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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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fördere er sie. Ich hätte mich in dem Augenblick gerne auf sein blödes Boss-Hemd übergeben, ehrlich. Hinterher erfuhr ich, dass Jan ständig etwas mit anderen Frauen hatte, mit Autorinnen, Praktikantinnen, italienischen und französischen Verlegerinnen.
    Jan hat mich nicht geliebt – leider weiß er das immer noch nicht. Er war aus irgendeinem Grund wahnsinnig scharf auf mich, und das länger als vier Wochen, deshalb war er sich sicher, dass es gar nichts anderes als Liebe sein konnte. Ich habe ihn damals gefragt, wieso er das gedacht hat, wo er doch immerzu fremdgegangen ist, aber er hat nicht mal die Frage verstanden. Sex mit dem Menschen, den man liebt, sei etwas völlig anderes als Sex mit irgendeinem Affärchen, das könne man weder vergleichen noch bräuchte man darüber diskutieren. Ehrlich, Jans Logik glich einer dieser unmöglichen Figuren von M.C. Escher, bei denen jede Treppe nach oben und zugleich nach unten führt.
    » Sie heißt Sonja«, erkläre ich mit ausdrucksloser Stimme. » Ihr Name stand in seinem Telefonbuch genau über meinem. Er hat wahnsinnig oft aus Versehen bei mir angerufen, wenn er eigentlich sie erreichen wollte, und dann komisch rumgestopselt.«
    Meine Mutter schweigt, aber nach ein paar Augenblicken sieht sie aus, als hätte sie es jetzt auch kapiert. Sie ist ehrlich entsetzt, und man erkennt in ihrem Blick, dass sie in diesem Fall sogar mit mir Mitleid hat.
    » So ein Mistkerl«, sagt sie schließlich.
    » Arschloch trifft es besser«, meldet sich mein Vater zu Wort.
    Oha, da scheint es aber jemand ernst zu meinen. Im Hause von Hardenberg werden Fäkalausdrücke nur in höchster Not laut ausgesprochen. Für meinen Vater wäre selbst George W. Bush bloß ein verzogenes Söhnchen, das beim Popeln aus Versehen das Hirn mit erwischt hat.
    » Sophie, das hättest du uns erzählen müssen«, sagt meine Mutter.
    » Na ja, immerhin wisst ihr jetzt, warum er ständig Ausreden dafür hatte, nicht mit mir zusammenzuziehen.«
    Wir sehen uns an, und für einen kurzen Augenblick sind wir wieder eine richtige Familie, ein Herz und eine Seele. Dann guckt meine Mutter auf meinen Teller.
    » Du hast ja gar nichts gegessen, Kind.«
    » Du auch nicht«, sage ich und zeige auf ihren.
    Wir sehen uns an, dann fällt unser Blick auf den Teller meines Vaters. Außer einem Salatblatt und einem ausgedrückten Stück Zitrone ist nichts mehr darauf zu sehen.
    » Es war vorzüglich«, sagt er und sieht mich vergnügt und vielsagend an. » Wirklich vorzüglich! Willst du deinen Mozzarella denn gar nicht, Gisi?«
    Sie seufzt und schiebt ihm den Teller rüber, und er zögert keine Sekunde, sich darüber herzumachen.
    » Na ja, Kindchen. Wir sollten jetzt besser gehen. Du hast genug zu tun, wie es aussieht.«
    Sie hat recht. Inzwischen hat sich die Terrasse mit Gästen gefüllt, die etwas zu Mittag essen wollen. Aber zum Glück ist Frau Jirgl wieder da und schiebt ihren behäbigen Dienst.
    » Ich will mir nur noch einmal schnell die Nase pudern«, sagt meine Mutter und zieht sich den Rock zurecht. » Leonhard, bezahl schon mal.«
    Sie verschwindet, mein Vater schiebt sich eine letzte Scheibe Mozzarella in den Mund und will die Brieftasche zücken, aber ich schüttle den Kopf.
    » Lass bloß stecken«, sage ich, und er gehorcht schmunzelnd.
    » Danke«, sagt er.
    » Dafür nicht.«
    Er grinst, dann wird er wieder ernst. » Und, Pünktchen, wie geht’s dir hier?«
    » Ich glaube, ganz gut«, sage ich und lausche meinen Worten hinterher – und als die kein schlechtes Gefühl in mir auslösen, bekräftige ich sie noch einmal. » Doch, eigentlich geht’s mir richtig gut, Papa! Ich meine, die ersten Wochen waren echt mühsam, weil der Laden tatsächlich kurz vor seinem Ende stand, aber inzwischen …«
    » Du hast hier ganz schön viel bewegt, das merkt man«, sagt er.
    » Ja, könnte sein.«
    » Doch, doch, bestimmt«, sagt er und setzt dann zu einem anderen Thema an. » Sophie, ich … ich wollte lieber in Alrein wohnen, hier bei dir, weißt du?«
    » Schon gut«, sage ich.
    » Nein, ich meine das ehrlich«, sagt er. » Aber deine Mutter …«
    » Wie ist sie überhaupt auf dieses blöde Alpine Relax gekommen?«, frage ich erbost. » Ich meine, hallo?«
    » Deine Cousinen …«, setzt er an, aber da kommt meine Mutter vom Klo zurück.
    » Deine Cousinen haben es uns empfohlen! Und ich finde, sie haben recht gehabt!« Sie bleibt neben dem Tisch stehen und streicht sich schon wieder den Rock zurecht. » Gehen wir,

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