «Das perfekte Echo, abgesehen von der Umstellung des Adjektivs. Nur Achtung, aus Ihrem Mund fasse ich die Worte ganz anders auf.»
«Sie wagen es noch …?», rief der Sekretär schier außer sich. «Wäre da nicht der Respekt, den ich vor Ihrem Herrn Vater habe …»
«Ach du lieber Himmel!», unterbrach ihn der Student. «Mit diesen Dingen haben weder der Herr Vater noch die Frau Mutter etwas zu tun. Ich wurde bereits vor zwanzig Jahren entwöhnt. Hier geht es nur um zwei Männer … Aber … rundheraus, sagen Sie mir: Gehören Sie zu der Kategorie von Sekretären, die sich schlagen …?»
«Ja!», antwortete Don Celzani laut und deutlich und nahm eine für den Anlass etwas zu theatralische Haltung ein. «Ich bin einer von denen, die sich schlagen.»
«Das genügt, Sie werden die Ehre haben, mich wiederzusehen», sagte der junge Mann entschlossen, kehrte ihm den Rücken und ging zurück in seine Wohnung.
Eine Stunde später nahm Ingenieur Ginoni, von der Pedani über alles informiert, verärgert seinen Hut und stieg die Treppe hinauf, um beim Sekretär weiteren Schritten seines Sohnes zuvorzukommen. Obwohl ihm die Beleidigung der Signorina überaus leidtat, betrachtete er die Forderung des jungen Mannes im Grunde als Lausbubenstreich; als Mann von Welt wusste er jedoch Rücksicht zu nehmen auf die Selbstachtung eines temperamentvollen Jünglings, der imstande war, die Sache aus purem Trotz bis zum bitteren Ende durchzustehen, und wollte alles freundschaftlich beilegen, die Forderung nicht im Namen des Sohnes zurücknehmen, sondern eine Aussöhnung vorschlagen, bei der man sich auf beiden Seiten entgegenkam.
Daher begegnete er dem Sekretär, den er allein antraf, mit der Herzlichkeit eines Freundes. Dieser, ständig leidenschaftlich erregt, in diesem Augenblick aber eifersüchtig übererregt, empfing ihn mit derart steifer Würde, dass der Ingenieur Mühe hatte, nicht zu lachen.
Freundlich sagte er ihm, dass er von der Maestra informiert worden sei und komme, um die Sache unter guten Freunden beizulegen. Er bedaure die Handlungsweise des Sohnes, doch ein Duell wäre absurd und lächerlich, eine Verrücktheit, von der gar nicht die Rede sein dürfe. Man müsse die Sache auf der Stelle beilegen. «Kommen Sie, lieber Herr Sekretär», sagte er, «die Maestra Pedani ist hier gar nicht betroffen. Was die Signorina angeht, kann ich im Namen meines Sohnes die umfassendsten Entschuldigungen vorbringen, wie es die Pflicht gebietet. Was Sie angeht … das war doch wohl nur etwas Hitzigkeit auf beiden Seiten. Sie brauchen nur ein bisschen guten Willen zu zeigen, und die Sache wird keine Folgen haben, dafür stehe ich ein.»
Aber Don Celzani war nicht mehr der Don Celzani von früher. Er beharrte auf seinem Standpunkt: «Ich bin beleidigt worden.»
«Kommen Sie», entgegnete der Ingenieur, «das schlimmste Wort, das gefallen ist, war ‹ gemeiner Hinterhalt › , und das kam von Ihnen. Der Klügere gibt nach. Sie sind fünfzehn Jahre älter. Da sollte man nicht starrsinnig sein, zum Teufel!»
Aber der Sekretär war zu Tode gekränkt wegen dieses um die Taille geschlungenen Arms. Das war der eigentliche Punkt, nicht die Forderung; deswegen war er nur schwer zu einer Beilegung zu bewegen. Mit geschwollenem Kamm fragte er: «Verlangen Sie etwa, dass ich mich demütigen lasse?»
«Von was für Demütigungen reden Sie denn
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